0674 - Im Höllenloch
Hindernis. Es lag bereits dicht über dem Grund, so daß ich einen Sprung bereits riskieren konnte. Ich schaute noch einmal nach unten.
Dann stieß ich mich ab!
Unwillkürlich schrie ich auf, als ich in die Tiefe raste. Ich hoffte nur, daß der Dschungelboden weich genug war; um meinen Aufprall abfangen zu können.
Ich gab dem Widerstand nach und drückte mich voran, wobei ich mich gleichzeitig überrollte.
Durch hohes, feuchtes Gras glitt ich hinweg, schmierte über den Boden und prallte mit der rechten Schulter gegen einen querliegenden Baumstamm.
Das war es gewesen!
Ich blieb nicht liegen, setzte mich hin und rieb mir die Schulter. Wenn ich drückte, schmerzte es stärker als bei einer Bewegung.
Als ich hochschaute und die Entfernung sah, aus der ich gefallen war, bekam ich einen nicht gelinden Schreck wegen der doch sehr großen Höhe.
Mit der rechten Hand stützte ich mich auf, bevor ich wieder auf die Beine kam. Die ersten Gehversuche machten mich zufrieden. Zwar spürte ich in den Knien eine gewisse Schwäche, die aber verschwand sehr bald, als ich mich an meine neue Lage gewöhnt hatte.
Auch wenn die Sonne kaum sichtbar war und eine Luft herrschte wie in der Sauna, wußte ich doch, in welche Richtung ich gehen mußte, um den Gleiskörper zu erreichen.
Wenn mir jemand vor einigen Tagen in der Schweiz gesagt hätte, daß ich mich bald durch den indischen Dschungel schlagen mußte, dann hätte ich ihn ausgelacht.
Zum Glück besaß ich festes Schuhwerk, auch wenn es keine Stiefel waren, die mir besser gestanden hätten. Ich kämpfte mich regelrecht weiter, denn Pfade und Wege gab es nicht. Es war ein einziger Wirrwarr aus Zweigen, Lianen, Blumen und Blüten. Eine Welt für sich.
In meiner Umgebung raschelte und scheuerte es. Seltsame Laute erreichten meine Ohren. Schrilles Kreischen, dann wieder ein Tacken, als würden kräftige Schnäbel gegen irgendwelche Äste schlagen. Mal heulte ein Tier so auf, als wäre ein Dämon in der Nähe. Sie direkt zu Gesicht bekam ich nicht.
Ich dachte auch an die indischen Tiger, von denen manche schon Menschen gerissen hatten. Ob sie in dieser Gegend zu finden waren, wußte ich nicht. Meiner Ansicht nach hielten sie sich dort verborgen, wo keine Eisenbahn ihren Lebensraum zerschnitt.
Der Gedanke an die Bahn gab mir wieder neue Kraft. Ich versuchte, schneller zu gehen, obwohl es mir schwerfiel, denn das auf dem Boden wachsende Flechtwerk erinnerte mich des öfteren an ausgelegte Fußangeln, die mich immer wieder zurückhalten wollten.
So manches Mal riß ich mich frei, war sehr mit meiner eigenen Umgebung beschäftigt und konnte deshalb nicht sehen, was sich noch in meiner Nähe tat.
Gesichter hinter Buschwerk. Augen, die mich nicht losließen. Lippen, die leise Worte flüsterten, die anderen Menschen in der Nähe galten. Man hatte mich unter Kontrolle.
Ich aber sah plötzlich die etwas hellere Wand vor mir. Ein Zeichen, daß der Dschungel sich auflockerte. Und da mußte sich der Gleiskörper befinden.
Es dauerte noch Minuten, bis ich auch das letzte Hindernis überwunden hatte.
Dann sah ich das Gleis.
Ich fühlte mich plötzlich super. Von nun an ging es voran. Ich brauchte nur den Gleisen zu folgen, um den nächsten Ort zu erreichen.
Auch wenn der Marsch nicht sehr lange gedauert hatte, fühlte ich mich doch irgendwo erschöpft. Es lag auch an der drückenden Luft und den Strahlen der stechenden Sonne, die nach wie vor unbarmherzig brannte.
Über den Gleisen flimmerte die Luft. Leider besaß ich keine dunkle Brille.
Die Gefahr traf mich wie eine eiskalte Dusche. Sie war da, ich sah sie nicht, ich spürte sie nur. Meine Sinne meldeten Alarm. Ich kreiselte herum, der Griff zur Beretta war rein automatisch, da segelte schon etwas an meinem Gesicht vorbei und umschlang eine Sekunde später meinen Körper.
Eine Schlinge!
Ich hatte die Hände drin. Sehr hart wurde sie von kräftigen Händen zugezogen, und der zweite Ruck schleuderte mich zu Boden.
Im Fallen noch sah ich sie wie kleine Teufel aus dem Grün des Dschungels kommen. Zahlreiche Männer, bewaffnet mit Gewehren, Macheten und Messern.
Ihre Gesichter waren nicht zu erkennen, weil grell bemalte Dämonenmasken sie verdeckten. Ich schaffte es noch, mich aufzurichten und wollte einen Versuch starten, die Schlinge zu lösen.
Es blieb dabei.
Jemand schwang seinen Gewehrkolben. Wie ein Pendel fuhr er von unten nach oben.
Der Treffer gegen mein Kinn schleuderte mir den Kopf zurück. Noch bevor ich
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