0643 - Das fliegende Grauen
eine dunkle Flüssigkeit, wahrscheinlich Restblut.
Dann fiel er auf den Rücken. Dabei löste sich die Klinge aus dem Körper.
Suko stand neben mir. Gemeinsam schauten wir zu, wie der fremde Ausdruck auf dem Gesicht verschwand und einem anderen, einem friedlichen Platz machte.
»Einer weniger«, flüsterte Suko.
»Und wie viele bleiben noch?«
»Keine Ahnung, John.«
Ich deutete auf den Lastwagen. »Dort habe ich unter der Plane nachgeschaut. Die Fläche ist leer.«
»Wunderbar.« Suko ging zur Seite, um seinen Blick schweifen zu lassen. »Wenn du mich fragst, gibt es genügend Verstecke.«
»Wo?«
»Da vorn. In diesem barackenähnlichen Gebäude. Das fiel mir auf, als ich zum Hubschrauber ging. Sieht aus wie eine Kaserne.« Er hob die Schultern. »Ich würde sie mir gern näher ansehen, denn dieser Teil der Oase hat mit einem Paradies nun wahrlich nichts zu tun, wie ich finde.«
Was immer auch vorgeschlagen wurde, falsch konnte es auf keinen Fall sein.
Für uns stand fest, dass sich auf diesem Gelände noch einige Geheimnisse verbargen, die es zu entschlüsseln galt. Bevor wir allerdings die Haupthäuser ansteuerten, wollten wir erst diesen Teil durchsuchen.
Niemand hielt uns auf. Der Kerl im Hubschrauber schien der einzige Wachtposten gewesen zu sein.
»Kannst du das Ding eigentlich fliegen?«, fragte ich Suko.
Der grinste mich nur an. »Mit deiner Hilfe bestimmt, Alter.«
»Ach, jetzt soll auch ich…«
»Klar doch. Du als alter Pilot.«
»Das alt verbiete ich mir.«
»Sorry, dann eben mittelalt.«
Die Flachserei stellten wir sehr schnell ein, als wir das bewusste Gebäude erreicht hatten. Ein Rechteck. Durchbrochen waren die Mauern von getönten Scheiben, die möglicherweise nur so dunkel wirkten. Genau war es nicht zu erkennen.
Suko hatte seine Lampe hervorgeholt und leuchtete die Tür ab. »Sieht verdammt stabil aus. Da kommt man schlecht hinein und auch wieder kaum heraus.«
»Ohne Grund hat man das Ding hier nicht hingestellt.« Ich ließ Suko stehen, um mir die langen Seitenwände anzuschauen.
Befand sich jemand in den Räumen?
Es war schwer, das zu erkennen. Die Fenster waren zu dunkel, innen brannte auch kein Licht.
Ich brachte mein Gesicht dicht an die Scheibe und schaute in das düstere Grau eines Raumes, in dem sich etwas tat. Einige Male musste ich zwinkern und glaubte schon an eine Halluzination, aber Suko, der durch eine andere Scheibe blickte, war der gleichen Meinung.
»John, da bewegt sich was.«
»Toll. Und was genau?«
»Weiß ich nicht. Allerdings nicht weit vom Boden entfernt, als würde jemand darüber hinwegkriechen.«
Da ich die Lampe hoch in der Hand hielt, wollte ich in die Bude hineinleuchten.
Die schmale Halogenleuchte brachte eine überraschend starke Leuchtkraft. Wie ein dünnes Messer schnitt der Strahl durch die Finsternis und ebenfalls durch die Scheibe.
Ich wollte meinen Augen nicht trauen, denn innen vor der Scheibe stieg etwas in die Höhe.
Eine Gestalt richtete sich auf.
Zuerst sah ich den Kopf, natürlich das Gesicht und auch die verfluchten Zähne.
Nur durch eine Scheibe getrennt, starrte mich ein schnauzbärtiger Blutsauger an…
***
Da ich nichts sagte, wurde Suko aufmerksam. »He, was siehst du?«
»Komm mal her.«
Zwei Schritte brachten den Inspektor an meine Seite. Einen Augenblick zuckte er zurück, weil ihn der Anblick der Vampirfratze zu sehr überraschte.
»Das ist ein Hammer, das ist…«
Ich unterbrach ihn. »Leuchte mal durch eines der anderen Fenster. Vielleicht turnen da noch mehr von diesen Gestalten herum.«
Mein Freund verschwand, während sich der Blutsauger dicht vor mir bewegte. Er hatte jetzt auch seine Hände erhoben und sie neben dem Gesicht mit den Handflächen nach vorn gegen die Scheibe gepresst. Dabei sah es aus, als wollte er die Scheibe eindrücken, sie aber setzte ihm einfach einen zu großen Widerstand entgegen.
Das war Panzerglas. Der Bauherr hatte an alles gedacht. In diesem Fall war es gut. Jetzt begriff ich auch, weshalb die Tür ebenfalls so stabil gewesen war. Sie passte sich den anderen Gegebenheiten eben an.
Der Vampir bewegte sein Gesicht. Die Haut wirkte dabei wie Gummi. Sie dehnte und zog sich in die Richtungen, in die der Blutsauger seine Grimassen schnitt.
»John, jetzt schau du mal bei mir.«
Ich wechselte das Fenster. Gemeinsam leuchteten wir durch die Scheibe. Bei Suko hatte sich keine Gestalt gezeigt, trotzdem. Trotzdem erlebten wir beide einen schlimmen Anblick. Mein Freund hielt die
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