0663 - Das Unheil erwacht
das Thema sprechen.
Der Arzt und seine beiden Helfer hatten Vorrang. Sie transportierten den Verletzten auf einer Trage ab. Bevor sie ihn in den Krankenwagen schieben konnten, hatte ich das Geschäft ebenfalls verlassen und tippte dem Arzt auf die Schulter. Der drehte sich um. »Er wird überleben«, sagte der Weißkittel mit dem blassen Gesicht. »Das steht fest.«
»Darum geht es mir auch. Ich möchte nur von Ihnen wissen, wann ich mit ihm sprechen kann.«
»Sind Sie ein Verwandter?«
»Nein.« Ich zeigte ihm den Ausweis. »Ich habe auf ihn geschossen, bevor er mich töten konnte. Mordversuch an einen Polizeibeamten wird ihn einiges kosten.«
»Das ist mir egal. Für mich ist der Mann ein Patient wie jeder andere auch.«
»Ja, da haben Sie recht. Trotzdem möchte ich mich gern mit ihm unterhalten.«
»Rufen Sie mich morgen an.« Er drückte mir seine Visitenkarte zwischen die Finger. »Da weiß ich mehr. Schönen Tag noch.« Er ging und bestieg den Wagen.
Etwas sauer blieb ich zurück. Natürlich hatten die Kollegen Fragen an mich, bei deren Antworten ich auch nicht auswich. Sie zeigten sich nicht einmal überrascht, denn von einer Bande, die mit Schutzgeld-Erpressung Geschäftsleute einschüchterte, hatten sie gehört. Nur hatte bisher niemand gewagt, den Mund aufzumachen.
»Wer wird denn erpresst?«
Der Kollege zog den Mantel enger. Es war in den letzten beiden Tagen kalt geworden.
»Nur Geschäftsleute und auch nur italienische. Menschen, die ein Restaurant eröffnet haben oder einen Lebensmittelladen. Da sind sie wie Geier am Aas.«
»Wie stehen Ihre Chancen?«
»Nur gut, wenn die Leute reden.« Er machte auf mich einen deprimierten Eindruck. Kein Wunder, wenn man alles gab und dabei auf kein Verständnis hoffen konnte. Die Mafia beschränkte sich bei ihren Aktivitäten leider nicht nur auf ihr Mutterland, sondern überschwemmte auch den Kontinent. »Ich hätte Ihnen gern geholfen, nur muss ich mich mit einem anderen Fall beschäftigen, der leider Vorrang hat.«
Er winkte ab. »Ich weiß, Kollege, was Sie machen. Wäre nicht mein Fall. Na ja, irgendwann könnte es ja sein, dass auch wir einen Erfolg erleben, was diese Gangster angeht.«
»Das hoffe und wünsche ich.« Ich verabschiedete mich von den Strelas, die meinem Blick auswichen. Die Frau sagte schließlich: »Wir haben nicht gewusst, dass Sie von der Polizei sind.«
»Macht das denn einen großen Unterschied?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Sie sollten trotzdem über Ihren eigenen Schatten springen und aussagen«, schlug ich vor. »Einer muss den Anfang machen, glauben Sie mir. Wenn alle mitziehen, haben die Schutzgeld-Erpresser keine Chance.«
»Das sagt sich so leicht«, flüsterte die Frau.
»Denken Sie wenigstens darüber nach.«
»Versprochen.«
Ich reichte ihnen die Hand. Auf der Haut lag noch der Schweiß. Ob ich die beiden überzeugt hatte, wusste ich nicht. Ich hoffte aber, dass sie den Kreis aufbrechen würden.
Den Krankenbesuch verschob ich. Glenda würde bestimmt dafür Verständnis haben.
Statt dessen fuhr ich zurück in mein Büro. Von dort aus wollte ich meine Fäden ziehen…
***
Suko war noch da, nur Sir James, unseren Chef, traf ich nicht an. Der hockte in irgendeiner Konferenz, wo er sich bestimmt langweilen würde, denn die meisten Besprechungen brachten nichts.
Mein Freund wollte es kaum glauben, als ich ihm von meinem Glück berichtete. »Und du hast dich nicht verhört?« fragte er.
»Nein.«
»Das ist ein Hammer, das ist echt ein Hammer. Da rennt man herum wie ein Idiot, sucht, versucht Spuren zu finden, und plötzlich fällt einem alles in den Schoß.«
Ich wedelte mit der Hand. »Das weiß ich nicht, Suko. Ich würde es nicht unterschreiben, denn in den Schoß gefallen ist es mir nicht.«
»Wir haben diesen Prentiss.«
»Das ist auch alles.«
Er lachte mich an. »Und das Flüssige Leben, John? Du hast doch gehört, was…«
»Moment, Alter, Moment. So einfach ist es nicht. Ich habe nur davon gehört. Er hat mir leider nicht gesagt, wo wir es finden können. Uns bleibt nur die Hoffnung, der Fahnder.«
»Das klappt schon, keine Sorge.«
Wir waren beide froh, den Kollegen mit einem konkreten Detail dienen zu können. Wir hatten ihnen den Namen Larry Prentiss gesagt, und sie würden die Computer anheizen. Ich ging einfach davon aus, dass Prentiss kein unbeschriebenes Blatt war. In welch einem Zusammenhang er allerdings zu dem Flüssigen Leben stand, war mir unklar. Nach wie vor gingen wir davon
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