Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
067 - Der Redner

067 - Der Redner

Titel: 067 - Der Redner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
Leute, die an den Galgen kommen, haben früher noch nicht im Gefängnis gesessen.«
    Mark lachte.
    »Nun, Sie werden mich doch nicht gleich aufhängen wollen!«
    Mr. Rater setzte sich an den Tisch und blätterte in seinem Notizbuch. »Ich weiß genau, daß Sie nicht in Mittelengland waren, als der Einbruch verübt wurde, aber ich habe trotzdem das Gefühl, daß Sie die Hand im Spiel hatten. Ich möchte Ihnen offen sagen, warum ich herkomme. Ich brauche die Steine, und ich bin in der Lage, eine große Summe zu bezahlen, wenn ich sie zurückbekommen kann.«
    »Dann müssen Sie sich aber wirklich an eine andere Adresse wenden«, entgegnete Mark erleichtert.
    Er konnte auch beruhigt sein, denn dieses eine Mal stand er unter dem Verdacht, ein Verbrechen begangen zu haben, an dem er tatsächlich unschuldig war.
    »Ich glaube, Sie haben eine vollkommen verkehrte Meinung. Sie denken, weil Sie noch nicht verhaftet waren, werden Sie nicht schwer bestraft, wenn wir Sie einmal fassen?«
    »Da sieht man wieder einmal, welche Vorurteile die Polizei hat«, sagte Mark ironisch. »Wenn ich wegen der Couper-Brillanten eine lange Strafe bekomme, werde ich das Opfer einer schamlosen Polizeimache.«
    Er atmete auf, als Rater gegangen war. Die letzten Vorbereitungen zu seiner Abreise waren getroffen. Am Donnerstagabend ging er bei Einbruch der Dunkelheit zu dem Juweliergeschäft. Der Rolladen war heruntergelassen und die Tür fest verschlossen. In keinem der oberen Räume brannte Licht.
    Mark schlenderte durch die hintere Straße, bis er an die niedrige Mauer kam. Er sah sich vorsichtig um, konnte aber niemand entdecken. Wenige Augenblicke später stand er in dem Hof, denn er war ein gewandter Kletterer.
    Das hintere Fenster ließ sich leicht öffnen, und er stieg in das Speisezimmer ein, in dem es nach Mr. Edderings Pfeifenqualm roch.
    Die Tür, die zum Laden führte, war verriegelt, aber nicht verschlossen. Mark horchte an dem Eingang zum bewohnten Teil des Hauses und drückte dann behutsam die Klinke herunter. Die Tür war verschlossen, und darüber war er nur froh. Er gebrauchte eine kleine Taschenlampe, die er an dem obersten Knopf seiner Weste befestigte, als er sich an den Safe machte. In aller Ruhe nahm er eine der Birnen aus dem Kronleuchter und schraubte den Kontakt seines elektrischen Bohrers ein. Nach dreiviertel Stunden hatte er das Schloß bewältigt, und mit einem Ruck öffnete er die Tür. Nachdem er viele Geschäftsbücher herausgenommen hatte, entdeckte er eine kleine Schublade, die nicht einmal verschlossen war. Dort fand er ein flaches, sorgfältig versiegeltes Päckchen. Auf dem Etikett stand »Prinzessin Suwarow - neugefaßte Smaragde«.
    Er ließ es in seine Tasche gleiten und untersuchte auch noch Wen Rest des Schrankinhalts. Aber es war nichts mehr darunter, was das Mitnehmen gelohnt hätte.
    Er schloß die Schranktür, schraubte den Bohrer ab und verließ das Haus auf demselben Weg, auf dem er gekommen war. Vorher verriegelte er die Ladentür wieder und schloß auch das Fenster, ehe er in den Hof hinuntersprang.
    Als er die Hauptstraße wieder erreichte, sah er auf seine Uhr. Sie zeigte zwanzig Minuten vor zehn. Mit großer Sorgfalt hatte er den Zeitpunkt seiner Abreise gewählt. Er schloß sich einer größeren Gesellschaft an, die eine gemeinsame Fahrt nach Brüssel machte und sowohl einen Sonderzug als auch einen Schnelldampfer zur Verfügung hatte. Und als der Zug um zehn Uhr den Victoria-Bahnhof verließ, befand sich Mark unter den Passagieren und saß bereits im Speisewagen, wo das Abendessen serviert werden sollte.
    Selbst in der großen Gesellschaft benahm er sich möglichst unauffällig. Als er in Dover ankam, sah er den Träger, den er gewöhnlich benützte, und überreichte ihm seinen Koffer. Gleichzeitig nahm er auch das Päckchen aus der Tasche.
    »Stecken Sie das ein und geben Sie es mir zurück, wenn ich an Bord komme.«
    Diese Vorsichtsmaßregel war gerechtfertigt, denn Mark war einer der drei Passagiere, die aus der großen Gesellschaft ausgewählt und besonders durchsucht wurden.
    »Es tut mir sehr leid, daß ich Sie belästigen muß«, sagte der Beamte, der die Visitation vornahm. »Aber es ist eine neue Verfügung herausgekommen, daß von hundert Passagieren einer besonders durchsucht werden muß.«
    Mark wußte genau, daß eine solche Verfügung nicht herausgekommen war.
    Auf dem unteren Deck fand er seinen Gepäckträger in heller Aufregung.
    »Denken Sie, man hat Ihren Koffer geöffnet!«

Weitere Kostenlose Bücher