0654 - Wo Deborah den Teufel trifft
sehen?«
»Nein, nie.«
»Sie waren also immer gleich weg.«
»So ist es.«
Jessica Long mischte sich ein. »Dann ist dies keine normale Astralreise, das könnt ihr mir glauben.«
»Was ist es dann?«, schrie Debbie.
Jessica schaute mich an und auch ich musste zunächst passen, weil ich keine glaubwürdige Erklärung parat hatte. Wie mir bekannt war, veränderte sich das Ich bei einer Astralreise auch nicht. Sie aber war zu einer anderen Persönlichkeit geworden. Zu einer wilden Amazone, einer Frau, die mit dem Schwert kämpfte.
»Das ist etwas anderes«, sagte auch Jessica. »Das muss einfach etwas anderes sein.«
»Fragt sich nur, was«, murmelte ich und schickte an Deborah eine Frage nach. »Wann begannen diese Träume? Können Sie sich daran noch erinnern? Gab es vielleicht ein bestimmtes Ereignis, das die Albträume auslöste?«
Sie schaute mich ausdruckslos an. »Nein, eigentlich nicht. Kurz nach meiner Verlobung begannen die Träume. Da konnte ich keinen ruhigen Schlaf mehr finden.«
»Wie lange liegt es zurück?«
»Knapp zwei Monate.«
»Das ist viel«, murmelte ich und dachte dabei an die zahlreichen Nächte, die zur Qual für die Frau geworden waren. Sie hatte viel leiden müssen. Ob es da richtig gewesen war, sie mit Tabletten zu behandeln, stand in den Sternen. »Haben Sie in den Träumen immer getötet? War es jedes Mal der Gleiche?«
»Nein.«
»Was kam noch darin vor?«
»Ich habe keine Ahnung mehr. Alles verwischt. Ich behalte eigentlich immer den letzten Traum so lange, bis ich wieder im Bett liege und mich der neue überkommt.«
»Dann muss Ihre Furcht vor dem Zubettgehen groß sein.«
»Das können Sie wohl sagen.« Sie nickte heftig. »Ich nehme stets zwei dieser Tabletten ein.«
»Ohne Wirkung, nicht?«, fragte Jessica.
»Leider.«
»Oder wurde es schlimmer?«
Debbie schaute mich an. »Nun ja, ich weiß nicht so recht. Es blieb jedenfalls gleich. Später intensivierten sich die Träume. Da war es dann grauenhaft.«
»Trafen Sie diese Gestalt auf dem schwarzen Pferd denn öfter?«, hakte ich nach.
»Schon, aber ich sah sie nie so deutlich wie in der letzten Nacht. Da habe ich auch meinem Verlobten den Kopf abgeschlagen. Ich sehe ihn jetzt noch, wie der davonrollte. Sie glauben nicht, wie furchtbar das für mich gewesen ist.«
Ja, ich glaubte es ihr.
»Da ist noch etwas, Debbie«, sagte Jessica. »Und ich weiß nicht, ob du davon schon gehört hast.«
»Worum geht es denn?«
»Um einen Mord.«
Debbie bekam große Augen. Um ihre Verlegenheit zu überbrücken, trank sie einen Schluck Saft.
»Ist - ist der Mord echt gewesen?«, flüsterte sie. »Oder auch nur ein Traum?«
»Leider echt.«
»Wo passierte er denn?«
»Hier im Ort«, erklärte Jessica.
»Was?«
»Ja, leider.« Sie nickte. »Es traf einen der jungen Urlauber, einen Skater.«
»Wie kam er denn ums Leben?« Sie schüttelte sich. »Mein Gott, das ist ja furchtbar.«
Jessica überlegte sich die Antwort ganz genau. »Wie er ums Leben kam? Eine gute Frage, Debbie. Er wurde nicht erschossen oder erschlagen. Man tötete ihn durch einen Stich in die Brust. Allerdings nicht mit einem Messer.«
»Sondern?«
»Der Killer nahm ein Schwert. Das hat der die Leiche untersuchende Fachmann festgestellt. Earl Flynn, so hieß das Opfer, muss auf seinem Skateboard genau in die Klinge hineingerast sein.«
Deborah Caine hielt ihre Handfläche gegen den Mund gepresst. Wir glaubten nicht, dass sie uns Theater vorspielte. Ihr Erschrecken war echt. Doch tief in ihren Augen glaubte ich, noch etwas zu lesen. Einen anderen Ausdruck, der nicht zu dem ersten passte. Mir jedenfalls kam es so vor, als wüsste sie Bescheid.
»Nun, Debbie?«
Ihre Hand sank sehr langsam nach unten. »Wirklich mit einem Schwert?«, hauchte sie.
»Leider.«
Sie stand plötzlich auf und trat ans Fenster. Dort blieb sie stehen. Gegen die Scheibe gewandt, fragte sie: »Hat man denn einen Verdacht? Weiß die Polizei…«
»Sie weiß nichts«, sagte ich.
Debbie Caine nickte. »Das habe ich mir gedacht. Das habe ich mir gedacht, John.«
»Wieso?«
Sie drehte sich um. »Ich weiß es nicht. Ich - ich weiß überhaupt nichts mehr.«
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
Auf halben Weg blieb sie stehen. Wahrscheinlich geschockt durch meine Antwort. »Warum glauben Sie mir das nicht?«
»Ich merkte es an Ihrer Reaktion. Seien Sie ehrlich, Deborah. Verschweigen Sie uns etwas?«
»John, bitte…«
»Keine Sorge, Jessica, ich weiß schon, was ich frage. Also,
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