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065 - Der Geisterreiter

065 - Der Geisterreiter

Titel: 065 - Der Geisterreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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zu.
    „Wir haben gesiegt! Die Spione werden nicht mehr wiederkommen!“
    „Diese nicht!“ sagte der Fürst. „Aber wahrscheinlich andere. Komm, wir reiten in die Stadt und holen uns Weiber!“
    „Mit Vergnügen, Herr!“ erwiderte Sheng.
    Binnen einer Minute waren sie im Wald verschwunden, ritten einen geheimen Pfad entlang und kamen an einer Stelle auf das Moor hinaus, die außer ihnen niemand kannte. Als sie, jede Deckung ausnutzend, auf die Stadt zuritten, hörten sie über sich diese seltsame Flugmaschine, die schon mehrmals ihr Burgversteck überflogen hatte. Sie würden auch dieses Mal nichts sehen und finden, weil er und Sheng in der letzten Nacht Pferde und Vorräte, Decken und Wein weggeschafft hatten. Und noch immer waren sie ohne eine Spur des großen Hunnenheeres.
     

     

Wir sahen die Bilder in der Abendschau. Schon bei den ersten Worten des Sprechers, der die Aufnahmen ankündigte und von weitreichenden Konsequenzen sprach, riß es uns hoch. Jürgen stürzte zum Farbfernseher und schob den Lautstärkeregler bis fast an den Anschlag. Die Stimme des Sprechers hallte durch den Wohnraum.
    Dann erlebten wir, was der unerschrockene und geistesgegenwärtige Kameramann gefilmt hatte.
    Im hellen Tageslicht wirkten die beiden Mumien nicht weniger bedrohlich und furchtbar als damals in der Gewitternacht. Aber hier waren sie lebendig, waren als Reiter in ihrem ureigensten Element. Wir sahen zuletzt, wie der Kriegshauptmann auf den Kameramann anlegte, als dieser die Kamera schwenkte und Fürst Torras erfaßte. Zuletzt kam der sich drehende Erdboden auf die Zuschauer zu, der einen dunklen Vorhang vor der Linse bildete.
    Der Sprecher teilte mit, daß ein Großeinsatz aller zur Verfügung stehenden Kräfte unmittelbar bevorstünde.
    Jürgen drosselte die Lautstärke wieder und sagte: „Das wird nicht viel helfen. Der Hubschrauber konnte nirgendwo landen, die Grenzschutzleute kamen zu spät – es ist lächerlich! Im zwanzigsten Jahrhundert kapitulieren wir vor zwei Kriegern, die nach mehr als tausend Jahre alten Regeln kämpfen.“
    „Ich begreife es auch nicht!“ sagte ich.
    Für morgen hatte uns eine Kommission ins Moor hinaus gebeten, die sich aus Archäologen und Kriminalbeamten zusammensetzte und versuchen wollte, die Ereignisse zu klären. Wir beide hatten das Gefühl, daß auch dabei nicht viel herauskommen würde, aber wir mußten mitmachen. Schließlich war Jürgen Sander der letzte Überlebende der Archäologengruppe.
     

     
    Die Arbeit zog sich bis zum späten Abend hin. Das Gebiet, in dem wir damals die Toten gefunden hatten, war von der Polizei umstellt. Wir gingen also kein Risiko ein. Dennoch wurde in Jürgen und mir noch einmal alles aufgewühlt, was wir an dem Ausgrabungsort erlebt hatten: Der Leichenfund inmitten der schauerlichen Gewitternacht, unser Entsetzen und die fürchterliche Angst, selbst Opfer dieser beiden unheimlichen Mumien zu werden. Erst nach und nach hatten wir begriffen, daß hier etwas Einmaliges, Unfaßbares geschehen war.
    Als es zu dämmern begann, wandte sich einer der beiden Professoren an Jürgen und sagte: „Wir haben inzwischen sämtliche verbliebenen Fundstücke genau durchgesehen. Nach allem, was wir aus dieser Zeit wissen, haben Sie einen hunnischen Gebietsfürsten ausgegraben und seinen Kriegshauptmann.“
    „Das mutmaßten wir schon während unserer Grabung“, erwiderte Jürgen.
    Der Professor wirkte ernst und niedergeschlagen. „Anhand der Fernsehbilder, die wir uns immer wieder in Zeitlupe vorspielen ließen, haben wir eine erstaunliche Tatsache feststellen können!“
    Jürgen und ich ahnten, was der Professor sagen würde.
    „Die Ausrüstung, die Kleider – bis auf die Gewehre natürlich – sogar die Haltung der Reiter auf den Pferden, die viel größer sind als die damaligen Hunnenpferde … alles entspricht exakt dem Geschichtsbild, das wir von diesem Reiter – und Kriegervolk haben.“
    „Ich wußte dies schon früher“, sagte Jürgen. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß es sich um die beiden Moorleichen handelt, die‚ auferstanden’ sind. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich glaube daran. Wie und warum, könnte ich Ihnen nicht erklären. Es ist wohl mehr Gefühlssache.“
    Der Professor zuckte über derartigen Aberglauben die Schultern und drehte sich wieder herum, um im letzten Licht des Tages ein Fundstück zu studieren.
    Jürgen grinste, sah zum Himmel und murmelte: „Es wird dunkel. Ich habe keine Lust, hier eine

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