0673 - Raumschiff Erde
den Gefallen.
„Ein Raumschiff aus Metall oder Gestein ist es also nicht", resümierte ich seinen eigenen Gedankenvorgang. „Was also sonst?"
Er zuckte mit den schmalen Schultern. Ein bärbeißiges Grinsen huschte über das zerfurchte Gesicht.
„Ein Raumschiff aus Holz vielleicht?"
Mir kam plötzlich ein Verdacht. Nein, hölzerne Raumschiffe gab es nicht. Aber die Durchsichtigkeit, die Holz für einen Tasterstrahl besitzt, kann auch auf andere Weise erzeugt werden. Es gab nur eine Möglichkeit, zu ermitteln, ob mein Verdacht begründet war oder nicht.
„Wir sehen uns das Ding aus der, Nähe an!" entschied ich.
„Machen Sie den Autopiloten auf das neue Ziel aufmerksam."
Marabor wollte die entsprechenden Schaltungen vornehmen, da geschah das völlig Unerwartete. Der große Hyperkom-Bildschirm im vorderen Rund des Kommandoraums flammte plötzlich auf. Ein gestochen scharfes Bild, das von einem in unmittelbarer Nähe stehenden Sender kommen mußte, erschien, und die Mitte des Bildes wurde von einem in goldstrotzende Phantasieuniform gekleideten Mann eingenommen, der die eigenartige Statur der Überschweren besaß: Säulenbeine, eine Körperhöhe von nicht mehr als einem Meter siebzig, mit Schultern, die nahezu ebenso breit waren, wie der Mann in der Höhe maß. Das lang herabwallende, zu Zöpfen geflochtene Haar wies ihn als einen jener Verwandten des galaktischen Springer-Volkes aus, die sich früh in der Geschichte ihrer Art auf Planeten mit extrem hoher Schwerkraft angesiedelt hatten und im Laufe zahlloser Generationen den Bedingungen ihrer neuen Heimat entsprechend mutiert waren.
„Ich stelle mich euch vor!" dröhnte die Stimme des Überschweren aus den Empfängern. „Seit dem Tode des Großen Eymontop, den ihr Schmarotzer vom Volk der Terraner heimtückisch ermordet habt, war der Sitz des Zweiten Vesyr der Pariczanischen Flotte verwaist. Er ist es nicht mehr. Ich, Myrianad aus der Sippe der Varczenen, bin der Zweite Vesyr.
Und ich bin gekommen, mitten durch euren lächerlichen Zeitschirm hindurch, um euch diese Botschaft des Ersten Hetrans der Milchstraße auszurichten: In wenigen Tagen, so läßt Leticron euch wissen, wird die Pariczanische Flotte auf breiter Front euren Zeitschirm durchdringen und zum letzten Angriff auf die schmutzige Zentralwelt der Terraner antreten. Daß das Zeitfeld uns kein Hindernis bedeutet, erkennt ihr daran, daß ich in diesem Augenblick zu euch spreche. Nachdem Leticrons bisherige Friedensangebote von den Terranern in ihrer geistigen Umnachtung zurückgewiesen wurden, halt der Erste Hetran den Zeitpunkt für gekommen, in dem auf ungerechtfertigte Milde verzichtet werden muß. Die Pariczanische Flotte wird sämtliche Planeten des Sonnensystems vernichten und Sol selbst in eine Nova verwandeln. Das, was von dem nutzlosen Volk der Terraner danach noch übrigbleibt, werden wir aufsammeln, falls damit nicht zuviel Mühe verbunden ist. Die Überlebenden werden ihres freien Willens beraubt und erhalten Sklaven-Status. Man wird sie auf Urwelt-Planeten absetzen und sie sich dort selbst überlassen. Das Volk der Terraner wird aufhören zu existieren, und die Galaxis unter der Führung des Großen Leticron in ein neues goldenes Zeitalter eintreten.
Das, Terraner, war es, was ich euch sagen wollte. Ihr habt nur noch ein paar Tage Zeit, euer verbrecherisches Leben fortzusetzen. Dann komme ich, der Zweite Vesyr der Pariczanischen Flotte, und mache euch den Garaus!"
Der Bildschirm erlosch. Aber noch nach Sekunden starrten wir alle wie hypnotisiert auf die große Bildfläche.
Es fiel mir schwer, zu glauben, daß sich die groteske Szene, an die ich mich erinnerte, wirklich abgespielt hatte. Nur mit Mühe löste ich mich aus der Starre. Dann aber ergab alles plötzlich einen furchtbaren, teuflischen Sinn. Mit einem Schlag hatte ich das Manöver der Überschweren durchschaut.
„Marabor!" bellte ich.
„Sir!"
„Kurs auf den matten Reflexpunkt - mit höchster Beschleunigung!"
4.
Die SISTINA war ein schnelles Raumschiff, aber ein Kurswechsel, bei dem der alte und der neue Kursvektor zwischen sich einen Winkel von mehr als fünfzig Grad einschlossen, erforderte auch bei ihr seine Zeit. Um die Ausführung der einzelnen Manöver brauchten wir uns nicht zu kümmern, das machte der Autopilot rascher und exakter, als je ein Mensch es vermocht hätte. Wir hatten Zeit, uns auf den matten Ortreflex zu konzentrieren.
„Er fliegt mit einer Art Ortungsschutz", erläuterte ich meinen
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