0672 - Schwingen des Todes
genau gezielt!
Zamorra setzte einen genau dosierten Handkantenschlag an, der Calderone besinnungslos zu Boden stürzen ließ. Im nächsten Moment spürte er die dämonische Aura. Sie ging von Calderone aus, aber das Amulett reagierte nicht aggressiv darauf, obgleich die Warnung von dieser Silberscheibe ausging.
Zamorra begriff das nicht ganz.
Wenn das Amulett warnte, warum schlug es dann nicht auch gleich zu?
Früher hätte es das garantiert getan. Gerade weil es zu einem unmittelbaren körperlichen Kontakt zwischen beiden gekommen war. Früher wäre das so gut wie unmöglich gewesen. Das Amulett, Merlins Stern, hätte mit all seiner Energie nicht nur ein weißmagisches Schutzfeld um Zamorra errichtet, sondern auch selbständig den Dämon angegriffen!
Aber in diesem Fall war nichts dergleichen geschehen!
Nach wie vor spürte Zamorra die dämonische Aura, die von Calderone ausging. Es stimmte offenbar: der Mann verwandelte sich von einem Menschen in einen Dämon. Zamorra fragte sich, ob dieser Prozeß nicht rückgängig zu machen war. Rico Calderone war zwar ein Verbrecher, aber er war doch immerhin auch ein Mensch - gewesen! Unwillkürlich verglich Zamorra ihn mit Eysenbeiß oder Leonardo. Eysenbeiß war selbst als Herr der Hölle noch Mensch geblieben und Leonardo deMontagne hatte Dämon werden wollen. Bei Rico Calderone war das wahrscheinlich anders. So wie Zamorra diesen Mann kannte, liebte er zwar die Macht, wollte aber den Preis dafür nicht bezahlen.
Gab es noch eine Möglichkeit, die Verwandlung zu stoppen?
Zamorra wollte Calderone nicht töten müssen. Auch wenn der schon mehrfach versucht hatte, umgekehrt Zamorra umzubringen. Der Meister des Übersinnlichen war nicht rachsüchtig. Er versuchte zu verstehen, auch wenn viele ihm das als Schwäche auslegten; Freunde wie Feinde. Andere wie der Silbermond-Druide Gryf oder Rob Tendyke, oft genug sogar Zamorras Gefährtin Nicole Duval, waren da wesentlich kompromißloser, und Yves Cascal hatte sich gar zu einer Art rächendem Killer entwickelt, der auf seinem Weg zu Lucifuge Rofocale einen Dämon niederen Ranges nach dem anderen eiskalt getötet hatte - letzthin erfolglos, denn der Dunkle Lord hatte Lucifuge Rofocale getötet und damit Ombre seiner Rache beraubt.
Calderone, der Mörder Hinter Gittern hatte er wenigstens noch die Chance, sich zu läutern. Als Toter bekam er diese Chance niemals mehr.
Aber um eine Chance zu bekommen, durfte er kein Dämon werden!
Zamorra sah sich um. Wo war Amos, der ihn hierher teleportiert hatte?
Er erschnupperte nur einen Hauch von Schwefeldunst. Sid Amos selbst blieb verschwunden. Es sah so aus, als habe er Zamorra nur hier abgesetzt, um ihn dabei gegen Calderone zu stoßen, und war dann geflüchtet.
Das hätte verdammt ins Auge gehen können.
Zamorra sah die Szene jetzt, in der Erinnerung, viel deutlicher vor sich als vor ein paar Minuten, als er gerade hierher versetzt worden war. Er sah Calderone, der seine Pistole auf die Stirn einer jungen, dunkelhäutigen Frau gerichtet hatte. Den Finger am Abzug. Ein Schuß war gefallen.
Und jetzt sah Zamorra auch das Opfer.
Es lag am Boden.
Blutete aus einer Kopfwunde.
Es war Angelique Cascal, die Vampirin!
***
Asmodis wog Chancen und Möglichkeiten gegeneinander ab und beschloß, Zamorra erst einmal allein agieren zu lassen. Das war besser so. Gegenüber Angelique Cascal war Asmodis gehandicapt. Sie haßte und verabscheute ihn. Bewegte er sich in Zamorras Nähe, würde sie negativ reagieren. Das aber war nicht wünschenswert. Also war Asmodis, kaum daß er mit Zamorra hinter Calderones Rücken materialisierte und Angelique sah, sofort weiterteleportiert. Ohne den Meister des Übersinnlichen.
Natürlich zog er sich nicht aus der Aktion zurück.
Aber für ihn gab es andere Prioritäten.
Er suchte weder Angelique noch Calderone, sondern Ombre. Des 6. Amuletts wegen. Wo zum Himmelstor befand sich der ›Schatten‹? Befand er sich wirklich nicht mehr hier? Vielleicht, überlegte Asmodis, hatte er den falschen Weg beschritten, als er ausgerechnet Zamorra um Hilfe gebeten hatte. Er hätte wissen müssen, daß das immer Komplikationen mit sich brachte. Früher aus anderen Gründen als heute, aber immerhin!
Aus geraumer Entfernung beobachtete Asmodis das Geschehen. Er dachte nach.
Da war Angelique, die Vampirin.
Ombre suchte nach ihr, in der Hoffnung, sie von dem Keim befreien zu können.
Wo immer er auch suchte, er schien am falschen Ort zu sein. Aber möglicherweise
Weitere Kostenlose Bücher