0646 - Der Templer-Jäger
aus spritzten die Menschen weg, getrieben von der Angst und der Panik, so rasch wie möglich den Tatort zu verlassen.
Es war deshalb für die beiden Männer schwer, sich einen Weg zu bahnen. Suko hatte dafür Sorge getragen, dass der Kommissar hinter ihm blieb. Er wollte nicht, dass sich Balmain in eine extreme Gefahr begab. Dafür war er nicht ausgerüstet. Er besaß nicht die entsprechenden Waffen, um eine lebende Leiche zu vernichten.
Wenn Menschen in Panik geraten, gibt es kaum Hindernisse, die sie aufhalten können. So war es auch hier. Bei ihrer Flucht nahmen sie keine Rücksicht auf die Stände oder provisorisch aufgebauten Buden. Einige von ihnen kippten um oder brachen mit großem Getöse und unter den wütenden Schreien der Besitzer in sich zusammen.
Auch wenn die Menschen flohen, nicht alle hatten sich beruhigt. Nach wie vor gellten den beiden Männern die Schreie entgegen. Hinzu kamen die umgestürzten Stände, die sie überspringen mussten, was Suko leichter fiel als dem älteren Kommissar und er demnach auch vor ihm den Schauplatz des Geschehens erreichte.
Zu sehen war nicht viel, denn ein Pissoir verdeckte dem Inspektor die Sicht. Als er es umrundet und zwei Männer zur Seite geschaufelt hatte, befand er sich am Ort des Geschehens.
Balmain hatte ihm von Kiki berichtet. So wusste. Suko genau, wie das Mädchen aussah.
Auch jetzt schimmerten die hellen Haare, als wollten sie das Licht der Sonne reflektieren.
Kiki bewegte sich marionettenhaft. Schlimm war nur, dass sie dabei die Dienstwaffe des Kommissars trug, sie mit beiden Händen festhielt, geschossen und auch getroffen hatte, denn in ihrer Nähe lag ein bärtiger Mann regungslos auf dem Rücken.
Sie befand sich in der unmittelbare Nähe eines großen Stands, der mit einem fahrbaren Kleiderständer ausgerüstet worden war. An der Stange hingen noch einige Klamotten, keine neuen Sachen.
Vielleicht war es Zufall, möglicherweise auch Instinkt, aber der weibliche Zombie drehte sich in dem Augenblick um, als Suko auf der Bildfläche erschien.
Er war so ungefähr der Einzige in Kikis Nähe. Sie riss in der Drehung die Arme mit der Waffe hoch und schoss.
Suko tauchte weg.
Die Kugel pfiff über seinen Kopf hinweg. Sie verletzte zum Glück keinen.
In einer gewissen Entfernung klang die Stimme des Kommissars auf. Balmain versuchte, Ordnung in die Besucher des Trödelmarktes zu bringen und sie vor irgendwelchen falschen Handlungen zu bewahren.
Geduckt und springend wechselte er seinen Standort. Er rechnete damit, vor der lebenden Leiche zu erscheinen, aber Kiki war instinktiv schlauer gewesen und hatte die Deckung des fahrbaren Kleiderständers ausgenutzt. Suko befand sich davor, sie dahinter.
Beide wussten es. Zombie haben keinen Verstand, dafür einen Instinkt, so war es auch bei den Tieren.
Kiki handelte.
Suko hatte nicht sehen können, dass sie ausholte und dem Ständer einen harten Stoß gab.
Er schoss vor. Seine Räder waren gut geölt. Sie rumpelten über den holprigen Boden hinweg. Der Ständer raste auf den Chinesen zu, und gleichzeitig zog Kiki.
Sie wusste sehr gut, dass Kleider und Anzüge keine Kugeln aufhalten konnten. Der Stoff bot keinen Widerstand, und Suko musste in Deckung.
Er warf sich zu Boden, dachte nicht an das Tempo des Ständers, der voll gegen ihn rammte.
Dann kippte er, denn dieses quer liegende Hindernis war für ihn nicht zu überwinden.
Suko sah Kiki, die sich zur Seite bewegte. Seine Beretta spie die erste Silberkugel.
Ob er die Untote erwischt hatte, konnte er nicht erkennen, denn die Kleidung nahm ihm die Sicht.
Er wühlte sich hervor, kroch dabei über den Boden und sah den Platz, wo er Kiki vermutete, leer.
Wo steckte sie?
Als Suko auf die Beine schnellte, bekam er Furcht. Nicht um sich, sondern um die unschuldigen Menschen, auf die ein Wesen wie Kiki keine Rücksicht nehmen würde.
Eine Frau schrie ihm etwas zu und deutete mit heftigen Handbewegungen nach rechts, auf ein bestimmtes Ziel.
Es war das Pissoir!
Ein Metallhäuschen umgab die Rinne. Die Männer, die dort standen, konnten, während sie sich Erleichterung verschafften, durch fensterartige Schlitze unter dem Dach hindurchschauen und die Menschen auf dem Trödelmarkt beobachten.
Diese Art von Toiletten fand man in Paris öfter, aber auch in anderen Städten.
Ein Schrei gellte auf. Dann taumelte ein blutender Mann aus dem Eingang. Er sah aus, als hätten ihm die Fingernägel der lebenden Leiche die Gesichtshaut in lange Streifen
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