0665 - Vampirstadt Berlin
eine Kälte und Gnadenlosigkeit aus, die mich abstieß. Kaum etwas strahlte eine derartige Boshaftigkeit aus wie das Gesicht eines Blutsaugers. Darin vereinigten sich aller Verachtung der Welt und dem menschlichen Leben gegenüber. Wie war diese widerliche Fratze dorthin gekommen?
Gemalt haben konnte sie keiner. Sie war einfach da, sie war erschienen wie aus dem Nichts.
Wie lange ich auf dem Fleck gestanden und gestarrt hatte, wußte ich nicht. Jedenfalls brauchte ich eine Antwort, und die würde mir Konowski geben können.
»Hören Sie, Konowski, bisher habe ich…« Er hörte mich nicht mehr. Er war verschwunden, hatte mich wieder stehenlassen wie einen dummen Jungen. Allmählich fiel mir der Knabe auf den Geist.
Vor Wut ballte ich die Hände.
Natürlich suchte ich ihn. Es war zwecklos, bei diesem Betrieb nach einem Menschen Ausschau zu halten, und allmählich rotteten sich auch die Randalierer zusammen.
Das merkten auch die Polizisten. Sie trafen Gegenmaßnahmen, noch keine praktischen, aber ich stellte fest, daß sie immer öfter in ihre Walkie-talkies sprachen.
Um den Alex herum verteilten sich zahlreiche Straßen. Aus einer von ihnen drang eine Welle von Geschrei an meine Ohren. Für mich der Beweis, daß die Randale begonnen hatte.
Auch auf dem Alex breitete sie Unruhe aus. Plötzlich fuhren Einsatzwagen über den Platz. Das Rotlicht drehte sich auf den Dächern. Erste Steine flogen, Menschen verschwanden in den Gängen der U-Bahn.
Ich konnte nicht weg, denn ich mußte in dieses Hotel. Mein Gott, hier kam alles zusammen.
Auf der einen Seite die Randale, auf der anderen das verfluchte Vampirzeichen.
Auf dem direkten Weg konnte ich nicht dorthin, denn zahlreiche Randalierer und Polizisten stießen zusammen. Die Uniformierten, die Schilder, Gesichtsschützer, Knieschoner und Helme trugen, wollten ihnen den Weg in die Nebenstraßen versperren, wo die Auseinandersetzung schon tobte.
Nicht weit von mir entfernt ging eine Scheibe klirrend zu Bruch. Zwei Vermummte schleuderten Pflastersteine gegen ein Konfektionsgeschäft, dessen Verkäuferinnen sich angststarr im Laden zusammenduckten.
Mich überkam es einfach. Ich dachte an die Frauen im Laden, die nichts getan hatten, und lief auf die Randalierer zu. Sie hatten am Rücken keine Augen und bekamen erst mit, was los war, als ich einen von ihnen mit einem Tritt von den Beinen säbelte.
Als er fiel, drehte der andere sich.
Meine Faust landete auf dem PLO-Tuch, das er sich vor das Gesicht gebunden hatte.
Ich hörte ein Gurgeln, dann war für den Knaben der Käse gegessen. Er legte sich flach. Der Stein fiel ihm aus der Hand.
Der zweite war auf die Füße gesprungen. Diesmal verließ er sich auf eine Eisenstange. »Ich hau' dir den Schädel zu Brei, du Schwein!« keuchte er unter der Vermummung hervor.
Es war für mich erschreckend, welch ein Haß in seiner Stimme mitgeschwungen hatte.
Mein Tritt war schneller.
Er faßte sich unterhalb des Bauchnabels, dann schleuderte ihn ein Handkantenschlag aufs Pflaster.
Die beiden würden vorerst keine Steine mehr werfen. Ich lief weiter. Das hatte einfach sein müssen.
Dann mußte ich mich ducken, weil irgendwelche Gegenstände durch die Luft flogen.
Plötzlich hörte ich Schreie.
Zwei bullige Kerle mit alten Wehrmacht-Stahlhelmen auf den Köpfen, hielten einen Polizisten gepackt und schleiften ihn brutal über das Pflaster. Der Mann blutete aus dem Mund. Wahrscheinlich sollte er noch weitere Schläge bekommen.
Ich kam über die Hundesöhne wie ein Gewitter.
Diesmal nahm ich die Ellenbogen. Man lernt so etwas, wenn man auf die Matte geht.
Bevor sich die Kerle von der Überraschung erholen konnten, lagen sie im Dreck. Mit mir rechneten sie nicht als Gegner, weil ich keine Uniform trug.
Das war ein Vorteil.
Ich half dem Polizisten auf die Beine. In seinen Augen leuchtete die Angst. Er war noch jung, vielleicht zwanzig. »Danke, danke… aber gehen Sie lieber.«
»Später. Soll ich Sie…?«
»Nein, das schaffe ich. Meine Nase ist wohl gebrochen. Die kennen nur Gewalt.«
»Ich weiß - leider.«
Zwei seiner Kollegen kamen angerannt. Ich winkte ihnen. Sie kamen und nahmen sich des dritten an. Dabei sahen sie auch die Kerle auf dem Pflaster.
»Waren Sie das?« wurde ich gefragt. »Ja, es mußte sein.«
»Danke auch.«
Ich wollte keinen Dank, sondern das verdammte Hotel erreichen, denn die Probleme hier waren nicht meine, obgleich ich nicht mit geschlossenen Augen an ihnen vorbeiging.
Mir kam ein
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