0674 - Im Höllenloch
euch zu sagen, wie es weitergeht. Wer auf unsere Warnungen nicht hört, der muß sterben. Schon in Benares wußtest du es.«
Mandra verlor seine Ruhe nicht. »Eine Frage mal. Wollt ihr uns hier töten? Hier im Wagen?«
»Nein, wir fahren noch ein Stück. Der Zug wird einmal kurz halten, dann fährt er weiter, und eine halbe Stunde später sind wir in Gaya. Dort warten eure Gräber.«
»Wie werden wir sterben?«
»Das entscheidet der Götze. Leicht werden wir es euch nicht machen. Ihr habt euch gegen uns gestellt. Wir wollen nicht, daß Fremde nach Gaya kommen.«
»Wir wollten nur das Grab des großen Buddha besuchen.«
»Was ist das schon gegen uns? Wir haben die Stadt unter unsere Kontrolle genommen. Was dort geschieht, bestimmen wir. Und wir wählen aus, wer hinein darf und wer nicht. Das Grab des Buddha befindet sich in unserer Hand. Denk an die Totenfeuer. Wenn sie leuchten, ist unsere Stunde gekommen.«
»Ich habe es gehört und verstanden. Sag mir noch eines. Was ist mit unserem Freund?«
»Der ist tot.«
»Bestimmt.«
»Glaube es mir.« Der Bärtige lachte und zog sich mit seinem Kumpan zurück.
Kaum hatten die beiden die Tür wieder geschlossen, als Suko seine Fragen stellte.
Mandra gab ihm die nötigen Antworten und schlug vor, mit der Befreiung zu beginnen.
»Wie sieht es mit deinen Waffen aus? Hast du sie noch?«
»Nein, die Dolche sind weg.«
»Gratuliere«, erwiderte Suko sarkastisch. »Meine Waffen sind auch verschwunden. Bis auf den Stab. Damit konnten sie wohl nichts anfangen, aber ich auch nicht mehr.«
»Wir werden wohl gleich halten. Das ist die letzte Station vor Gaya. Ich weiß nicht, ob sie während des Stopps hierherkommen werden. Wir sollten mit unseren Bemühungen noch etwas warten.«
»Wie du willst.«
Der Zug verlor tatsächlich an Geschwindigkeit. Von den andern Reisenden hörten wir nichts, denn der Gepäckwagen bestand aus dicken Holzbohlen, die kaum einen Schall durchließen.
Bremsen traten in Aktion. Räder glitten quietschend über die Schienen. Der Zug ruckte dabei mehrmals. Jeder Reisende bekam das mit.
Auch im Gepäckwagen bewegten sich die dort abgestellten Waren.
Zwar hatten sich die Kerle mit den Stricken viel Mühe gegeben, aber durch die heftigen Bewegungen und das gleichzeitige Stoßen der Gefangenen lockerten sie sich und begannen zu rutschen.
Besonders in der Höhe des Bauches. Suko probierte aus, ob er die Schulter drehen konnte, um da eine erste Lücke zu finden. So könnte er aus der Schlinge hinausschlüpfen.
Es klappte nicht.
Ein letzter Stoß, dann die schnelle Gegenbewegung, und der lange Zug stand.
Sie hörten die Stimmen der Ein- und aussteigenden Passagiere wie ein dumpfes Rauschen durch die Bretter des Wagens klingen. Klopfende Geräusche erklangen, dann heulte ein Signalhorn der Lok.
Es war kaum verklungen, als sich Mandra erkundigte, wie es bei Suko aussah.
»Nicht mehr so schlecht.«
»All right, bei mir auch nicht.«
»Wir machen weiter, wenn wir fahren.«
»Alles klar.«
Jemand riß die Tür auf. Es war keiner der Leibwächter des beinlosen Götzen, sondern ein Mann in Uniform, der den Gepäckwagen betrat und so tat, als wären die beiden Gefangenen nicht vorhanden.
Er leuchtete noch mit seiner Taschenlampe, bis er die richtige Kiste gefunden hatte, die er dann aus dem Wagen schob.
Es machte auch keinen Sinn, ihn anzusprechen. Er würde nichts sagen und zudem die Augen verschließen.
Aber er kehrte wieder zurück, um eine weitere Kiste zu holen. Diesmal schaute er Mandra direkt ins Gesicht und verzog die Lippen zu einem Grinsen.
»Viel Spaß«, sagte der Inder.
»Ja, bestimmt. Ihr auch.« Der Schaffner sprach die englischen Worte guttural aus.
Wenig später war er verschwunden und kehrte auch kein drittes Mal zurück. Draußen blieb das Palaver. Dann schlugen Türen. Die dumpfen Geräusche waren auch für die Gefangenen zu hören.
Suko dachte an John Sinclair und sprach dann mit seinem indischen Freund über den Geisterjäger.
»Glaubst du tatsächlich, daß er verschwinden konnte?«
»Was spricht dagegen?«
»Die Lage.«
»John hatte es besser. Und sehr sicher waren die beiden Kerle auch nicht, was sein Schicksal angeht. Wenn er schlau gewesen ist, hat er den verdammten Zug verlassen.«
»Und schlägt sich durch den Dschungel.«
»Er hat es jedenfalls besser als wir.«
Wieder bewegte sich der Zug. Gleichzeitig schrillte die Pfeife als Abfahrtssignal. Suko und Mandra hatten sich bereits darauf eingestellt. Sie
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