0649 - Killer-Vampire
war ein Kristall vierter Ordnung, der stärkste, den er und Nicole beherrschen konnten. Noch am Flughafen hatten sie überlegt, ob sich das Risiko lohnte, den Kristall mitzunehmen. Wenn sie am Zoll damit gestoppt worden wären, hätten wohl auch die besten Ausreden die Zollbeamten nicht davon abbringen können, daß es sich dabei um einen wertvollen Gegenstand handelte, für den man eine Ausfuhrgenehmigung brauchte.
Trotz allem hatten sie sich dann aber doch entschlossen, das Risiko einzugehen, zum Glück, denn Nicole hatte das Amulett mit zu Hollister genommen und den Dhyarra zurückgelassen.
Der Parapsychologe war froh, daß das Amulett bei Nicole war. So war sie wenigstens nicht schutzlos.
Er konnte nicht ahnen, daß es Nicole dort, wo sie war, überhaupt nichts nützte…
***
Leigh stand auf dem Dach des Hauses und beobachtete, wie in der Ferne die letzten Sonnenstrahlen hinter den Häusern verschwanden. Es war die Tageszeit, die sie am meisten genoß, und die Vampirin stellte sich dann immer vor, die Sonne sei ihr Feind, der an jedem Abend den ungleichen Kampf gegen die Nacht verlor.
Die Nacht aber gehörte ihr. Und so besiegte sie jeden Abend die Sonne.
Lächelnd beobachtete Leigh, wie der feuerrote Ball hinter den wenigen Hochhäusern versank und die Stadt mit einem Schleier blutroten Lichtes überzog.
»Los Angeles«, flüsterte sie, »nur so bist du schön.«
Unter ihr in den Zimmern regten sich ihre ›Kinder‹. Die beginnende Nacht weckte ihren Blutdurst und ließ sie unruhig werden. Nur noch wenige Stunden, dann sollten sie stolz durch die Lüfte fliegen, auf dem Weg, der sie zu einem Ziel führte, an dem sich der Lauf der Welt verändern würde.
Niemand konnte sie mehr aufhalten, wenn sie die Armee ihres Vaters hatte. Weder die fünf Familien, noch dieser verfluchte Dämonenjäger.
Ein sanftes Flügelschlagen riß Leigh aus ihren Gedanken.
»Du bist also gekommen«, sagte sie ruhig und drehte sich um.
»Deine Einladung war zu freundlich«, entgegnete der alte Vampir. »Triff mich zur üblichen Zeit, oder ich sage allen, wer mich geschaffen hat«, zitierte er den telepathischen Befehl, den er bekommen hatte. »Wer könnte einer so charmanten Aufforderung widerstehen?«
»Es freut mich, daß du deinen Humor nicht verloren hast.«
Der Vampir zuckte mit den Schultern und hockte sich wie ein Vogel auf den Giebel des Dachs. »Man munkelt, du hattest heute Schwierigkeiten mit einem Dämonenjäger.«
»Wer behauptet das?« fragte Leigh scharf.
Der Vampir lächelte. »Es stimmt also.«
Er verschwieg seiner Tochter, daß er sie bereits seit Tagen beobachten ließ und über jeden ihrer Schritte sehr gut informiert war. Sollte sie doch glauben, daß noch andere über ihre Pläne Bescheid wußten.
»Weshalb hast du mich herkommen lassen?« fragte er statt dessen.
Leigh hockte sich ebenfalls auf den Giebel und sah ihn lange an. Sie wußte, daß das, was sie verlangte, fast unmöglich war, aber sie hatte keine andere Wahl.
»Ich brauche deine Soldaten unter meinem Befehl,« sagte sie.
»Niemals!«
»Wenn du sie mir nicht gibst, besteht die Gefahr, daß mein Plan scheitert.«
Der Vampir lachte. »Leigh, ich will doch, daß dein Plan scheitert! Ich möchte nicht in dieser neuen Welt leben, von der du träumst. Sie behagt mir nicht. Ich schätze die Welt so, wie sie ist: Die Menschen auf der einen Seite, im Licht; wir auf der anderen, in der Dunkelheit und im Verborgenen. Sie wissen nicht, daß wir hier sind, aber trotzdem sind wir eine ständige Bedrohung.«
Er stand auf und begann auf dem schmalen Giebel auf und ab zu gehen. »Der Kitzel der Jagd, der Fang der Beute und das Verschwinden in die Dunkelheit - so möchte ich existieren.«
»Willst du nicht, daß die Stadt dir zu Füßen liegt?« zischte Leigh erregt.
Der Vampir blieb stehen. »Das tut sie doch schon, meine Tochter. Sie weiß es nur nicht. Macht das die Jagd nicht viel interessanter?«
»So wie es die Dinge interessanter machen würde, wenn Don Diego wüßte, wer mich geschaffen hat?« antwortete sie kalt. »Willst du deine Familie, deine Soldaten und dein Leben verlieren, nur wegen deiner dummen Spielchen?«
Der Vampir senkte den Kopf. Er konnte es nicht ertragen, Leigh, die er einst wie eine Tochter geliebt hatte, anzusehen, wenn sie so mit ihm sprach.
Ihre telepathische Botschaft war unmißverständlich gewesen, aber ein Teil von ihm hatte gehofft, sie noch umstimmen zu können, den Wahnsinn zu stoppen, bevor er richtig
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