0649 - Killer-Vampire
schob, sondern von einem anderen Motiv ausging. Damit war zumindest ein Bandenkrieg in Little Tokyo abgewendet worden, was O'Neill eigentlich hätte freuen müssen, aber er hatte es kaum zur Kenntnis genommen.
Statt dessen hatte er in irgendwelchen Verhörakten vom Morgen gewühlt und schließlich Hollisters Adresse telefonisch an jemanden weitergegeben. Danach hatte er sich in seinem Büro verkrochen. Durch die Glasscheibe der Tür hatte Cathal verfolgt, wie er im Internet surfte und sich immer wieder Notizen machte. Schließlich war er aus seinem Büro gestürmt, hatte sich die Schlüssel seines Dienstwagens gegriffen und ohne ein weiteres Wort die Mordkommission verlassen.
Cathal hielt sein Verhalten für sehr seltsam. Deshalb beschloß sie, ihm zu folgen.
Vor ihr setzte O'Neill den Blinker. Die Bremslichter des Chevy leuchteten auf, dann fuhr er auf den Gästeparkplatz eines kleinen Hotels direkt am Ocean Drive. Cathal fuhr ein kleines Stück weiter, stoppte ihren Wagen an der Straße und stellte ihren Rückspiegel so ein, daß sie den Hoteleingang genau im Auge hatte.
Wenige Minuten später verließ O'Neill das Hotel mit einem zweiten Mann, der einen weißen Anzug trug. Cathal tippte, daß es sich dabei um Zamorra handelte.
Die beiden stiegen in den Chevy, fuhren zurück auf den Ocean Drive und bogen dann in Richtung Hollywood ab.
Cathal folgte in gebührendem Abstand. Es war keine leichte Sache, einen Polizisten zu verfolgen, ohne daß er es bemerkte, aber sie hoffte sehr, daß es ihr gelingen würde. Immerhin wäre es sehr peinlich, ihrem Vorgesetzten zu erklären, wieso sie hinter ihm her spionierte.
Die Polizistin setzte ihre Verfolgung vorsichtig fort. Dabei bemerkte sie nicht, daß seit dem Hotel noch ein zweiter Wagen dem Chevy folgte.
***
In ihrem Zimmer diskutierten die beiden Vampire über die letzten Ereignisse. Erst kurz nach Einbruch der Dunkelheit waren sie zurückgekehrt, aber niemand schien sie oder den Lieferwagen vermißt zu haben. Die Japaner, die in der unteren Etage zusammensaßen, hatten sie überhaupt nicht beachtet, während ihre Herrin nur kurz von ihren Papieren aufgesehen hatte, aber keine Fragen stellte.
»Wir sollten es Leigh erzählen«, sagte Eric gerade. »Wir haben immerhin die Partnerin des Dämonenjägers und dieses komische Silberding. Das ist ein großer Sieg.«
Der Mexikaner nickte. »Ein großer, aber kein perfekter Sieg.«
Seit Robertos Plan funktionierte, bemerkte Eric an ihm erste Anzeichen von Größenwahn. Anscheinend hielt er sich jetzt für einen begnadeten Strategen.
»Was genau wäre denn für dich ein perfekter Sieg?« fragte der Schwarze seufzend.
Roberto grinste. »Darüber möchte ich jetzt noch nicht sprechen. Laß mich nur eines sagen: Leigh wird begeistert sein und mich für diese Idee zu ihrem Stellvertreter machen. Und du wirst dann nur mir unterstehen. Was hältst du davon?«
Na toll, dachte Eric, das waren ja großartige Aussichten. Aber er bremste seinen Sarkasmus, als ihm einfiel, daß sie durch Roberto immerhin schon einiges erreicht hatten. Was, wenn dieser neue Plan auch funktionierte? Es wäre bestimmt nicht übel, dann eindeutig auf Robertos Seite zu stehen. Auf der anderen Seite sollte er sich möglichst zurückhalten, für den Fall, daß die Idee des Mexikaners ein Schlag ins Wasser war. Eric fielen spontan einige Einbruchsversuche ein, die sie gemeinsam geplant hatten und die jedes Mal in einer Katastrophe endeten, weil sie nicht sorgsam genug ausgearbeitet waren.
Trotzdem nickte er. »Hört sich gut an«, antwortet er und bemühte sich, optimistisch zu klingen. »Was soll ich machen?«
»Gib mir dein Handy«, forderte Roberto. »Den ganzen Rest erledige ich.«
Das, so fand Eric, klang einfach genug. Wortlos reichte er ihm das kleine Mobiltelefon, nicht ahnend, daß er sich mit dieser einfachen Geste gerade selber zum Tode verurteilt hatte.
Im nächsten Moment klopfte es an der Tür. Ohne auf eine Antwort zu warten, trat einer der Japaner ein.
»Kommt herunter. Es geht los.«
Die entscheidende Phase von Leighs Plan hatte begonnen.
***
Hollister wußte, daß es nur eine Frage der Zeit war, bis Zamorra bei ihm auftauchte. Trotzdem stockte ihm der Atem, als es an der Tür des Motelzimmers klopfte. Nervös stand er auf und ging zur Tür. Bei jeder Bewegung schlug der Lauf des Revolvers, den er in der Jackettasche verborgen hatte, gegen seine Hüfte. Es war ein beruhigendes Gefühl.
Er öffnete die Tür. Wie er erwartet
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