0663 - Das Unheil erwacht
sicher, schielte über den oberen Rand des bläulich schimmernden Stahls hinweg, um richtig maßnehmen zu können.
Zwei Sekunden wartete er noch, beobachtet von seinen Freunden und der Frau.
Sie lächelte als einzige, denn sie wusste, was kommen würde.
Der Waldarbeiter stürzte vor, und mit ihm brachte er die Säge an das Ei heran.
»Jetzt!« brüllte Jimmy, der es nicht mehr aushalten konnte. Es musste seiner Meinung nach einfach etwas passieren.
Das passierte auch.
»Aaaahhhh…!« Ein furchtbarer Schrei durchtoste die kleine Lichtung.
Dem Waldarbeiter war es nicht gelungen, das Ei auch nur zu berühren.
Dicht davor hatte ihn die andere Kraft erwischt.
Der Schrei erstickte in einem Gurgeln, als das Blut als wahrer Stoß aus seinem Mund quoll und das Ei überspülte. Der Mann konnte sich nicht wehren, er erlebte seinen furchtbaren Tod. Als die Säge aus seinen Händen rutschte, da lebte er nicht mehr.
Und keiner war da, der ihm half.
Drei Männer standen noch auf der kleinen Lichtung. Geschockt, als hätte man sie selbst auf die Reise in die Hölle geschickt. Sie waren nicht fähig, etwas zu sagen. Sie standen da mit angstverzerrten Gesichtern, und sie hatten mit ansehen müssen, wie das Blut aus den Augen, der Nase und dem Mund gequollen war.
Nur eine fühlte sich als Siegerin.
Gelassen drehte Jade Prentiss sich um, hob einen Arm und winkte dem ungewöhnlichen Helfer gelassen zu.
»Wer möchte denn als nächster sterben?« fragte sie laut und zynisch.
»Wie wäre es mit uns!« erwiderte Suko und betrat, zusammen mit mir, aus dem Nebel die kleine Lichtung bei den Ulmen…
***
Träge und lautlos umwallten uns die grauen Schwaden; Für andere musste es aussehen, als würden wir über dem dunkleren Untergrund hinwegschweben.
Wir waren nicht bis dicht an die Lichtung herangefahren, hatten den BMW vorher abgestellt und waren den Rest der Strecke zu Fuß gelaufen, geführt von Lewis Kelly, der sich hier ausgezeichnet auskannte. Zudem hatte uns das Geräusch der Motorsäge den richtigen Weg gewiesen. Als es dann verstummte, hatten wir Kelly zurückgelassen und waren die letzten Yards allein gelaufen.
Wir betraten eine Bühne des Schreckens, auf der ein Mensch sein Leben verloren hatte. Als ausgeblutete Hülle lag er etwa ebenso weit von uns entfernt wie von den parkenden Wagen, und schräg über ihm schwebte der Gegenstand, der das Grauen über die Menschen gebracht hatte. Es war ein Ei!
Eigentlich hörte es sich lächerlich an, das zu sagen, aber ich fand keine andere Lösung. Man hätte es noch als Oval bezeichnen können, sehr groß und hell, aber nicht mit Blut gesättigt, wie es eigentlich hätte der Fall sein müssen.
Auch Suko hatte den Gegenstand gesehen. »John, das kann doch nicht wahr sein!«
»Und ob!«
»Trennen wir uns?«
»Okay, von zwei Seiten.«
Er und ich brauchten nicht viele Worte, um uns zu verständigen. Wir schlugen einen Bogen, damit wir es in die Mitte bekamen und hörten das Lachen der Jade Prentiss.
»Seid ihr gekommen, um hier zu sterben, ihr verdammten Bullen? Wollt ihr auch euer Blut verlieren?«
Sie bekam keine Antwort, weil sich keiner von uns von ihr ablenken lassen wollte.
Uns stellte sich natürlich die Frage, wie wir mit diesem Gegenstand umgehen sollten.
Ich wollte es auf keinen Fall zerstören, denn es war sicher, dass wir es noch brauchten. Es enthielt das Flüssige Leben. Wir benötigten es, um Nadine möglicherweise retten zu können.
Wie dem auch war, wir waren stets die Gelackmeierten und steckten in einer verfluchten Zwickmühle.
Suko war von links, ich von rechts gekommen. Wir hatten das Ei in die Mitte genommen.
Sehr dünn war seine Schale und dementsprechend durchsichtig. Blut sah ich nicht, selbst nicht als Streifen. Aber ich wusste, dass dieses Oval Blut aufgesaugt hatte. Meiner Ansicht nach musste es die Flüssigkeit verändert haben. In was?
Vielleicht in Licht? Traf der Ausdruck Flüssiges Leben für das Licht innerhalb des übergroßen Eis zu?
Es war möglich, aber auch pervers. Okay, es blieb mir nicht viel Zeit, trotzdem fing ich an, darüber nachzudenken. Um Nadine Berger möglicherweise zu retten, hatten andere Menschen sterben müssen.
Diese Tatsache konnte ich einfach nicht überwinden, sie besaß für mich auch keine Logik, und wenn, dann war sie für mich nicht nachvollziehbar, weil ich zu den Menschen gehörte, die normal dachten und nicht etwa in perversen Ebenen wie das Gehirn eines Verbrechers oder eines Dämons.
Suko und
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