064 - Die Orgie der Teufel
schwach. „Komm nicht zu nahe, sonst stürzen sich diese Teufel auf dich, Bhawa!" rief Claire ihm zu.
Aber der junge Ewe beachtete die Warnung nicht. Unbeirrbar näherte er sich ihr. Dabei bewegten sich seine Lippen, und der Blick seiner Augen richtete sich in die Ferne.
„Bleib doch stehen!" rief Claire ihm zu und blickte ängstlich zu den beiden Faunen hinüber, die träge auf einem umgestürzten Baumstamm geturnt hatten. Jetzt hielten sie inne und richteten sich auf, als hätten sie etwas gewittert.
„Sie kommen!" sagte Wytton. Er sagte es ohne Betonung, und es klang völlig apathisch. Er schien sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben.
„Das hat nichts zu bedeuten", versicherte Herbert Ohm, der ebenfalls auf die Beine gekommen war. „Noch sind wir nicht vollzählig. Jack und Dorian fehlen noch. Diese Teufel werden uns in Ruhe lassen, bis sie uns alle zusammen haben."
„Jakob ist ein Sklave des tro", erklärte Bhawa, als er Claire erreicht hatte. „Er hat uns hergelockt.
Ich werde ihn töten."
Claire blickte sich gehetzt um. Von allen Seiten schälten sich die geflügelten Gestalten mit den Vogel-, Echsen- und Ziegenbeinen aus dem Nebel. Ein schriller Schrei ertönte, und die Teufel begannen unruhig mit den Flügeln zu schlagen.
„Es scheint, daß sie ernst machen wollen", sagte Claire.
„Uns kann nichts geschehen", wiederholte Laurence Wytton. „Ich weiß, welches Schicksal mir zugedacht ist. Ich habe mich mit Gehirnschlag im Behandlungsstuhl des Augenarztes liegen sehen. Alles andere kann mich nicht mehr schrecken."
Herbert Ohm näherte sich, rückwärtsgehend, die näher kommenden Teufel nicht aus den Augen lassend, Claire und Bhawa. Auch Alain Gabin gesellte sich zu ihnen. Ohm war nicht mehr so sicher, daß ihnen keine Gefahr drohte, solange Dorian Hunter und Jakob Ehrlich nicht zu ihnen gestoßen waren.
„Sie sollten sich besser auf alles gefaßt machen, Laurence", meinte Ohm. „Was Sie in Ihrer Vision gesehen haben, war nur eine Perspektive der Wahrscheinlichkeit. Sie können hier aber auch einen ganz anderen Tod sterben."
Wieder schrie einer der Teufel auf. Eine Sirene stürzte sich aus dem Flug auf Laurence Wytton. Der Vertreter dachte nicht an Gegenwehr. Er blieb ruhig sitzen, bis sich die Krallenhände um seinen feisten Nacken legten und ihn emporhoben. Er schrie vor Schmerz auf. Die Sirene schleppte ihn einige Meter mit, dann ließ sie ihn einfach fallen. Wytton schlug auf dem Boden auf, ließ sich abrollen und blieb liegen.
Als aus dem Nebel ein Faun auf seinen Bocksbeinen auf ihn zugerannt kam, sprang Wytton blitzschnell auf und lief zu seinen Gefährten. Er atmete heftig. Die Lethargie war von ihm abgefallen. Seine Augen waren groß und ängstlich, und in seinem Gesicht zuckte es.
„Wird es ernst?" fragte er zähneklappernd. Die Teufel hatten den Schutzschild, den er um sich errichtet hatte, mit brutaler Gewalt durchbrochen.
Bevor ihm jemand Antwort geben konnte, erhob sich erneut wüstes Geschrei. Es klang, als würden tausend verschiedene Tierarten gleichzeitig brüllen, kreischen, fauchen, zirpen und meckern.
Und die Teufel näherten sich unaufhaltsam von allen Seiten. Die Menschen spürten die Bedrohung, die von ihnen ausging. Sie duckten sich. Nur Bhawa stand hochaufgerichtet da und bewegte lautlos die Lippen.
„Dorian wird uns nicht im Stich lassen", sagte Claire verzweifelt.
Herbert Ohm lachte verächtlich.
„Was könnte er jetzt noch für uns tun? Und überhaupt..."
Er brach mitten im Satz ab, als sich ein Faun vom Boden abstieß und im Segelflug auf ihn zusteuerte. Ohm ließ die geballte Faust vorschnellen, um sie in die Teufelsfratze zu schlagen. Doch der Faun bremste dicht vor ihm und außer Reichweite seiner Hände seinen Flug abrupt ab und schwang, während sein Oberkörper in der Schwebe blieb, die Bocksbeine nach vorn. Herbert Ohm erhielt einen so heftigen Schlag in den Unterleib, daß er sich zusammenkrümmte. Plötzlich spürte er, daß sich die Beine des Fauns um seine Mitte legten und sich zusammenpreßten, so daß ihm die Luft wegblieb.
Im nächsten Augenblick wurde er hochgehoben.
Der Faun kreischte vor Vergnügen und schwang sich mit gemächlichem Flügelschlag empor, sein Opfer mit den Beinen festhaltend. Aber er triumphierte zu früh, denn eine eifersüchtige Sirene fing ihn im Flug ab, schwächte ihn mit einem magischen Spruch und nahm ihm die Beute ab. Herbert Ohm mußte es hilflos geschehen lassen, daß die Sirene ihn am Hosenboden
Weitere Kostenlose Bücher