0656 - Der Blutpriester
umgekippt. Vielleicht hat er sich mit einer unbekannten Seuche infiziert…«
Und schon war er in der Aufzugkabine, die gerade ein paar Schritte entfernt offenstand. Diese Chance konnte er nicht ungenutzt lassen, drückte auf den »E«-Knopf und sah noch die verdutzten Gesichter der drei Männer, die überlegten, ob sie seine Worte wirklich ernst nehmen sollten. Ehe sie zu einer Entscheidung kamen, war er mit dem Lift schon auf dem Weg nach unten.
Belangen konnte man ihn allenfalls wegen groben Unfugs. Und daß er Caruso paralysiert hatte, bereitete ihm keine Gewissensbisse. Notfalls konnte er sich immer auf ein Versehen hinausreden, aber er bezweifelte, daß Caruso ihm nun ans Leder gehen würde. Der bekam noch genug Ärger mit der Krankenhausleitung, und außerdem wollte er die Mördersekte ausschalten, in die Ted sich eingeschleust hatte. Wenn Caruso Ted festsetzte, konnte er wieder ganz von vorn anfangen.
Hundertprozentig korrekt war das alles ganz bestimmt nicht - aber darüber zerbrach Ted sich jetzt nicht den Kopf. Das konnten später Anwälte klären, wenn es nötig wurde. Im Moment hatte er noch niemandem Schaden zugefügt. Caruso würde in zehn oder fünfzehn Minuten wieder erwachen; die Dosis war minimal gewesen. Und Kopfschmerzen bekam er garantiert auch keine.
Teds Schmerzen waren nur noch rudimentär.
Er verließ das Krankenhaus und stellte fest, daß er sich im San-Giovanni-Hospital befunden hatte; nur ein paar hundert Meter vom Kolosseum entfernt.
Die legte er zu Fuß zurück.
Während die Leute, die nach ihm suchten, vermutlich annahmen, er habe ein Taxi genommen, und das zu finden versuchten, saß er im »Gladiator«, einem kleinen Restaurant gegenüber der Rückseite des Kolosseums, das zu einem seiner Stammlokale geworden war, weil's trotz der historischen Stätte von Touristen gemieden wurde, und bestellte sein Essen.
Daß er bei Zamorra einen Happen gegessen hatte, lag ja auch schon wieder viele Stunden zurück, und während man ihm in dem winzigen Lokal seine Mahlzeit servierte, erholte er sich immer besser, betrachtete die Fische im Aquarium und fand, daß er es doch viel besser hatte als die schuppigen Marathonschwimmer, weil die nur im Glaskasten zwischen den Algen herumwuselten, um von Gästen bestellt und vom Koch als Frischfisch zum Verzehr zubereitet zu werden.
Als Ted endlich eine Stunde später ein Taxi orderte, um sich zum Palazzo Eternale bringen zu lassen, rechnete kein Mensch mehr damit, daß er sich überhaupt noch in der Nähe befand.
***
Die dunkle Limousine, die durch Teds Blasterschuß zu einer kleinen Sonne geworden war, gab es nicht mehr. Nur ein Brandfleck auf Straße und schmalem Gehsteig zeugte davon, was sich hier abgespielt hatte, und Absperrbänder, mit denen die polizia municipale großzügig gleich die ganze Zufahrt zu Teds Grundstück abgesperrt hatte.
Nachbarn gab es hier nicht.
Die nächsten Häuser und eine S-Bahnstation fanden sich erst über einen halben Kilometer weiter südlich in Richtung Stadt. Die Viale del Forte Antenne war eine Ausfallstraße, die nach Norden und zum Autobahnring führte. Zur Rush-hour herrschte hier wie überall Hochbetrieb, aber in den Nachtstunden war alles ruhig. Ein Grund, weshalb Ted vor vielen Jahren dieses von Bäumen ringsum abgeschottete Grundstück mit Villa einem korrupten und deshalb in die Mühlen der Justiz geratenen Politiker für ein Spottgeld abgekauft hatte, mit dem der gerade seine Prozeßkosten bezahlen konnte. Damals hatte weder der Vorbesitzer noch Ted geahnt, daß sich im Keller des Hauses der Zugang zu einer anderen Dimension befand, die allein für das Arsenal geschaffen worden war.
Der Silver Seraph stand noch da, wo Ted ihn gestoppt hatte. Aber das Fahrzeug war verschlossen worden. Irgendeine Polizeiwache hatte jetzt wahrscheinlich den Schlüssel in Verwahrung. Darum mußte Ted sich nicht jetzt sofort kümmern; er besaß mehrere weitere Schlüssel. Nur befanden die sich jetzt im Haus im Safe.
Seinen Haustürschlüssel besaß er ja noch.
Er benötigte ihn nicht. Die Haustür stand noch so offen, wie Ted sie in der Nacht zurückgelassen hatte. Diebe und Polizei hatten darauf verzichtet, sich drinnen umzusehen.
Das Treppengeländer war an der Trefferstelle verkohlt, hatte aber nicht richtig gebrannt. Der schwarze Fleck sah nur ziemlich häßlich aus, und das Holz war brüchig geworden.
Arbeit für den Schreiner… Wenn's mehr an Schaden nicht war? Ein kompletter Abbrand wäre wesentlich
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