0645 - Das ewig Böse
Umgebung genau im Auge, während sie sich der Kriegerin näherte und neben ihr in die Hocke ging.
»Spürst du festen Boden unter den Füßen?« fragte sie.
Nefir-Tan nickte. »Ich sacke nicht mehr weiter ein. Aber ich komme auch nicht raus. Es ist, als würde mich etwas festhalten.«
Nicole heftete den Blaster wieder an die Magnetplatte und schlang die Arme um den Oberkörper der Kriegerin. Während sie zog, stemmte sich Nefir-Tan mit aller Kraft gegen den Boden.
Umsonst. Sie bewegte sich keinen Millimeter.
»Noch einmal«, gab Nicole das Kommando. Sie zog, bis ihre Muskeln protestierten, aber das Ergebnis blieb das gleiche. Was immer die Kriegerin dort unten festhielt, war stärker als die beiden Menschen. Es gefiel Nicole zwar nicht, ihr As jetzt schon aus dem Ärmel zu ziehen, aber es würde ihr wohl nichts anderes übrigbleiben, als den Dhyarra-Kristall einzusetzen.
Im gleichen Moment bewegte sich der Boden!
Nicole sprang zurück und zog den Blaster, aber es war nichts zu sehen.
Doch als sie genauer hinschaute, erkannte sie es: Direkt neben ihr lag ein Tier. Seine schwarzen Knochenplatten waren perfekt auf die Umgebung abgestimmt und machten es fast unsichtbar. Nur seine gelben Augen und das geöffnete Maul verrieten die Tarnung. Es bewegte sich erneut.
Nicole schluckte, als sie erkannte, daß das Tier mehrere Meter lang und so dick wie ein menschlicher Oberschenkel war. Es war wurmartig ohne Extremitäten und bewegte sich knirschend mit seinen Knochenplatten auf die Kriegerin zu.
Nicole schoß, ohne zu zögern.
Der nadelfeine rote Laserstrahl durchschnitt die Luft mit einem hellen Pfeifen.
Nur eine Sekunde später lag der Wurm in zwei Teilen vor ihr. Es stank abscheulich nach verbranntem Fleisch.
Zur Sicherheit stupste Nicole das Tier noch einmal mit der Stiefelspitze an, aber es bewegte sich nicht mehr.
»Und hier möchtest du also meditieren?« fragte sie ironisch, ohne sich zu der Kriegerin umzudrehen.
»Nicole…« hörte sie da hinter sich Nefir-Tans Stimme. Etwas an ihrem Tonfall ließ Nicole schlucken.
Betont langsam drehte sie sich um - und erstarrte.
Der Boden selbst schien lebendig geworden zu sein. Die schwarzen Leiber der Würmer wallten vor ihr auf wie eine lebende Wand. Für eine Sekunde fühlte sich Nicole wie auf einem Ozean, als die riesige Welle der Würmer auf sie zurollte.
Selbst wenn sie ohne Nefir-Tan hätte fliehen wollen, sie hätte es nicht mehr gekonnt.
Die Angreifer waren zu schnell.
Im nächsten Moment wurde sie von ihnen überrollt!
***
Zamorra war überrascht, daß die Dämonen trotz fehlender Tag-/ Nachtwechsel einen gemeinsamen Rhythmus gefunden hatten. Das Lager war fast leer gewesen, als er müde in Prahil-Girads Zelt gegangen war, um sich auszuruhen. Jetzt, am »frühen Morgen«, erwachte es zu neuem Leben. Feuer, die in den letzten Stunden erloschen waren, wurden neu entzündet und die ersten Kochtöpfe über die Flammen gehängt.
Zamorra stand mit Prahil-Girad vor dem Zelt des Stammesführers, der ihm über Nacht auch noch Kleidung besorgt haben mußte, denn als Zamorra aufgewacht war, hatte er neben sich eine Hose, schwere Stiefel, ein Hemd und eine grob gearbeitete Jacke aus Tierfellen gefunden. Die Sachen paßten sogar einigermaßen, und Zamorra war froh, sich nicht mehr wie ein Neandertaler fühlen zu müssen. Er roch auch nicht mehr wie einer.
»Mein Freund«, sagte der alte Stammesführer, »ich danke dir, daß du dieses Risiko auf dich nimmst. Ich weiß, daß ich kein Recht habe, das von dir zu verlangen. Dafür werde ich ewig in deiner Schuld stehen.«
Vor allem, weil es meine Aufgabe gewesen wäre, fügte er in Gedanken hinzu. Schließlich ist es meine Schuld, daß das Wesen überhaupt entstanden ist.
Der Dämonenjäger schüttelte den Kopf. »Du solltest das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor er erlegt ist. Noch haben wir nicht mit dem Wesen gesprochen.«
»Das ist richtig, aber egal, ob es euch gelingt oder nicht, ihr versucht es, und dafür muß ich euch dankbar sein. Während ihr euch auf den Weg macht, um mit dem Wesen zu sprechen, werde ich mich nach einer Möglichkeit umsehen, dich wieder in deine Welt zu bringen. Ich bin sicher, daß ich einen Weg finden werde.«
Zamorra nickte. »Das glaube ich auch.« Dann fiel ihm plötzlich etwas ein, das er schon die ganze Zeit hatte fragen wollen.
»Prahil-Girad«, sagte er. »Wieso sprecht ihr eigentlich Latein?«
»Wieso sollten wir es nicht sprechen? Es ist immerhin unsere
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