0673 - Raumschiff Erde
plötzlich zu wissen, was Marabor sich überlegte.
Natürlich - es gab nur diese einzige Erklärung. Myrianad hatte zwar seine Leute ins Verderben geführt, aber für sich selbst hatte er einen Ausweg offengelassen.
Die SISTINA schloß weiter auf. Die Entfernung zwischen den beiden Fahrzeugen betrug nur noch wenige Lichtsekunden. Ich ließ die Beschleunigung drosseln, so daß wir mit annähernd gleichen Fahrtwerten hinter dem Walzenraumer herschossen.
Der Hyperkom war aktiviert. Wir hatten zuvor Myrianads Sendefrequenz ermittelt und nahmen als sicher an, daß er auf derselben Frequenz auch empfangen konnte.
„Hier spricht einer aus dem nutzlosen Volk der Terraner", sagte ich, als mir der Kom-Prozessor das Freizeichen gab.
„Wenigstens habt ihr uns so genannt. Ich mochte wissen, warum das Großmaul Myrianad, das uns in wenigen Tagen zu vernichten beabsichtigt, vor einem so kleinen terranischen Raumschiff ausreißt. Stell dich, du Feigling, wenn nicht die ganze Galaxis über dich lachen soll!"
Myrianad hielt mich einer gesprochenen Antwort anscheinend für unwürdig. Die Szene mußte ihm peinlich sein. Mein Sender war zwar nicht auf solch hohe Leistung geschaltet wie vorhin der seine. Auf der Erde würde man mich wahrscheinlich nicht mehr empfangen können. Aber dort drüben, wo der Kampf tobte, vielleicht zwanzig Lichtminuten entfernt, war ich sicher noch deutlich zu hören.
Eine Antwort anderer Art bekam ich allerdings doch noch. Vor uns, wo sich das fliehende Raumschiff des Überschweren befinden mußte, glühte es plötzlich auf. Im selben Augenblick begannen die Paratronschirme der SISTINA dunkelrot zu glühen.
Aus dem Generatorenraum klang ein helles, vibrierendes Summen. Myrianad hatte das Feuer eröffnet. Ich dankte ihm mit zwei Desintegratorsalven, die sein Schiff für einige Sekunden in eine glühende Fackel verwandelten. Natürlich hatte ich nicht die Walzenzelle des pariczanischen Schiffes selbst getroffen, sondern nur sein Schirmfeld. Aber der Effekt war trotzdem bedeutend stärker als der, den Myrianads Salve erzeugt hatte.
An dieser Stelle wurde unser Geplänkel unterbrochen. Etwas Verwirrendes geschah. Vor uns schien ein Gewitter aufzuziehen, ein elektrischer Sturm inmitten der Leere des Weltraums! Blitze zuckten auf und spalteten die Finsternis. Unser Autopilot schlug Alarm, als seine Sensoren die ungewöhnlich heftigen Ausstrahlungen der fremdartigen Erscheinungen registrierten.
Die Entladungen wurden immer dichter und folgten immer rascher aufeinander, bis schließlich unmittelbar vor uns eine gleißende, zuckende Wand aus grellem Licht zu stehen schien.
Der Autopilot hatte längst von sich aus auf die seltsame Erscheinung reagiert und auf Gegenbeschleunigung geschaltet.
Er konnte die Vorgänge, die sich dort abspielten, nicht analysieren und mußte sie daher für gefährlich halten. Er suchte zu verhindern, daß die SISTINA die Grenze des Raumsektors überschritt, in dem die Entladungen stattfanden.
Für einige Sekunden wurde inmitten des allgemeinen Durcheinanders das Raumschiff des Pariczaners sichtbar. Es erschien als winziger, schwarzer Punkt inmitten der Hölle der zuckenden Blitze. Mit rasender Geschwindigkeit entfernte es sich von uns. Und plötzlich war es verschwunden. Die Instrumente registrierten eine hypergravitatorische Schockwelle, unter deren Wucht einige Sicherungen durchgingen. Die Luft im Kommandostand der SISTINA schien vor statischer Elektrizität zu knistern. Vor uns löste sich das grelle Leuchten wieder in einzelne Entladungen auf, die blitzähnlich durch die Schwärze fuhren und nach uns zu greifen schienen. Sie wurden jedoch rasch schwächer und seltener, und nach wenigen Minuten lag die Schwärze im Innern des Antitemporalen Gezeitenfeldes wieder so dicht um uns wie zuvor.
Ich gab mich über die Tragweite der Erkenntnis, die wir soeben gewonnen hatten, keiner Täuschung hin. Bislang war es immer mehr wie ein Zufall erschienen, wenn der Feind mit Hilfe des Zeittauchers wieder einmal den Weg ins Innere des ATG-Feldes fand. Kein einziges Mal war es ihm bisher gelungen, das Feld in gezielter Weise wieder zu verlassen. In fast allen Fällen waren seine Fahrzeuge bis auf die letzte Einheit von unseren Abwehrstreitkräften aufgerieben worden.
Myrianads Manöver jedoch eröffnete eine neue Ära.
Anscheinend war es den Zeittauchern nun möglich, planvoll zu arbeiten und einen Strukturriß in der Wandung des ATG-Feldes immerhin ungefähr zu einem vorausbestimmten
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