0656 - Der Blutpriester
versuchte, diese Tür in Richtung Arsenal zu durchschreiten. Die sensorische Tronik erfaßte dabei das Gehirnstrommuster des Betreffenden. War es fremd, sperrte das Kraftfeld den Zugang; gehörte es zu einem Befugten, wurde die hochenergetische Barriere abgeschaltet. Personen wie Zamorra und Nicole oder auch Carlotta gehörten zu den Befugten; ihre Gehirnwellenmuster, unnachahmlicher als ein Fingerabdruck oder ein Netzhautmuster, waren in der Tronik gespeichert.
Was hier fehlte, war die Möglichkeit, ein Protokoll abzurufen. So weit reichte die Fähigkeit des tronischen Programms nicht. Ted konnte also nicht feststellen, wer nach ihm an dieser Tür gewesen war.
»Vielleicht bau' ich noch eine Kameraüberwachung ein«, murmelte er und schüttelte gleich darauf den Kopf, weil sein Mißtrauen ihm selbst nicht gefiel. Feinde waren Schwarzmagier, und die konnten das Grundstück dank der M-Abwehr ohnehin nicht betreten, und wer versuchte, über die Regenbogenblumen einzudringen, verfing sich bereits dort in einer weiteren magischen Schutzvorrichtung, die erst gar nicht erlaubte, daß ein schwarzmagischer Eindringling hierher gelangte. Er wurde einfach zurückgeschickt und merkte nicht einmal, daß er abgewiesen worden war; für ihn gab es diese »Gegenstelle« einfach überhaupt nicht mehr.
Aber war nicht doch jemand hier gewesen?
Ted wurde vorsichtig.
Er durchschritt die Tür, verzichtete darauf, Licht einzuschalten und lauschte in die Dunkelheit.
Vielleicht sollte er eine Infrarotmaske aus dem Arsenal holen, um sich damit im Dunkeln besser als jede Katze oder Eule orientieren zu können?
Lauerte irgendwo ein Feind auf ihn?
Er gab sich einen Ruck und machte sich auf den Weg nach oben. Bisher war er noch mit jedem Gegner fertig geworden!
***
Carlotta fühlte, daß irgend etwas nicht stimmte.
Sie richtete sich auf. »Licht«, sagte sie leise.
Eine Lampe wurde aufgedimmt, langsam genug, sich an die Helligkeit zu gewöhnen.
Das Bett neben ihr war leer; von Ted noch nichts zu sehen. Trieb der sich immer noch irgendwo in der Umgebung von Rom herum, um diesen Sektierern auf den Zahn zu fühlen oder auf die Füße zu treten, mit denen er sich angelegt hatte?
Sie liebte Ted, und es hatte ihr noch nie gefallen, wenn er sich in Gefahr brachte.
Er hatte es doch gar nicht nötig!
Er brauchte sich mit solchen brisanten Fällen gar nicht mehr zu befassen! Er hatte sich seine Sporen längst verdient und vergoldet. Sollte der Reporter-Nachwuchs sich doch profilieren…
Geld spielte für Ted Ewigk längst keine größere Rolle mehr. Er hatte sein Vermögen, das er vor vielen Jahren mit erstklassigen Risiko-Reportagen gemacht hatte, sehr gut und sicher angelegt und konnte von den Zinsen einigermaßen luxuriös leben. Es reichte für zwei, ohne daß einer von ihnen hungern mußte, aber Carlotta hatte sich darauf nie eingelassen und sorgte dafür, daß sie nach wie vor ihr eigenes Einkommen hatte. Nur ihre Wohnung hatte sie widerwillig aufgeben müssen, weil der Vermieter das ganze Haus per Luxussanierung zur Goldgrube machen wollte und deshalb erst mal alle Bewohner entmietet hatte. Seither wohnte Carlotta endgültig bei Ted.
Und immer wieder, wenn er eine seiner abenteuerlichen Aktionen durchzog, fürchtete sie um seine Sicherheit und sein Leben. Gut, er war erfahren, konnte sich mit magischen Waffen wehren und schützen, doch das war keine absolute Garantie.
Aber Carlotta wußte auch, daß sie ihn nicht ändern konnte. Er brauchte von Zeit zu Zeit die Abwechslung, den Nervenkitzel, die Gefahr. Er war zwar kein so ausgeprägter Abenteurer wie Robert Tendyke, aber er war auch nicht dafür geschaffen, sich in den Sessel zu setzen und andere die »Arbeit« machen zu lassen.
Es trieb ihn immer wieder hinaus.
Mal freiwillig, wie jetzt, mal, weil Freunde wie Zamorra seine Hilfe brauchten. —
Carlotta fragte sich, was sie aufgeweckt hatte. Sie lauschte. Nichts war zu hören im Haus. Aber sie wurde das Gefühl nicht los, daß sie nicht mehr allein war.
Ein Einbrecher?
Sie schwang sich aus dem Bett, griff nach dem erstbesten Teil, das ihr zwischen die Finger kam, und streifte das T-Shirt über. Ein weiterer Griff in die Schublade des Nachtschränkchens; ihre Finger schlossen sich um den Griff einer Dynastie-Waffe. Der E-Blaster war auf »Betäubung« geschaltet.
Seit sie wußte, daß Ted in ständiger Bedrohung lebte und sie in seinem »Dunstkreis« ebenfalls, fühlte sie sich sicherer, wenn sich eine Waffe in
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