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0676 - Die Höhle des Grauens

0676 - Die Höhle des Grauens

Titel: 0676 - Die Höhle des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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geraumer Zeit ohnehin nicht mehr so perfekt wie einst, als sich noch das künstliche Bewußtsein »Taran« in ihm befunden hatte.
    Wenn Zamorra das Amulett nicht rief, konnte das also durchaus bedeuten, daß er wußte, es könne ihm in dieser Situation nicht helfen.
    Obgleich das recht unwahrscheinlich ist. Möglicherweise ist er einfach nur zu weit vom Amulett entfernt, dachte Nicole pessimistisch. Immerhin hatten sie nie ausprobiert, wie groß die Reichweite des Rufes tatsächlich war.
    Aber das war auch nur eine von tausend Möglichkeiten.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Nicole, daß Ted sie beobachtete, und legte mit einer entschlossenen Handbewegung das Amulett auf einen kleinen Tisch.
    »Laß uns was essen«, sagte sie dann. »Vielleicht lenkt mich das ein bißchen ab.«
    Doch das dumpfe Gefühl der Beklemmung wich nicht, während Nicole lustlos in ihrem Essen stocherte. Im Gegenteil, es steigerte sich, bis sie sich eingestehen mußte, daß sie Angst hatte; Angst, ihren Gefährten nie wiederzusehen.
    ***
    »Was ist los?« fragte Zamorras Begleiterin erschrocken, als er vor ihr zurückwich.
    Er antwortete nicht. Eine Flut von Informationen und Fragen stürmte auf ihn ein. Mit der Erkenntnis, daß die Chinesin ein Vampir war, kam auch die Erinnerung an seine Jagd auf solch dämonische Kreaturen.
    Und dennoch hatte diese Kreatur ihn Geliebter genannt und sich, zumindest bis jetzt, nicht feindselig gezeigt! Außerdem schien ihr das Tageslicht keine Schwierigkeiten zu bereiten. Was ging hier vor?
    Mühsam zwang Zamorra seine Gedanken zurück in die Gegenwart. Er schuldete seiner Begleiterin, die ihn mit wachsender Besorgnis ansah, eine Antwort.
    »Ich dachte nur gerade«, sagte er ausweichend, »daß ich mich vielleicht nicht genügend vorbereitet habe. Ich…«
    Seine Begleiterin schüttelte lächelnd den Kopf und ergriff erneut seine Hand. Zamorra unterdrückte den Drang, sie wegzuziehen.
    »Natürlich wird es nicht einfach werden, Geliebter, du bist der einzige Fremde unter uns und strebst doch nach einer so hohen Position. Viele möchten, daß du scheiterst. Aber du bist den anderen überlegen. Das darfst du nie vergessen.«
    Zamorra hörte ihr kaum zu, denn sein Blick war auf zwei Kameltreiber gefallen, die ihre schwer beladenen Tiere mit leichten Stockhieben die Straße herunter trieben. Die beiden Männer schienen bester Laune zu sein, denn sie unterhielten sich mit so breitem Grinsen, daß man ihre spitzen Eckzähne deutlich sehen konnte.
    Es sind alles Vampire, so wie auf dem Bild. Eine Stadt voller Blutsauger, drang eine lautlose Stimme aus Zamorras Erinnerung hervor. Unwillkürlich fuhr der Dämonenjäger mit der Zungenspitze über seine eigenen Zähne und stellte mit Erleichterung fest, daß er selbst kein Vampir war. Und trotzdem tolerierte man seine Anwesenheit? Warum versuchte keiner der Bluttrinker, ihn anzugreifen? Warum verneigten sie sich sogar oder grüßten zumindest freundlich?
    Zamorra ließ sich von seiner Begleiterin zurück auf die Straße führen und hing seinen Gedanken nach. Er benötigte Antworten auf Fragen, die er nicht stellen durfte. Es gab so vieles, was er nicht wußte, aber doch dringend erfahren mußte. Er kannte ja noch nicht einmal den Namen der Frau, die ihn zu seinem großen Unbehagen ständig als Geliebter ansprach.
    Der Dämonenjäger konzentrierte sich so intensiv auf diese Fragen, daß er die Stadt erst bemerkte, als er ihr weit geöffnetes Haupttor durchschritt. Einige Soldaten, die auf der Stadtmauer Wache hielten, winkten ihm freundlich zu, als sie ihn erkannten. Zamorra bemühte sich nicht mehr, auf ihre Eckzähne zu achten. Er hatte keinen Zweifel, daß es sich auch bei ihnen um Vampire handelte.
    Die dicht bevölkerten, schmalen Straßen machten es ihm und seiner Begleiterin schwer, voranzukommen, gaben Zamorra jedoch die Gelegenheit, sich umschauen zu können, ohne daß seine Neugier auffiel.
    Allem Anschein nach war diese Stadt der Vampire nicht gerade arm. Die Balken und gebogenen Dächer der zumeist zweistöckigen steinernen Gebäude waren mit Schnitzereien verziert und bunt bemalt. In den unteren Stockwerken befanden sich Geschäfte, deren Auslagen prall mit Waren gefüllt waren. Zamorra sah Juweliere, Steinmetze, Schmiede und Schreiner, die keine Gegenstände des täglichen Lebens zu verkaufen schienen, sondern nur kunstvoll gestaltete Besonderheiten vor ihren Werkstätten aufgestellt hatten. Die profaneren Dinge des Lebens erstand man wohl auf dem Marktplatz,

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