064 - Marotsch, der Vampir-Killer
zu finden gehofft hatte.
Der Marotsch beugte sich mit unbewegtem Gesicht über den Rand des
Sarges. Das Messer in der Hand des Vampir-Killers blitzte auf.
Wie ein Pfahl rammte der Marotsch mit brutaler Gewalt die Spitze
in die Brust.
Der Stoff riß, es knirschte, als das Messer in den Leib des
Untoten drang.
Peter Reisner war seinem Meister begegnet!
Der Marotsch hatte ihm dieses satanische Leben geschenkt, der
Marotsch nahm es ihm wieder…
Der Vampir-Killer schnitt dem im Sarg Liegenden das Herz aus der
Brust.
Ein Strahl frischen roten Blutes ergoß sich aus der Brust,
spritzte dem Marotsch ins Gesicht, und auf dem kalten, gelblichen Marmorboden
entstand eine häßliche Lache.
Ein Ruck ging durch den Körper des Vampirs. Dann war es zu Ende…
Zum Nutzen von Marotsch, der das faustgroße, blutige Herz in der
Hand hielt, das langsam und gleichmäßig schlug.
Das unheimliche Wesen kümmerte sich nicht mehr um den Sarkophag
und um den schlaffen, leblosen Körper.
Der Marotsch warf einen Blick auf das Vampirherz.
»Es ist das achte«, kam es aus dem kleinen, runzligen Mund. »Das
achte Herz! Damit wird die zweite Siebenerreihe eingeleitet.«
In den vor ihm liegenden sechs aufeinander folgenden Nächten
brauchte er regelmäßig ein Vampirherz, um den Kreislauf nicht zu unterbrechen.
Wie ein Schatten verschwand er in der Nacht.
●
Iwan Kunaritschew hatte noch drei Streichhölzer in der Schachtel.
Er riß eines an. Er wollte diesen unheimlichen Tempel mit den neunundvierzig
Herzen genau kennen, er wollte wissen, was hier vorging.
Es war ihm klar, daß der Ort, wo er sich aufhielt verhext war.
Satanische Kräfte wirkten sich hier aus. Eine Kuppel des Bösen war über das
Haus gestülpt, eine unsichtbare geistige Kuppel, unter der eine beklemmende
vergiftete Atmosphäre herrschte.
Die kleine Flamme an dem Hölzchen flackerte Kunaritschew konnte
sich nicht satt sehen an der makabren Sammlung menschlicher Herzen, von denen
sieben zu einem gespenstischen Leben erwacht waren und allen Naturgesetzen zum
Trotz schlugen, kraftvoll und rhythmisch.
Was aber war mit den zweiundvierzig anderen Herzen? Warum waren
sie ausgetrocknet und sackartig?
Er spürte die zunehmende Vergiftung der finsteren Atmosphäre.
Fremde, böse Gedanken legten sich auf seinen Geist, manchmal glaubte er leise
Stimmen zu hören, dann ein unheimliches Gemurmel, als würde ein Magier
beschwörende Formeln flüstern.
Die Luft war angereichert mit fremden, unbeschreiblichen Gefühlen,
die er beinahe körperlich wie eine Wand spürte die langsam auf ihn zukam.
Das Hölzchen war zur Hälfte heruntergebrannt, als etwas Eigenartiges
passierte.
Ein fluoreszierendes Leuchten hüllte plötzlich das erste Herz in
der zweiten Reihe ein.
Das graubraune, runzlige sackähnliche Gebilde zuckte, als würde es
plötzlich von geheimnisvollem Leben erfüllt.
Der Sack wurde praller und nahm eine andere Farbe an. Bum…
Der Muskel sprang an, ganz kurz, und das pochende Geräusch war
noch ganz leise.
Bum… bumbummm… bum… bumbumm…
Zweimal, dreimal schlug dieses Herz und paßte seinen Rhythmus den
anderen an, den sieben in der ersten Reihe.
Iwan Kunaritschew blickte wie im Fieber auf das alte Herz, dessen
Kraft neugeboren wurde, das zum Leben erwachte, während er in diesem
unheimlichen, unerklärlichen Tempel ausharrte und die bösartigen Stimmungen ihn
wie ein Rausch überfielen. Das achte Herz schlug!
Klar, rhythmisch und kraftvoll!
Iwans Zündholz verlöschte…
●
Das achte Herz im unterirdischen Tempel des Marotsch-Hauses war
nur deshalb zum Schlagen gekommen, weil die Schlange das Herz angenommen hatte.
Der Marotsch stand in einem dunklen Raum, in dem als einzige Lichtquelle
eine rotgefärbte Birne brannte.
Die Kammer war nicht größer als acht Quadratmeter. Darin standen
ein einfacher Sessel und ein klobiger Tisch. Auf dem Tisch stand ein hohes,
etwa zwei Meter langes Terrarium, das fast die ganze Wand einnahm.
In dem großen Glasbehälter ragte ein dicker knorriger mehrfach
verzweigter Ast nach oben und zur Seite Auf den blattlosen Zweigen glitt eine
Schlange, die Ähnlichkeit mit einer Mamba hatte.
Das rote schwache Licht fiel in das Terrarium und goß seinen
blutigen Schein über den dunklen Körper der Schlange und über den faustgroßen
Fleischbrocken, der zwischen zwei kleinen Ästen festgeklemmt hing.
Auf den ersten Blick war nicht zu sehen daß es sich dabei um das
Herz handelte.
Erst bei genauerem
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