064 - Marotsch, der Vampir-Killer
Erzählung für ein Produkt einer überspannten
Phantasie. Der dickste Hund nämlich kommt letzt: sie beschrieb den
Fleischbrocken als ›herzähnliches Gebilde‹, und sie war felsenfest davon
überzeugt, daß es sogar noch geschlagen hätte! Ganz deutlich sei die
Muskelbewegung wahrzunehmen gewesen… Dann habe die Schlange das Herz
verschlungen.«
»Na, das ist doch schon etwas«, murmelte Larry. »Jetzt haben wir
wenigstens eine Vorstellung davon, weshalb einer die Herzen braucht.«
X-RAY-1 fuhr fort: »im ersten Moment klingt das auf eine seltsame
Art lächerlich und makaber nicht wahr? Aber wenn man die Hintergründe kennt,
fangt man an stutzig zu werden. Und dieses Gefühl wird noch stärker, wenn man
die Erzählung weiter verfolgt, welche die Putzfrau zum besten gegeben hat und
die allgemeine Heiterkeit hervorrief. Danach soll in der düsteren Kammer
plötzlich ein Männchen aufgetaucht sein, das sie an einen nackten Zwerg
erinnert.«
»Also doch etwas Pornografisches. Sir. Ein nackter Zwerg – das ist
doch mal was anderes.« Er pfiff leise durch die Zähne. »Es wird doch nicht
unser Gnom vom Friedhof sein, der ebenfalls nackt herumgesprungen ist? Dann
sieht das Ganze ja schon anders aus. In diesem Fall gibt es plötzlich
Zusammenhänge, die nachdenklich stimmen. Der Zwerg den Peter Reisner sah,
pflückte einem Vampir das Herz aus der Brust. Melanie Gauer bekommt durch ihre
Neugierde eine Szene zu sehen, die allgemeines Lachen hervorruft. Niemand nimmt
sie ernst, denn alles was sie da von sich gibt, paßt zu dem Gefasel einer
Alkoholikerin, die nicht mehr weiß, was sie sagt. Was aber ist nun wirklich
dran? Das müssen wir wissen. Ich werde mich drum kümmern. Sir.«
Larrys Stimme klang frisch.
X-RAY-1 nannte ihm noch die Adresse von Melanie Gauer und
bezeichnete auch das Apartmenthaus genauer, in dem der Werbefachmann Dr.
Leopold Starsky wohnte. Dieses Apartmenthaus war als »Manhattan-Haus« in Wien bekannt
und nicht schwer zu finden.
»Was ist Wahrheit, was ist Dichtung?« fragte der geheimnisvolle
Leiter der PSA abschließend. »Sie sind in jener Stadt, wo plötzlich ein
Mosaiksteinchen nach dem anderen auftaucht. Versuchen Sie Ihr möglichstes,
Larry! Setzen Sie die Steine zusammen!«
»Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht. Sir. Ich werde
Melanie Gauer aufsuchen und mir einen Eindruck über ihre Glaubwürdigkeit und
ihre geistige Verfassung machen. Ich werde auch Dr. Starsky einen Besuch
abstatten, dabei mich als Auftraggeber einer Firma ausgeben, die eine große
Werbekampagne starten will. So komme ich am ehesten mit ihm ins Gespräch. Bei
dieser Gelegenheit werde ich alles daransetzen, seine Dunkelkammer zu sehen.
Ich werde nach der Schlange Ausschau halten, Sir, und nachprüfen, ob sie
wirklich Herzen frißt.«
»Was ist Ihr erster Eindruck von der Sache, X-RAY-3?«
»So merkwürdig es klingt, Sir: ich glaube. Melanie Gauer ist
weniger verrückt, als man allgemein glaubt. Erst werden in Wien Menschen zu
Vampiren, dann passiert ein paar Tage lang gar nichts, dann werden die Gräber
aufgebrochen und den Vampiren das Herz herausgeschnitten. Melanie Gauer wird
Zeuge, wie eine Schlange ein Herz verspeist, das der Marotsch offensichtlich in
das Terrarium gelegt hat.
Wenn man die einzelnen Pöstchen zusammenzieht, kommt plötzlich
eine ansehnliche Summe dabei heraus, Sir. Ich werde diesen Dr. Starsky der sehr
gut über den Inhalt seiner Dunkelkammer Bescheid wissen muß, gründlich unter
die Lupe nehmen. Vielleicht verbirgt sich bei ihm, im Haus der Marotsch? In
diesem vertrackten Fall, den man an hundert Enden gleichzeitig anpacken müßte,
ist doch alles drin. Die Schlange geht mir nicht mehr aus dem Sinn, Sir. Sie
wäre die Erklärung dafür, wo die Herzen bleiben daß etwas mit ihnen geschehen
muß: denn es geschieht nichts ohne Grund.«
X-RAY-3 verabschiedete sich von seinem großen Chef.
Eine Viertelstunde später war Larry Brent im Bett des
Gästezimmers, das Kersky ihm für die Nacht zur Verfügung gestellt hatte.
Seine Gedanken drehten sich im Kreis, denn Sorgen und Überlegungen
erfüllten ihn. Er konnte nicht gleich einschlafen, doch dann zwang er sich
dazu. Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß der nächste Tag einige Aufregungen
und Überraschungen brachte.
●
Um sechs Uhr begann für Larry der neue Tag.
X-RAY-3 hörte, wie Dr. Kersky im Bad rumorte. Der Arzt stand schon
früh auf.
Larry war sofort hellwach.
Um halb sieben kam das Hausmädchen.
X-RAY-3
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