0667 - Das Horrorhaus von Pratau
zusammenfiel.
Dafür entstand ein anderes Wesen, diesmal eines auf zwei Beinen - ein Mensch!
Kraus hörte sich selbst pfeifend atmen. Er wischte sich über Stirn, dann über die Augen. Die eisigen Füße hatte er vergessen, denn dieser vogelähnliche Schatten hatte sich zurück in einen Menschen verwandelt. Ein Mensch, der auf Werner Kraus den Eindruck einer pechschwarzen Figur machte, die sich auf der Stelle drehte und für einen Moment direkt in seine Richtung schaute.
Sofort ließ sich Kraus zu Boden fallen. Er landete in einem feuchten Gemisch aus Gras und Lehm.
Eine sehr weiche Erde, in die er Hände und Knie drückte.
Trotzdem drückte er seinen Kopf so hoch, dass er auch gegen die Gestalt schauen konnte.
Sie war schwarz und rot!
Auf der Stirn konnte er den Buchstaben zwar nicht genau erkennen, ging aber davon aus, dass es sich dabei nur um dieses D handeln konnte, das er schon einmal gesehen hatte.
Wieso? Wie war das möglich?
So rasch wie in diesen schrecklichen Augenblicken hatte sein Herz lange nicht mehr geklopft. Bei jedem Schlag hatte er den Eindruck, einen erneuten Schweißausbruch zu erleben. Er flüsterte sich selbst Worte zu, nur um sich zu beruhigen, und schrak noch einmal zusammen, als der Motor des Trabis mit einem mahlenden Geräusch ansprang.
Eigentlich hätte er hochspringen und versuchen müssen, den Dieb zu stoppen, das aber traute er sich nicht. Stattdessen kam er nur bis auf die Knie und schaute zu, wie der Wagen langsam anrollte und dabei eine Wolke giftiger Abgase ausstieß.
Dann fuhr er weg, einfach so…
Kraus starrte ihm nach. Die Brille war ihm fast bis an die Nasenspitze gerutscht. Er schüttelte sich, als hätte man ihn mit Wasser begossen. Auf seinem Kopf klebte eine Gänsehaut, die Furcht ließ ihn zittern und er merkte kaum, dass sein Trabi und der Dieb längst verschwunden waren. Das Echo des kratzenden Motors hatte sich längst aufgelöst, und Werner Kraus stand da, schaute an sich hinab, schüttelte den Kopf und kniff sich selbst in den Arm, bis es schmerzte und er merkte, dass es kein Traum gewesen war.
Das konnte doch nicht wahr sein! So etwas war pervers hoch vierzehn. Wenn er das einem erzählte, der hielt ihn für übergeschnappt oder geisteskrank.
Pfeifend atmete er ein, ging einige Schritte und kam wieder richtig zu sich, als er mit einem langen Schritt beinahe ihm Graben gelandet wäre.
Im letzten Moment konnte er ihn überspringen, stand auf der feuchten Straße und schaute in Richtung Südwesten, hinein in die Felder und Weite der Natur.
Dann brach es aus ihm hervor. Ein hartes Wort nur für eine weiche Masse, aber das schrie er mehrmals hintereinander in die Finsternis der stillen Nacht.
Was blieb ihm übrig?
Er musste zu Fuß laufen oder darauf hoffen, dass um diese nachtschlafende Zeit zufällig ein Auto vorbeikam, dessen Fahrer ihn bis Wittenberg mitnahm.
»Aber so viel Glück habe ich nicht!«, sagte er. »So viel Glück habe ich nicht!«, wiederholte er.
Ein Marsch durch die Karpaten mit nassen Füßen. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Da half alles Fluchen nichts, er war gezwungen, in den sauren Apfel zu beißen, und marschierte mit müden Bewegungen los.
Früher einmal hatte Kraus zu den Leuten gehört, die zwecks eines fehlenden Fahrzeugs zwangsläufig zu Fuß gegangen waren. Das lag lange zurück. Er war das Gehen nicht mehr gewohnt. Schon nach wenigen Kilometern waren seine Beine schwer geworden, die rechte Hacke tat ihm weh, er dachte an eine Blase und verfluchte sein Schicksal immer wieder.
Aber er musste weiter.
Noch immer hoffte er auf einen Wagen. In dieser Einöde war da nichts zu machen. Nicht einmal Liebespaare fuhren bei einer derartigen Kälte auf das Land, um neckische Spielchen zu treiben. Er war mutterseelenallein auf weiter Flur.
Als er es leid war, fing er irgendwann an zu singen. Grölte alte Wanderlieder, die ihm gerade einfielen, oder dichtete sich selber neue Texte zu alten Melodien. So laut, dass irgendwo in weiter Ferne ein Hund anschlug.
»Ach, halt dein Maul, du Köter.« Er ging und sang weiter. Schließlich stieß er auf die normale Landstraße, die in Richtung Wittenberg führte. Hier hatte er auch noch nach Mitternacht eine Chance, auf einen Fahrer zu treffen, der ihn mitnahm.
Es hielt tatsächlich jemand. Zwei junge Männer in einem uralten Ford Granada, den sie im Westen sicherlich überteuert gekauft hatten, stoppten neben ihm.
»He, Werner, willst du mit?«
Kraus fiel gegen das Fahrzeug. Er
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