0667 - Lord der Apokalypse
»Fooly weiß das bestimmt.«
Seine Mutter erwischte ihn am Hemdkragen, als er gerade davonstürmen wollte. »Habe ich dir nicht gerade gesagt, daß Fooly noch Ruhe braucht?«
»Jaaaaaa«, maulte Rhett unzufrieden. »Aber vielleicht braucht er jetzt schon nicht mehr ganz so viel Ruhe, ja? Dann kann ich doch zu ihm!«
»Vergiß es, Freundchen!« warnte Patricia. »Du hast nur zwei Möglichkeiten: Hierbleiben oder ab ins Bett. Such’s dir aus. Was anderes gibt’s nicht.«
»Hierbleiben«, entschied Rhett und lümmelte sich wieder in den Sessel. »Das ist auch ‘ne Erpressung, Mom.«
»An der Sache mit den Schwertern und Amun-Re ist vermutlich trotzdem was dran«, murmelte Zamorra und nickte dem Jungen zu. »Rob Tendyke ist mit einer Expedition zum Südpol unterwegs. Ich fürchte, daß es um die Blaue Stadt geht. Rob hat sich dazu zwar überhaupt nicht geäußert, aber vielleicht sollten wir mal nachforschen, was da wirklich los ist. Man gönnt sich ja sonst nichts…«
***
Tan Morano verließ Frankreich.
Es fiel ihm nicht leicht; er hatte nun fast ein Jahr in diesem Land zugebracht. Natürlich war das nichts gegen seinen ursprünglichen, früheren Herrschaftsbereich in England, aber er fühlte sich ohnehin schon lange nicht mehr in der Rolle des Herrschers. Er war sicher, daß er überall leben und jagen konnte.
Sein Freund, der Mond, war überall bei ihm. Egal, an welchem Punkt der Erdoberfläche Morano sich befand.
Er hielt Zwiesprache mit seinem alten Freund. Und der Mond riet ihm, das Land zu verlassen.
Es war logisch.
Zamorra würde ihn ausfindig zu machen versuchen. Zamorra besaß enorme magische Möglichkeiten dazu. Und dann würde es zu einer Auseinandersetzung kommen, die Morano jetzt noch nicht wollte. Die richtige Zeit war noch nicht gekommen.
Er versuchte sich auszumalen, welche Verwirrung sein Eingreifen gestiftet hatte. Zamorra und die schöne Nicole, die er gern zu seiner Gefährtin gemacht hätte, würden rätseln, weshalb er den Erbfolger und dessen Mutter aus Dämonenhand befreit hatte. Und die Dämonen würden rätseln, weshalb Tan Morano dies getan hatte.
Dabei war alles so einfach.
Er tat etwas, das er bisher stets vernachlässigt hatte: Mitzumischen in den politischen Ränkespielen innerhalb der Schwarzen Familie. Bisher hatte er stets darauf geachtet, in Ruhe gelassen zu werden.
Aber die Zeiten änderten sich. Es mußte Abwechslung in sein Leben kommen. Er brauchte das jetzt.
Der alte Vampir erlaubte sich ein Lächeln, während er in einem Airbus über den Atlantik jagte und die Lichter Frankreichs in weiter Ferne verschwinden sah.
Es gab noch einiges zu tun.
Gerade jetzt!
Und das betraf nicht nur die hübsche Stewardeß, deren Blut er genießen wollte.
Es betraf die Ordnung der Dinge an sich.
Tan Morano versuchte, sie ein wenig zu ändern.
***
Fassungslos starrte Stygia die eisernen Flügel des Engels an. Er hatte verlangt, das rückgängig zu machen -aber wie sollte sie das tun?
Es war nicht durch ihre eigene Magie geschehen!
Und sie fand keinen Zugang zu der fremden Kraft, die Lamyron dermaßen verändert hatte!
Ihre Gedanken überschlugen sich.
Die Eisenflügel - was sollte sie damit? Soweit sie informiert war, konnten Lamyrons Flügel Bilder der Zukunft zeigen. Visionen, Prophezeiungen. Deshalb wollte sie ihn bei sich haben, sie wollte wissen, was ihr die Zukunft brachte. Und natürlich auch seine Fähigkeit, mit dem Feuer der Zeit Dinge ungeschehen zu machen.
Aber war er überhaupt noch in der Lage, das zu tun?
Seine Flügel waren zu Eisen geworden und damit wohl kaum noch fähig, Prophezeiungen zu zeigen. Vielleicht konnte Lamyron auch das Feuer der Zeit nicht mehr schleudern?
Das wäre sehr ärgerlich. Dann wäre Lamyron für sie absolut wertlos, und vor allem - dann hatte sie keine Möglichkeit mehr, Amun-Re zu stoppen.
Aber das mußte sie. Und sie wußte genug über Amun-Re, um zu begreifen, daß das praktisch nur noch durch eine Zeitkorrektur möglich war.
Er stand vor ihr auf dem Felsen, der aus dem Wasser emporgestiegen war. »Versuche es wenigstens«, verlangte er. »Du hast es geschafft, mich zu dir zu holen. Nun schaffe noch etwas mehr!«
Sie starrte ihn an.
Sie sah die Verzweiflung in seinen Augen. Und fast mit Gewalt mußte sie sich daran erinnern, daß sie eine Dämonin war, daß sie solche Emotionen verlachte. Gefühle wie Verzweiflung, Panik, Angst, Trauer - das war etwas für die Sterblichen.
Auch Lamyron war ein Sterblicher, wenngleich
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