0652 - Der Bogie-Mann
Scheinwerferpaar zuerst. »Wir bekommen Besuch«, meldete sie.
»Das werden Tippy und John sein.«
Hoffentlich, dachte Jessica nur, sagte aber nichts, lächelte still vor sich hin und war gespannt darauf, welches Gesicht John Sinclair machen würde, wenn er sie hier sah.
Hoffentlich schaffte sie es, dass er sich nicht verriet. Eines stand fest. Es würde keine langweilige Nacht werden…
***
Ich stand da, hielt Augen und Mund offen, staunte und dachte bei mir: Himmel, siehst du blöd aus.
Oder träumst du?
Vor mir stand nicht nur eine Frau, nein, vor mir stand der Traum von einer Frau und ich vergaß plötzlich, was mich hergeführt hatte, selbst der Bogie-Mann war zweitrangig geworden.
Jessica Long!
»Guten Abend, Mr. Sinclair. Mein Name ist Jessica Long. Wie ich hörte, stammen Sie ebenfalls aus London?« Sie schaute mich an und ich begriff die Botschaft in ihrem Blick.
Nur nicht so tun, als würden wir uns kennen.
»Ja«, sagte ich, »ja - aus London. Komisch, dass man sich hier sieht…«
Sie drückte meine Hand. Zum Glück standen die Schwestern zusammen und flüsterten miteinander.
Für uns hatten sie dabei keine Augen.
»Komm endlich zu dir!«, zischte Jessica. »Wir kennen uns nicht. Verstanden, John?«
»Klar.«
Es war also kein Traum, keine Einbildung. Jessica Long war echt, ebenso echt wie ich.
»Warum bist du hier?«, flüsterte sie.
Ich hatte keinen Grund, ihr die Wahrheit nicht zu sagen. Einer Frau wie Jessica konnte ich vertrauen. »Der Bogie-Mann.«
Für einen winzigen Moment weiteten sich ihre Augen. So etwas wie Erkennen kroch in ihren Blick.
»Ich habe von ihm gehört. Man spricht über ihn. Einer ist noch im Haus, John.« Schnell wechselte sie das Thema. »Ein Tänzer namens Juri.«
»Und wo?«
»Oben.«
»Okay, danke.«
Esther trat zu uns, bleich im Gesicht, dabei zitternd. Marion hielt sich im Hintergrund auf. Sie trank einen doppelten Schnaps und flüsterte mit Tippy.
»Ihr habt euch schon bekannt gemacht, wie ich sehe.« Esther lächelte, bewegte unruhig die Hände und meinte dann, dass Jessica wohl Bescheid wissen müsste.
»Worüber denn?«
»Willst du es ihr sagen, John?«
Ich nickte. »Wir fanden draußen zwei Tote. Männer, die nicht verunglückt sind.«
»Dann bleibt nur noch…«
»Genau, Jessica«, sagte Esther, »Mord. Die Männer sind ermordet worden.«
Sie spielte gut mit, trat einen Schritt zurück, schluckte einige Male, bevor sie herauspresste: »Hier in dieser Einsamkeit?«
»Manchmal ist die Stille gut für einen Killer«, murmelte Esther. Sie sprach anschließend mich an.
»Tippy hat mir übrigens berichtet, John.«
»Es war schwer für sie.«
»Für dich auch?«
»Ich bin es zwar nicht gerade gewohnt…«
»Moment Mal, John.« Sie wandte sich an Jessica Long. »John ist Polizist und praktisch in dienstlicher Eigenschaft bei uns. Du wirst es nicht wissen…«
»Was denn?«
Sie räusperte sich. »In der letzten Zeit sind hier in der Gegend schlimme Dinge geschehen. Ein Killer geht um…«
»Hat das was mit dem Bogie-Mann zu tun?«
Esther schrak zusammen. »Wie kommst du darauf?«
»Ich hörte davon…«
»Nein, das glaube ich nicht. Der Bogie-Mann ist doch eine Legende oder so.«
Jessica nickte. »Ja, eine Legende.« Dann baute sie mir eine Brücke. »Ich bin überrascht und wäre eigentlich wieder gefahren, nach all den schrecklichen Vorgängen, aber ich habe zu viel Wein getrunken. Seid ihr mir böse, wenn ich auf mein Zimmer gehe?«
Esther schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Ich bringe dich hoch. Dein Zimmer liegt direkt neben Johns. Gute Nacht - oder?«
»Mal sehen.« Jessica hob die Schultern. »Ob ich schlafen kann, weiß ich nicht. Ich möchte nur etwas Ruhe haben.«
»Das verstehe ich.«
Bevor sie ging, zwinkerte sie mir zu, ohne dass Esther etwas davon mitbekam. Ich hatte begriffen.
So bald wie möglich würde ich Jessica Long einen Besuch abstatten.
Zuvor aber wollte ich noch telefonieren. In London musste man Bescheid wissen, was hier passiert war. Das Telefon stand auf einer Säule. Als ich hinging, trat mir Tippy in den Weg. »Wie geht es dir, John?«
»Den Umständen entsprechend.«
»Wir haben Glück gehabt, weißt du?«
»Sicher. Aber jetzt lass mich in London anrufen. Ich muss da einiges in Bewegung setzen. Wir können die Toten nicht in der Umgebung liegen lassen.«
»Hat das nicht bis zum Hellwerden Zeit?«
»Das stimmt, Tippy. Dennoch möchte ich schon eine Vorabinformation geben.«
»Wie du
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