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065 - Der Geisterreiter

065 - Der Geisterreiter

Titel: 065 - Der Geisterreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hivar Kelasker
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Lederscheide. „Komm!“
    Er packte mich an den Hüften, und warf mich förmlich in den Sattel hinauf. Dann band er das Pferd los und sprang, kaum den Steigbügel berührend, hinter mich. Mit der linken Hand hielt er die Zügel, mit der rechten faßte er mich um den Magen und richtete den Dolch auf meine Brust.
    „Haha!“ rief er und lachte laut.
    Das Pferd zuckte unter uns zusammen, sprang los und wurde immer schneller. In einem wilden Ritt ging es der untergehenden Sonne entgegen, also nach Westen. Dort lag Stalberg, von der Fundstelle aus gesehen.
    Ich bemühte mich, die härtesten Stöße abzufangen und wartete. Ich zitterte am ganzen Körper, aber allmählich wich mein panischer Schrecken einer klaren Überlegung.
    „Stadt nicht gehorchen! Keine Steuern, kein Tribut. Wir sehr böse!“ rief der Hunne. Wir schossen förmlich zwischen den Stämmen hervor und verließen den Wald. Das Pferd galoppierte, immer wieder schmerzgepeinigt wiehernd, durch Büsche und flache Moortümpel. Jedesmal spritzte das braune, stinkende Wasser hoch, und eine Flut von Dreck und abgestorbenen Pflanzenteilen überschüttete uns. Ich schloß die Augen, hob die Hand und rieb den Schmutz von meinem Gesicht.
    „Du heute baden!“ lachte der Hunne. Das Pferd wurde schneller und ging in einen rasenden Galopp über. Vor uns, in etwa einem Kilometer Entfernung, sah ich einen flüchtigen Lichtschein. Offensichtlich kam er von einem der Polizeifahrzeuge, das gerade wendete und die Scheinwerfer angeschaltet hatte. Die Sonne war nur noch zu einem Viertel sichtbar. Der Himmel schien merkwürdig klar. Nicht eine einzige Wolke war zu sehen.
    Was sollte ich tun?
    Konnte ich wirklich etwas unternehmen?
    Wenn ich aus dem Sattel sprang, dann brach ich mir sämtliche Knochen. Wartete ich noch lange, dann wurde ich zur „Kriegsbeute“ der Hunnen, die mich vergewaltigen würden. Außerdem hatte ich die Aussicht, in ihrer stinkenden Höhle für sie kochen zu müssen, womöglich mußte ich auch noch die Pferde versorgen!
    Der Hunne schien meine Absichten zu erraten, denn er verstärkte plötzlich den Druck seiner Hand und seines Armes. Der Dolch deutete noch immer auf meine Brust oder meinen Hals. Wir galoppierten in gerader Linie nach Westen. Jetzt wußte ich, wohin der Hunne ritt. Sein Ziel war der Hochwald, der das Teufelsmoor umgab. Dort kam er noch schneller vorwärts als hier.
    Ich mußte unbedingt vorher fliehen! Aber wie?
    Im Augenblick konnte mir niemand helfen. Ich blickte nach rechts und links. Der Wagen, der eben gewendet hatte, fuhr in Richtung Stalberg. Wir befanden uns auf einer völlig ebenen Fläche, die man von allen Seiten übersehen konnte. Aber auch wir sahen alles.
    Plötzlich durchfuhr mich eine wilde Freude. Rechts schob sich, keine fünfzig Meter entfernt, ein schwerer Geländewagen des Grenzschutzes aus den Büschen und Schilfhalmen. Sie hatten uns noch nicht gesehen, aber wir ritten so, daß wir den Wagen an einer bestimmten Stelle treffen mußten, vorausgesetzt, beide hielten Richtung und Geschwindigkeit bei.
    „Tausende werden nach euch suchen!“ sagte ich laut und bemühte mich, meiner Stimme einen festen Klang zu geben. „In ein paar Tagen werdet ihr gefangen sein!“
    Der Hunne lachte dicht an meinem Ohr. Es war ein fürchterliches Gelächter.
    „Sie uns nicht finden. Gutes Versteck! Neues Versteck!“
    Ich sagte eindringlich: „Es ist ein riesiges Heer! Sie werden jeden Busch umdrehen!“
    Meine Worte schienen ihn nicht zu beeindrucken.
    Wir ritten weiter geradeaus. Ich sah den Wagen jetzt deutlicher, obwohl sein Unterbau durch Gestrüpp verdeckt wurde. Aber die fünf Männer blickten nicht in unsere Richtung. Der Hunne hinter mir hatte sie offensichtlich noch nicht bemerkt. Ich mußte ihn ablenken. Nur noch einige Sekunden, und ich war – vielleicht – gerettet.
    Ich schrie: „Sie werden euch töten!“
    Wieder lachte der Hunne höhnisch. Es war das Lachen eines Mannes, der seiner selbst und seines Zieles durchaus sicher war.
    „Wir entkommen! Wir uns verstecken!“
    Nur noch zwanzig Meter. Ich spannte alle Muskeln an und holte ganz langsam Luft. Dann wartete ich noch ein paar Sekunden und schrie, so laut ich konnte: „Hiiiilfe!“
    Der Hunne war tatsächlich ein geübter Krieger. Er begriff sofort, was passiert war, aber er schien seine Beute deswegen nicht umbringen zu wollen. Er riß sein Pferd in eine andere Richtung, aber die Männer in dem halbverdeckten Fahrzeug hatten uns bereits gesehen. Auch sie

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