065 - Überfallkommando
Tätigkeit im Heim überarbeitet haben. Die Gesellschaft dort hat wohl auch nicht den besten Einfluß auf ihn. Hoffentlich hat Sie der Auftritt vorhin nicht zu sehr beunruhigt.«
Als er hörte, daß sie lachte, fühlte er sich erleichtert. Li Yoseph erwähnte er mit keiner Silbe.
Mark hatte viele bewundernswürdige Charakterzüge. Wer außer ihm hätte einen Teil seiner, wenn auch gesetzeswidrigen, Einkünfte dazu verwandt, die weniger glücklichen Gesetzesübertreter moralisch zu bessern und zu heben? Wenn sie es sich ruhig überlegte, war eigentlich etwas Widerspruchsvolles, Groteskes an dieser Idee, und doch war die Herberge ein wohlüberlegter Plan. Mark hatte ein altes, baufälliges Gasthaus gekauft, dem die Polizei die Konzession entzogen hatte. Dann hatte er es renovieren lassen und mit großen Kosten neu eingerichtet, damit entlassene Verbrecher hier wohnen konnten. Hier erhielten die von der menschlichen Gesellschaft Ausgestoßenen für wenig Geld Essen und Unterkunft.
Mark bezeichnete das Heim als sein »Steckenpferd«, und obwohl er jährlich mehr als fünftausend Pfund für das Haus ausgab, reute ihn das Geld nicht.
»Kommen Sie doch mit Ihrem Kaffee zu mir herüber - ich möchte gern noch mit Ihnen sprechen«, schlug er vor, als sie ihm durchs Telefon sagte, daß sie nichts anderes vorhatte.
Er erwartete sie in der offenen Tür und nahm ihr höflich die Tasse ab.
»Dieser Tiser wird immer unmöglicher. Ein normaler Mensch wäre bei dieser Trunksucht längst unter der Erde. Ich werde mich nach einem anderen Verwalter umsehen müssen.«
»Er war mir immer unsympathisch.«
»Ich freue mich, daß Sie dieselbe Ansicht haben wie ich. Ich habe noch furchtbar mit ihm zu tun gehabt, nachdem Sie gegangen waren. Er leidet an einem neuen Verfolgungswahn - er faselt immer von der Fliegenden Kolonne. Jedes Auto, das er auf der Straße sieht, ist für ihn ein Polizeiwagen. Er will aus der Organisation ausscheiden, und ich möchte ihn auch tatsächlich gehen lassen.«
Ann ergriff die Gelegenheit, mit Mark über seine Organisation zu sprechen.
»Sie müssen doch unheimlich viele Agenten und Vertraute haben - ich habe nun schon viele sonderbare Leute kennengelernt, die gar nicht nach Sacharinhändlern aussahen!
Aber ich habe mir noch niemals ernstliche Gedanken darüber gemacht, wie die geschmuggelte Ware eigentlich vertrieben wird. Ich hielt Mr. Tiser für einen ehrenhaften Mann, und solche Leute interessieren mich nicht.«
Er war etwas erstaunt über diese Bemerkung.
»Er ist ein guter Kerl«, sagte er hastig. »Aber selbst die Besten betrügen das Zollamt. Ich habe mir niemals große Gewissensbisse wegen des Schmuggels gemacht, und ich glaube, er auch nicht. Aber eben fällt mir ein, daß Sie heute nacht noch mit einem kleinen Paket nach Oxford fahren müssen. Ich werde Ihnen die Straßenkarte geben und die Stelle bezeichnen, wo die Leute auf Sie warten.«
»Haben Sie keine Angst vor der Fliegenden Kolonne?« neckte sie ihn.
»Ich baue auf Ihre Freundschaft mit Bradley. Er wird es niemals fertigbringen, Sie festzunehmen. Und sollte er es wirklich tun - nun gut, dann muß ich mich auf Sie verlassen, Ann. Sie würden viele Leute ins Gefängnis bringen, wenn Sie nicht schwiegen.«
»Wenn ich nicht schwiege! Mark, Sie scheinen auch an dem neuen Verfolgungswahn zu leiden!«
Lange Zeit sah sie nachdenklich in die rote Glut des Kamins.
»Ist es nicht merkwürdig, daß jedesmal, wenn der Name Li Yosephs erwähnt wird .«
»Der Spuk von Li Yoseph scheint uns tatsächlich alle behext zu haben«, sagte Mark und änderte sofort das Thema. Aber es gelang ihm nicht auf Dauer. Nach einiger Zeit unterhielten sie sich doch wieder über den alten Mann und seine verfallene Wohnung in Lady's Stairs.
»Sind Sie wirklich sicher, daß Li Yoseph tot ist?«
Er holte tief Atem. Niemand wußte besser als er, daß Li Yoseph nicht mehr lebte.
Kapitel
6
Er wollte ihr gerade antworten, als das Telefon in seinem Schlafzimmer klingelte. Er hatte außer einem Haustelefon zwei Apparate in der Wohnung, die sich im Ton des Läutwerks unterschieden. Die Glocke im Schlafzimmer zeichnete sich durch einen tiefen Ton aus, und Mark war niemals erfreut, wenn er sie hörte.
Er hatte ein paar hervorragende Agenten, die ihn sehr gut mit Nachrichten versorgten, und diese riefen stets unter seiner zweiten Nummer an, die nicht im Telefonbuch stand.
Er verließ das Zimmer und schloß die Tür hinter sich.
Ann schaute auf, als er
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