0646 - Der Templer-Jäger
der Masse steckte. So weich sie war, in den folgenden Sekunden veränderte sie sich und nahm eine Form an, die mich an warmen, weichen Teer erinnerte, der allmählich aus dem Loch hervorrann.
Es war schon erstaunlich, welche Unterschiede die Augen zeigten, obwohl sie im Prinzip gleich waren.
Die teerähnliche Masse verteilte sich vor dem Schädel und rann den Hügel hinab, bevor die Masse das Zeug aufsaugte und nur noch leichte Qualmwolken zurückließ.
Das war geschafft, und es geschah noch mehr, denn der Schädel hatte keine weitere Berechtigung für eine Existenz. Ich konnte zuschauen, wie er verging.
Und ich schaute gern zu. Ich hörte auch das Knacken, als die ersten Risse und Sprünge entstanden.
Am Schädel lauter als in der Erde, wo die Geräusche dumpfer klangen.
Die Knochen sackten ineinander. Jetzt, wo das Loch keinen Widerstand mehr spürte, rutschte alles, was auseinander gefallen war, direkt hinein und verschwand wie in einem Grab.
Der Schatzmeister der alten Pariser Templer existierte nicht mehr. Er würde keine anderen Informationen weitergeben können.
Wem war es zu verdanken?
Nicht mir, beileibe nicht. Ich wäre auch jetzt noch hilflos gewesen, hätte es da nicht einen kleinen Taschendieb gegeben, der mir so schnell und uneigennützig geholfen hätte.
Ich wusste nicht, in welch einer Verbindung Hoffmann zu diesem Schatzmeister stand, den es nicht mehr gab. Vielleicht konnte er spüren, dass ich einen Teil seines großen Plans zerstört hatte. Da war alles möglich. Wenn ja, würde er bei seiner Rückkehr sehr vorsichtig sein.
Ich hielt nach einem günstigen Platz Ausschau. War es gut, inmitten der Höhle hocken zu bleiben, quasi auf dem Präsentierteller? Andererseits hatte ich von hier aus den besten Blick auf den Eingang und das dort langsam verschwimmende Sonnenlicht.
Wann würde er kommen? Er musste ja erscheinen und den Feind vernichten.
Er war schon da.
Nicht Hoffmann, dafür der andere Teil von ihm, der Schatten!
Wie ein Irrwisch huschte er über die Wände, löste sich dort, raste auf mich zu, und ich riss gedankenschnell mein Kreuz hoch, um ihn abzufangen.
Wenn er vor nichts zurückzuckte, die Anwesenheit des Kreuzes mit seiner Aura ließ ihn zögern.
Das Fauchen bildete ich mir wohl ein. Er war lautlos über meinen Kopf hinweggehuscht - und glitt dem Licht entgegen, weil er wieder nach draußen wollte.
Ich musste davon ausgehen, dass der Schatten alles gesehen und Hoffmann informiert hatte. Dementsprechend vorsichtig war ich, als ich mich auf den Weg nach draußen machte.
Diesmal war ich fest entschlossen, ihn zu packen. Es ging nicht an, dass wir van Akkeren erwischt hatten und mit seinem Helfer nicht zurechtkamen. Dass er meine Beretta an sich genommen hatte, würde ich nicht vergessen.
Ich musste durch den Ausgang, einen anderen Weg gab es nicht. Schlecht, wenn der andere draußen lauerte.
Ich war auf der Hut. Wieder Wechsel vom Dunkel ins Helle. Ich wollte meinen Augen Zeit geben, sich daran zu gewöhnen.
Hoffentlich hatte Toto meinen Rat befolgt und war verschwunden. Er als Geisel des Deutschen wäre schlimm gewesen.
Ich hatte mir den besten Blickwinkel ausgerechnet und drückte mich gegen die Wand. Mit dem Rücken schleifte ich über das Gestein. Der Weg führte nach oben. Geröll verteilte sich auf den Stufen, darüber lag eine Mischung aus Licht und Schatten.
Keine Spur von Hoffmann.
Ich ging weiter. Die Treppe, obwohl nur kurz, kam mir sehr lang vor. Ich hielt das geweihte Kreuz in der rechten Hand. Damit würde es mir gelingen, Hoffmann in die Flucht zu schlagen.
Die letzte Stufe…
Dreck und Steine hatten sie so gut wie unkenntlich gemacht. Ich zog den Kopf noch tiefer, über meinen Rücken rann ein Prickeln. Wenn sich Hoffmann noch in der Gegend aufhielt, musste ich ihn sehen.
Er war nicht da, wenigstens nicht sichtbar. Die Sonne war am Untergehen. Noch aber strahlte sie durch gewisse Lücken und schickte ihre heißen Speere auch in den menschenleeren Hof.
Die Luft stand dort. Sie flimmerte, schien zu kochen. Die Wände der Häuser hatten sich im Laufe der Stunden aufgeheizt und würden die Hitze des Nachts wieder abgeben.
Hatte Hoffmann sich tatsächlich zurückgezogen?
Nein, zumindest nicht sein Schatten. Ihn sah ich rechts von mir. Er glitt furchtbar schnell über den Boden, als hätte er ein Ziel. Ich sprang ihm entgegen, diesmal sollte er meinem Kreuz nicht entgehen.
Da hörte ich das Lachen hinter mir.
Ich stoppte die Bewegung ab, fuhr
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