0645 - Das ewig Böse
seinen Kopf. »Ich danke dir, Bor. Sag ihnen, daß ich gleich kommen werde. Wir werden die Stadt verlassen.«
Sein Assistent lächelte und nickte. Er hatte noch nicht ganz die Tür erreicht, als Prahil-Girad zum letzten Mal einen Blick auf seine Stadt warf. Die regenbogenfarbenen Türme, Plätze und Straßen waren schwarz von Ruß und Feuer. Er wollte sich dieses Bild auf ewig in seinen Geist einbrennen, um nie zu vergessen, was heute vorgefallen war.
Und dann sah er sie.
Anxim-Ha!
Sie schwebte über der Stadt. Selbst aus dieser Entfernung erkannte der Zauberer an ihren Bewegungen, wie sehr sie den Horror genoß, der sich unter ihr abspielte.
Und plötzlich hatte er eine Idee!
Er drehte sich kurz zu seinem Diener um. »Warte noch«, sagte er erregt. »Vielleicht läßt sich alles noch ändern.«
Ohne seine Reaktion abzuwarten, nahm der Zauberer Anlauf und galoppierte auf das geschlossene Fenster zu. Hinter sich hörte er Bors Schrei.
Im gleichen Moment durchschlug sein schwerer Zentaurenkörper die Scheibe.
Kurz stürzte er nach unten, dann fing er sich elegant ab und schwebte in der Luft.
»Anxim-Ha!« schrie er. Seine Stimme hallte magisch verstärkt durch die Stadt und ließ die Kämpfer innehalten.
»Dein Zauber ist eine Lüge«, sagte er leiser. »Und ich werde sie entlarven.«
Mit diesen Worten griff er an!
***
»Ich kann nicht akzeptieren, daß unser Tod die einzige Möglichkeit sein soll, dieses Wesen zu besiegen«, sagte Nicole erregt.
Nefir-Tan zuckte gleichgültig mit den Schultern. »So ist es uns nun einmal bestimmt.«
»Das werden wir ja sehen.«
Ihre Gefährtin hatte sich mit dem Tod vielleicht abgefunden, aber Nicole hatte nicht vor, auf dieser fremden Welt zu sterben. Allerdings würde sie sich nicht auf Nefir-Tan verlassen können, wenn sie den Kampf aufnahm. Die Kriegerin ging wie ein Kamikaze-Pilot mit der sicheren Erwartung ihres eigenen Todes in die Schlacht. Sie würde keinen Finger rühren, um Nicole zu helfen, ihrem Tod zu entgehen, soviel war der Französin klar.
Die Frage war jedoch, ob es überhaupt zum Kampf kommen würde. Vielleicht gab es ja eine andere Möglichkeit…
Sie hatte immerhin noch den Blaster und den Dhyarra-Kristall, den Thor von Asgaard ihr in der Straße der Götter gegeben hatte. Das sollte doch etwas wert sein, dachte Nicole und ging nachdenklich weiter.
Nach und nach ließen sie die steppenartige Landschaft hinter sich und näherten sich der schwarzen Ebene, die Nicole im Traum gesehen hatte.
Sie bestand aus schwarzem, spitzem Lavagestein, das sich durch Nicoles Stiefelsohlen bohrte und jeden Schritt zur Qual werden ließ.
Langsam arbeiteten sich die beiden Frauen vor. Die schwarze Ebene dehnte sich bis zum Horizont aus und schien nicht enden zu wollen.
Schließlich blieb Nefir-Tan stehen. »Hier werden wir rasten«, sagte sie bestimmt.
Nicole sah sich um. »Hier? Es gibt keinen Schatten. Wir können uns noch nicht einmal hinlegen. Die Steine sind zu spitz. Ich denke, wir sollten besser weitergehen und diesen Ort so schnell wie möglich hinter uns lassen.«
Die Kriegerin schüttelte den Kopf. »Die Seherin sagte mir, daß wir wenigstens eine Nacht hier verbringen sollten, um zu meditieren und uns auf den Kampf vorzubereiten.«
»Und mein gesunder Menschenverstand sagt mir, daß wir einen Hitzschlag bekommen werden, wenn wir uns länger als unbedingt notwendig in diesem Backofen aufhalten. Wie willst du dann noch kämpfen?«
Nefir-Tan legte ungerührt ihren Rucksack neben sich. »Du kannst ja gehen, ich werde den Anweisungen der Seherin folgen«, sagte sie stur.
»Bitte, wie du willst. Ich warte auf dich am ersten schattigen Ort. Falls du es schaffen solltest, in dieser Glut zu überleben…«, entgegnete Nicole.
In Gedanken hatte sie entschieden, der Kriegerin nicht mehr als sechs Stunden Zeit zu geben. Dann würde Nicole zurückkehren, um nach ihr zu suchen und ihr zu helfen, sie notfalls mit Nachdruck von hier fort zu holen. Schließlich konnte sie nicht zulassen, daß Nefir-Tan hier starb!
Entschlossen drehte sie sich um und ging weiter über die Ebene.
Bis sie hinter sich den Schrei hörte!
Nicole fuhr herum.
Nefir-Tan steckte bis zu den Hüften im Boden und versuchte verzweifelt, sich aus eigener Kraft freizukämpfen!
»Ich bin eingebrochen!« schrie sie. »Das muß eine Falle sein.«
Nicole zog den Blaster. Sie sah sich um, konnte aber niemanden entdecken. Sie beide schienen völlig allein zu sein. Trotzdem behielt Nicole ihre
Weitere Kostenlose Bücher