0672 - Das teuflische Ultimatum
ausgetrocknet waren, auf dem Nasenrücken jedoch lag ein Film aus Schweiß, der sich auch über seine Stirn erstreckte.
Er hielt den Atem an. Ratten können sehr hoch springen, das wußte Suko auch. Ohne Warnung jagten sie oft vor und bissen sich an ihrer Beute fest.
Noch wartete das Tier…
Auf einmal passierte es. Ein Klumpen aus Fell und Kopf jagte in die Luft und streckte sich Suko entgegen.
Der Inspektor reagierte instinktiv.
Er wollte nicht gebissen werden und sich irgendwelche Infektionen zuziehen, er tat in diesem Augenblick das einzig Richtige.
Suko schrie!
Als die Ratte sprang, brüllte er ihr entgegen. Seine Stimme kippte fast über. Ihm war, als würde er sich vor seiner eigenen Stimme erschrecken, doch das sollte nur die Ratte.
Es passierte tatsächlich. Sie änderte ihre Flugrichtung. Wie sie den Körper in die Höhe bekam, sah Suko nicht, weil er im letzten Augenblick die Augen geschlossen hatte. Jedenfalls erwischte die Ratte ihn nicht. Sie huschte so dicht über seinen Kopf hinweg, daß ihre Füße noch durch seine Haare kratzten und die Kopfhaut erwischten. Hinter sich hörte Suko die klatschende Landung des Tieres und konnte nur hoffen, daß sie vorerst genug hatte.
Sukos pochende Herzschläge schlugen den Sekundentakt mit. Er atmete tief durch. Sein Haar lag verklebt auf dem Kopf. War alles vorbei? Hatte er die Ratte vorerst vertrieben?
Aber wie viele lauerten noch hinter ihm?
Er wagte nicht daran zu denken. Der Rücken hatte eine zweite Haut aus kalten Eiskörnern bekommen. Sie rieselten vom Nacken her nach unten, bis es nicht mehr ging.
Wer kam?
Kein Trappeln mehr, kein Quieken - oder?
Doch, da waren Geräusche. Schritte, doch nicht das hastige Scharren der Rattenfüße.
Draußen vor der Tür erklangen die Schritte. Sie näherten sich wie das Schicksal, dem kein Mensch auf der Welt entrinnen kann. Sie waren unbestechlich, denn sie hatten ein Ziel.
Ein verdammtes Ziel, dachte Suko. Die Tür. Sie würden vor der Tür erst anhalten, dann drehte sich der Schlüssel, dann…
Es kam genauso, wie er es sich vorgestellt hatte. Der Schlüssel schien zu schreien, als er im Schloß bewegt wurde. Durch den Druck schrie die Tür ebenfalls. Jemand hatte sie nach innen gestoßen, ein Mann, der Suko wie ein Riese vorkam, weil er den Kerl nur aus der Vogelperspektive sehen könnte.
Es war Knife!
Der kam mit schleichenden Schritten. Nach dem zweiten stoppte er und baute sich breitbeinig vor Suko auf. Suko konnte zwischen seinen Beinen hindurchschauen und sah die offene Tür.
»Hallo, Vetter…«
Suko gab keine Antwort, obwohl er wußte, daß der andere ihn verhöhnte. Er blieb so ruhig wie möglich, atmete durch die Nase. Leises Lachen schwang ihm entgegen.
»Wer bist du noch, Vetter? Ein Nichts. Einer, der fertig gemacht worden ist. Du bist ein Knecht, du kannst dich nicht wehren, du trägst keine Waffen mehr, du bist ein Fraß für die Ratten, und wenn ich will, dann kann ich dich zertreten.«
Wie zur Bestätigung seiner Worte hob er den rechten Fuß an, drückte das Bein vor und ließ seinen Schuh dicht über dem Kopf des Inspektors schweben.
»Soll ich?«
Suko knirschte die Antwort. »Wenn es dir Spaß macht, Hundesohn, dann bitte.«
Knife senkte den Fuß. Suko spürte den Druck auf seinem Kopf. Die alten Schmerzen potenzierten sich, und Suko schloß sekundenlang die Augen, während er zusätzlich die Lippen hart aufeinanderpreßte. Kein Laut drang aus seinem Mund.
»Gut, du bist gut, Vetter«, sagte Knife und nahm seinen Fuß wieder zurück. Mit einem harten Ruck stemmte er ihn wieder auf den Boden. »Du kannst etwas vertragen.«
»Okay, das hast du jetzt. Wie soll es weitergehen?«
»Eine gute Frage. Es kommt nicht auf dich an. Du bist nur ein kleines Steinchen in unserem Mosaik.«
»Auf wen dann?«
»Sinclair ist der Joker, Vetter. Sinclair ist derjenige, der alles verändern kann.«
»Er hat mit euch nichts zu tun.«
»Da hast du recht, Vetter, das hat er nicht. Aber er wird es mit uns zu tun bekommen. Er wird uns einen Gefallen erweisen müssen, dann erst sehen wir weiter.«
»Was soll das sein?«
Knife hob die Schultern. »Keine Sorge, Vetter. Ich werde es dir nicht sagen, weil ich damit nicht belasten will. Wenn es soweit ist, bekommst du Bescheid.«
»So lange laßt ihr mich in der Röhre stecken?«
Knife lachte. »Du denkst an die Ratten, wie?«
»Zum Beispiel.«
»Das ist eine Tatsache, die man nicht ausrotten kann. Sie sind einfach da. Bei Hochwasser
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