067 - Der Redner
herbeisehnte als sie selbst.
Er hätte sie ohne weiteres heiraten können, denn er war verhältnismäßig wohlhabend. Aber Dian Donald sollte vor allem Gelegenheit haben, ihr Talent zu zeigen, und unter diesen Umständen war eine Heirat natürlich ausgeschlossen. Das hätte ihre Stellung bei der Bühne sofort erschüttert, die sie sich mit soviel Mühe aufgebaut hatte. Und gerade jetzt schien sie soweit zu sein, daß der endgültige Erfolg nicht mehr lange ausbleiben konnte.
Alana pflegte abfällige Bemerkungen über eine eventuelle Heirat Dians zu machen. Miss Donald lernte sie erst persönlich kennen, als Alana schon über ihre erste Blütezeit hinaus war und sich scharfe Linien um ihre Mundwinkel zu ziehen begannen. Aber für Dian blieb sie immer noch die schönste Frau auf der Welt, und das Publikum dachte ebenso. Solange Alana im Eldio-Theater auftrat, war das Haus ausverkauft, und die Leute standen in langen Schlangen vor der Theaterkasse. Sie hatte mehr Operetten gerettet und mehr mittelmäßige Musik populär gemacht als irgendeine andere Sängerin, denn sie war eine bezaubernde Persönlichkeit und besaß eine fabelhafte Stimme. Sie gehörte zu den wenigen Sängerinnen, die tatsächlich auch ein hinreißend schauspielerisches Talent haben. Nur wenige Leute nannten sie mit ihrem Familiennamen. Für die große Menge blieb sie immer »Alana«, und so wurde sie auch auf den Ankündigungsplakaten und auf den Programmen genannt.
»Heiraten ist eine der größten Dummheiten, die eine Bühnenkünstlerin begehen kann«, sagte sie zu Dian und lachte bitter. »Es ist auf der einen Seite ja schön, aber auf der anderen kann es auch sehr traurig sein. Glaube mir, Dian, es ist besser, du bist unverheiratet, spielst Nebenrollen und trittst nur als Ersatz für die ersten Kräfte auf. Dabei fährst du viel besser, als wenn du ein verheirateter Star wärst. Und du hast großes Talent. Ich möchte sagen, daß es niemand gibt, der sich so als Reservekraft eignet wie du. Wenn du nur ein bißchen Verstand hättest, würdest du die kleinen Rollen annehmen, die dir Regisseur Dowall anbietet, und dich von mir trennen. Mit etwas Aufmachung und Reklame bekommst du bald einen großen Namen und kannst mit dreihundert Pfund Wochengage rechnen, statt mit den sechs, die du jetzt beziehst.«
»Miss Forsyant kommt heute nicht zur Aufführung«, sagte Dian.
Alana war bereits davon unterrichtet.
»Ich weiß, sie ist heute abend von Freddie zum Diner eingeladen. Er sagte zwar, er ginge zu seinem Klub, aber in Wirklichkeit hat er sich mit Elsa verabredet.«
Freddie, Alanas Mann, war groß, stattlich und stark und sah sehr gut aus. Seine Liebesabenteuer waren in ganz London bekannt. Er war ein Hilfsregisseur, als Alana ihn entdeckte, und spielte in einem drittklassigen Stück, das erst sie durch ihr Auftreten zu einem erstklassigen Erfolg machte. Damals bezog er kein größeres Gehalt als Dian jetzt. Alana verliebte sich in ihn, und kurz darauf heirateten sie.
Als Freddie das erreicht hatte, arbeitete er nicht mehr, und es schien seine einzige weitere Lebensbeschäftigung zu sein, junge Damen zum Diner einzuladen. Zuerst nur Choristinnen, später auch Schauspielerinnen und schließlich die schöne Elsa, die trotz ihrer strahlend blauen Augen sehr berechnend und egoistisch war.
All das ereignete sich vor dem großen Bruch zwischen Alana und ihrem Gatten, und es war bezeichnend für sie, daß sie bis zum letzten Abend spielte, solange das Stück noch blieb. Dann trat sie lächelnd an die Rampe und hielt eine kleine Abschiedsrede, bevor der Vorhang fiel.
Nur wenige Leute kannten den eigentlichen Grund. Alana war die Eigentümerin des Theaters gewesen, hatte aber bei ihrer Verheiratung ihre Anteile Freddie überschrieben. Noch viel weniger Leute wußten von dem Auftritt in ihrer Garderobe, der sich zwischen beiden abspielte und bei dem Freddie sehr offen und rücksichtslos sprach.
»Wenn du dich von mir scheiden lassen willst - gut. Aber es ist doch direkt kindisch, deine Anteile am Theater von mir zurückzuverlangen.«
»Du hast mich beschwindelt!«
Alana zitterte, aber nicht nur Wut hatte sie in solche Erregung gebracht. Er lachte.
»Aber mein Schatz, du hast mir doch die Anteilscheine überschrieben. Daran läßt sich jetzt nichts mehr ändern. Es hat keinen Zweck, daß du wütend wirst und auf mich schimpfst. Wenn du dich scheiden lassen willst, bin ich bereit, dir eine größere Rente zu zahlen. Wenn du nicht willst, kann ich auch
Weitere Kostenlose Bücher