0652 - Der Bogie-Mann
gewaltigen Getöse brachen hinter ihm die Bohlen des Fußbodens auseinander.
Sie wirbelten in die Höhe, ein Loch war entstanden, aus dem wie ein pechschwarzer, haariger Teufel der Bogie-Mann hervorstieß…
***
Ich sorgte mich um Tippy!
Weshalb war sie so plötzlich verschwunden? Sie musste gewusst haben, dass der Bogie-Mann in der Nähe lauerte. Wollte sie ihn bewusst provozieren und ihm in die Arme laufen?
Das konnte ich nicht glauben, denn so verrückt war kein Mensch. Wer begab sich schon freiwillig in Lebensgefahr?
Es lag mir auf der Zunge, nach Tippy zu schreien. Das ließ ich bleiben. Sollte der Killer bisher nicht aufmerksam geworden sein, würde er es werden, wenn ich rief.
Ich konnte nur hoffen, dass Tippy in Richtung See verschwunden war. Woanders hätte ich sie kaum gefunden, dazu war die Gegend zu unübersichtlich.
Ich lief über den harten, mit Grasbüscheln bewachsenen und grauen Steinen bedeckten Boden auf das Ufer des dunkel schimmernden Sees zu. Seine Oberfläche war nicht nur schwarz, sie zeigte auch einen gewissen Grünstich, der sich wie ein Farbklecks auf dem Wasser ausgebreitet hatte.
Über mir am Himmel stauten sich die dicken Wolkenberge, die nur hin und wieder eine Lücke zeigten, durch die dann der freie Himmel zu erkennen war.
Was oft so nah aussieht, kann manchmal sehr weit sein. Das erlebte ich an diesem Abend, denn bis zum Seeufer hatte ich eine ziemliche Strecke zurückzulegen.
Auf den letzten Yards lief ich nur über kleine Steine, die auf feuchtem Untergrund lagen. Nicht weit entfernt sprudelten die schmalen Wasserarme dem See entgegen.
Dort sah ich Tippy!
Es musste einfach das Mädchen sein, das geduckt auf einem höheren Stein hockte, mir den Rücken zudrehte und auf den See schaute. Wahrscheinlich war sie derart tief in Gedanken versunken, dass sie mich noch nicht bemerkt hatte.
Ebenso wie ich hätte sich auch der Bogie-Mann anschleichen können. Was Tippy da machte, war schon lebensmüde.
Ich ging näher an sie heran und wollte sie behutsam ansprechen, als sie mir zuvorkam.
»Du bist es, John.«
Ich blieb stehen. »Zum Glück.«
Sie ging nicht darauf ein. »Willst du dich nicht neben mich setzen, John? Der Stein ist breit genug.«
Ich blieb zunächst einmal stehen. Tippy hatte ihre Haltung nicht verändert. »Ich starre gern auf das Wasser. Es beruhigt mich immer.«
»Kann ich verstehen, Tippy. Eigentlich bin ich nur losgegangen, um dich zu suchen.«
»Jetzt hast du mich ja gefunden. Sei froh darüber.«
»Natürlich.«
»Was willst du sonst noch?«
»Mit dir zurück zur Mühle gehen.«
»Warum?«
»Ich habe den Eindruck, dass es dort sicherer ist, als hier am See zu sitzen.«
»Meinst du?«
»Klar. Ich habe dort einen Helfer gefunden. Der Mann heißt Dermott. Kennst du ihn?«
Tippy gab mir zunächst keine Antwort. Sie nickte einige Male, bevor sie die Schultern hob. »Ich kenne ihn.«
»Er jagt den Killer ebenfalls.«
»Das kann er.«
»Willst du nicht…?«
»Nein, John«, sagte sie. »Ich will nicht. Ich will gar nichts mehr, auch nicht Dermott.«
»Warum bist du gegen ihn?«
»Ich mag ihn nicht. Keiner mag ihn. Er ist ein Einzelgänger. Er lebt irgendwo in den Bergen und schnüffelt herum.«
»Immerhin hat er die Kinder gerettet, die der Bogie-Mann entführte.«
»Sagte er das?«
»Ja.«
»Und du glaubst ihm?«
»Ja.«
Tippy lachte und stand endlich auf. Vor mir blieb sie stehen. Sie wirkte einerseits zerbrechlich, dann wieder hart, als sie sprach. »Du kennst den Bogie-Mann doch.«
»Ich habe ihn noch nicht gesehen.«
»Aber du weißt, dass er in verschiedenen Gestalten auftreten kann. Ist es nicht möglich, dass du schon mit ihm gesprochen hast?«
»Denkst du an Dermott?«
»Genau.«
Ich schaute in Tippys Augen, die sehr klar aussahen. Sie zeigten für meinen Geschmack einen zu harten Blick. »Nein, Tippy, so ist es nicht. Dermott und der Bogie-Mann sind nicht identisch.«
»Dann weißt du mehr als ich.«
»Möglich, Tippy.«
»Und wieso?«
Ich fasste nach ihrem Arm. »Lass uns zurückgehen. Das ist bestimmt besser.«
Sie stellte noch eine Frage. »Hat Dermott seinen Jeep in der Nähe abgestellt?«
»Hinter der Mühle.«
»Dann können wir ja damit fahren und brauchen den Weg nicht zu laufen.«
»Das wäre schön«, sagte ich lachend. »Vorausgesetzt, er gibt uns den Wagen.«
»Keine Sorge, das wird er schon.«
Mich befremdete die Antwort ein wenig. Ich wollte nachhaken, da war sie schon weitergelaufen.
Ziemlich
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