0673 - Raumschiff Erde
können.
Wir wußten seit einiger Zeit, daß es den Laren gelungen war, Gerate zu bauen, mit denen es möglich war, aus der Gegenwart in die variable Zukunft des ATG-Feldes hinein vorzudringen. Wir hatten diese Geräte „Zeittaucher" genannt. Ihre Wirkungsweise war anschaulich nur schwer darzustellen. Wir hatten das modulierte ATG-Feld, das in seiner zeitlichen Distanz von der Gegenwart in statistischer, nicht vorhersehbarer Weise schwankte, anfangs für völlig undurchdringlich gehalten, weil im Augenblick des Durchdringens der genaue Abstand von der Gegenwart bis auf ein elementares Zeitquantum genau bekannt sein mußte. Die Laren hatten diese Schwierigkeit einfach umgangen, anstatt sich an ihr die Zähne auszubeißen. Ihre Lösung war bei all ihrer Primitivität so genial, daß sie uns Achtung abnötigte. Der larische Zeittaucher entfernte sich am Rande des ATG-Feldes um eine gewisse Strecke von der Gegenwart und verharrte in der Zukunft, bis die Feldfront ihn überrollte. Er suchte also nicht, sondern wartete, bis er gefunden wurde. Genau im richtigen Augenblick entwickelte der Zeittaucher sodann eine Energieentfaltung, die ausreichte, um ihn die Wandung des ATG-Feldes durchbrechen zu lassen.
Damit war unser Versteck in der Zukunft, das wir anfangs für völlig unauffindbar gehalten hatten, unsicher geworden. Unsere einzige Hoffnung bestand darin, daß es den Laren nicht gelingen würde, die Zeittaucher in Mengen zu produzieren, bevor die Erde sich über den Duo-Transmitter in Sicherheit gebracht hatte. In einem gewagten Vorstoß hatten wir die Fertigungsanlagen auf Olymp, wo die Zeittaucherproduktion eben anlaufen sollte, zerstört. Ob das die Laren daran hindern würde, in aller Eile an anderer Stelle eine zweite Installation dieser Art vorzunehmen, blieb dahingestellt. Auf jeden Fall war unsere Lage alles andere als rosig.
Als die SISTINA sich dem Zielsektor näherte, bekamen wir die ersten Anzeichen der Raumschlacht zu sehen. An verschiedenen Stellen inmitten der Schwärze des Alls waren neue, grelle Sterne entstanden - die Glutbälle unserer Transformgeschosse, in deren sonnenheißem Innern feindliche Raumschiffe zergingen. Aus einer Entfernung von wenigen Lichtminuten waren die wirbelnden, leuchtenden Trichter zu erkennen, durch die die SVE-Raumer der Laren die zur Erstellung ihrer Hülle benötigte Energie direkt aus dem Hyperraum absaugten.
Wir verfolgten die Kommunikation zwischen den Einheiten der 18. Zerstörerflotte, die als erste Feindberührung gehabt hatte, und entnahmen ihr, daß unsere Zerstörer mit den Eindringlingen nicht allzu viel Mühe hatten. Es war gelungen, den Feind auf einem eng begrenzten Gebiet zu isolieren. Er hatte nicht, wie es ursprünglich seine Absicht gewesen war, ins Innere des Sonnensystems vorstoßen können. Das ATG-Feld hatte sich nach den ersten Schockstößen der Zeittaucher rasch wieder stabilisiert. Die Eindringlinge waren in der Zukunft gefangen. Sie konnten nicht wieder zurück, und damit war ihr Schicksal besiegelt - es sei denn, es gelang ihnen, den Einschließungsring unserer Zerstörer zu durchbrechen und irgendwo in der Weite des Sonnensystems ein Versteck zu finden.
Es sah so aus, als hätte ich meinen Ausflug umsonst unternommen. Am Ort des Kampfes wurde die SISTINA nicht gebraucht, und bislang gab es keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Feind etwa eine neue Waffe einsetze, für die ich mich hätte interessieren können. Ich überlegte, ob ich den Befehl zum Umkehren geben sollte. Da sagte Efrem Marabor plötzlich: „Da stimmt etwas nicht, Sir! Ich wollte, Sie würden sich das mal ansehen."
*
Auf einem der Orterschirme war weit abseits des Geflimmers, das im eigentlichen Zielsektor herrschte, ein winziger, verwaschener Punkt zu erkennen. Man mußte die Augen schon gehörig anstrengen, um ihn überhaupt wahrzunehmen. Seiner geringen Intensität wegen hatte der Autopilot ihn offenbar als nicht beachtenswert kategorisiert. Hinzu kam, daß der matte Punkt relativ zur Sonne stillzustehen schien. Er nahm nicht an den Bewegungen der kämpfenden Raumschiffe teil.
„Das Ding ist fünfzig Lichtsekunden von uns entfernt", knurrte Marabor. „Wenn es aus Metall oder Gestein besteht, kann es nicht mehr als zehn Meter Durchmesser haben. Zu klein für ein Raumschiff, und ein Asteroid treibt sich auch nicht in dieser Gegend herum."
Er sah mich auffordernd an, als erwarte er von mir eine Erklärung des merkwürdigen Vorgangs. Ich tat ihm nicht
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