0672 - Das teuflische Ultimatum
hineinzustopfen. Er klemmte mit den Schultern, den Ellbogen und auch mit den Oberschenkeln fest. Nur sein Kopf und der Hals schauten aus der Röhre hervor, und so war er auch in der Lage, gegen das zuckende Feuer sehen zu können.
Es war ein Verlies, das ansonsten nur aus Steinwänden bestand. Die Quader waren dicht über- und gegeneinander gestellt worden. An einigen Stellen wiesen sie Risse auf, die allerdings nicht so groß waren, um das Gestein sprengen zu können.
Wenn Suko die Augen verdrehte und den Kopf etwas zurückdrückte, konnte er gegen die Decke schauen. Für ihn nicht mehr als eine schiefes Etwas, ebenfalls durch Risse gezeichnet.
Die alte Holztür paßte sich auch an. Sie war selbst schräg, an der linken Seite nicht so hoch wie an der rechten, hatte aber ein modernes Schloß bekommen.
Die Röhre war die Folter, der Wahnsinn. In ihr steckte der Mensch fest, ohne unter den Füßen überhaupt einen Halt zu finden. Suko kam sich vor, als würde er zwischen Himmel und Erde schweben, von unsichtbaren Mauern gehalten.
Das Verlies selbst war sehr feucht. Schimmel wuchs auf dem Boden, Schimmel lag auch auf den Wänden wie angepappt, und in manchen Ritzen schimmerten noch feuchte Wasserflecken.
Suko gehörte nicht zu den Menschen, die schnell in Panik verfielen. Auch in dieser Lage hielt er sich tapfer und schaltete sein Gehirn ein, anstatt zu versuchen, sich aus der Röhre zu zwängen, was sowieso keinen Sinn hatte.
Die Feuchtigkeit, der Schimmel, die Röhre, das waren drei Dinge, über die Suko näher nachdachte.
Besonders die Röhre war für ihn wichtig, denn er konnte sich vorstellen, daß durch sie bei Hochwasser Flüssigkeit in das Verlies gedrückt wurde. Deshalb auch die Feuchtigkeit. In den letzten Tagen hatte es viel geregnet und gestürmt. Einige Flüsse im Süden Englands waren über die Ufer getreten, auch die Themse hatte weite Flächen umarmt und war in nicht gesicherte Keller und Wohnungen gedrungen. Wasser drang überall hin. Es fand immer einen Weg und drängte sich selbst durch kleinste Lücken. Deshalb konnte Suko sich auch vorstellen, daß es von unten her in die Höhe quoll, die Röhre ausfüllte und sich innerhalb des Verlieses ausbreitete. Er würde jämmerlich ertrinken.
Soweit war es noch nicht. Er hoffte auch, daß es nicht dazu kommen würde.
Leider reichte das Licht nicht aus, um das gesamte Verlies zu durchleuchten. Es flackerte, es breitete sich entlang der Wand aus, berührte auch die Tür, aber der Raum hinter dem Inspektor lag nach wie vor in tiefer Dunkelheit.
Von dort hörte er Geräusche!
Zunächst war es ihm nicht möglich, sie einzuordnen. Trappeln, vielleicht ein Schaben oder das kurze, heftige Schnaufen. Laute, die nicht von Menschen verursacht wurden.
Wovon dann?
Es rieselte kalt über Sukos Nacken, denn da gab es nur die eine Möglichkeit.
Ratten!
Diese Röhre war für sie ideal. Durch sie konnten sie erscheinen und auch wieder abtauchen. Wenn die Flüsse stiegen, wurden auch die an den Ufern lebenden Ratten weggespült, oftmals in die Kanäle und vor allen Dingen in die Keller der Häuser hinein.
Suko biß sich auf die Unterlippe, als er daran dachte. Ratten sind immer hungrig. Wenn sie erst einmal gemerkt hatten, daß ihnen von dem gefangenen Menschen keine Gefahr drohte und er sich nicht wehren konnte, würden sie angreifen und zubeißen.
Er konnte nichts dagegen tun. Auch seine Waffen hätten nicht genutzt, er wäre nicht an sie herangekommen.
Ihm blieb nur das Warten und die eventuelle Hoffnung, daß ihn jemand aus dieser Röhre befreite, wobei die Triaden dafür sicherlich nicht in Frage kamen.
Hören konnte der Inspektor sehr gut. Er nahm auch wahr, daß die Geräusche an Lautstärke zunahmen.
Die Tiere kamen!
Ein Schatten huschte von der linken Seite her gegen die Helligkeit. Sehr dicht glitt der pelzige Körper an Suko vorbei. Der lange Schwanz wippte wie die Schnur einer Peitsche.
Dann blieb das Tier stehen.
Es war tatsächlich eine fette Ratte, die sich umdrehte und dem Inspektor ins Gesicht schaute.
Sie saß da und schaute; ihre Barthaare zitterten. Das Fell schimmerte feucht, die kleinen Augen bewegten sich, die Schnauze war geschlossen. Suko wußte, daß sie nadelspitze Zähne enthielt. Ratten gruben und nagten sich überall durch, selbst durch Beton.
Was war da schon die Haut eines menschlichen Gesichts?
Kommt sie? Kommt sie nicht? Suko stellte sich die Frage, und Sekunden verstrichen. Er spürte, daß seine Lippen wie
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