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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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um den Hals zu legen und ihn zu töten - und danach die anderen in Ruhe zu lassen.
    Aber sie tat es nicht.
    Sie hatte ihn ignoriert, bis zu diesem Moment. Sie hatte ihn verschont. Ihn als einzigen. Ihn, der allein die Schuld daran trug, daß es soweit gekommen war.
    Längst bereute er sein Tun.
    Es war ein unverzeihlicher Fehler gewesen, die Menschen gegen Yaga aufzuhetzen. Warum hatte er es getan? Er mußte besessen gewesen sein. Besessen von seiner Arroganz. Die anderen hatten dafür bezahlt.
    Und er, der Schuldige, lebte noch.
    Er stand an der Tür der kleinen Kirche und erwartete die immer noch nackte Rächerin, die Vernichterin. Er bereute längst, was er getan hatte, aber es gab keine Absolution. Andere waren für seinen Größenwahn gestorben, und er lebte noch!
    Er hatte die Menschen, die ihm vertraut hatten, verraten.
    Er hatte sie Gottes Wort gelehrt, aber selbst nicht danach gehandelt. Und Gott hatte ihn gestraft, indem er ihm all diese Menschen nahm und sie von der Hexe Yaga niedermetzeln ließ. Ihn, der sich angemaßt hatte, zum Priester Gottes zu werden.
    Da kam sie heran, die Hexe, erreichte ihn. Der Ofen, nicht einmal mehr eine Karikatur der Rüstung des glaubensbringenden Fürsten Wladimir, verharrte auf seinen - Hühnerbeinen! Und Yaga, die Hexe, stieg ab und kam in unheilvoller Langsamkeit auf ihn zu.
    »Nun bist du ganz allein, Sergej, Druide vom Silbermond«, sagte sie kalt. »Nun hast du niemanden mehr, den du gegen mich aulhetzen kannst. Was wirst du nun tun, Sergej? Sterben vielleicht?«
    »Vielleicht«, sagte er langsam.
    »Nein. Das wäre zu einfach. Ich gebe dir eine Chance. Eine, die das Einhorn nicht hatte, und die auch die Menschen nicht hatten, die ich dafür tötete. Du darfst um dein Leben kämpfen. Vielleicht kannst du ja wenigstens das selbst.«
    Er starrte sie an.
    »Du spielst nur mit mir«, sagte er. »Warum?«
    »Warum hast du mit mir gespielt? WEHR DICH!« Und im gleichen Moment griff sie ihn bereits an, mit ihrer Magie, gegen die er mit all seiner Druiden-Kraft nicht die geringste Chance hatte.
    ***
    Und dann, irgendwann später, nach einer fast unendlich langen Zeit, war er doch noch nicht tot, und doch hatte die Hexe Yaga von ihm abgelassen.
    Sie ritt davon. Sie ignorierte einfach, daß er noch am Leben war. Es interessierte sie nicht mehr - oder hielt sie ihn schon für tot, weil er so reglos dalag?
    Sie hatte tatsächlich mit ihm gespielt. Er hatte nie eine Chance gehabt, gegen sie zu bestehen.
    Er wäre lieber tot gewesen. Daß sie ihn nicht umbrachte, war schlimmer als alles andere. Wie konnte er mit der Schuld, die er auf sich geladen hatte, weiterleben?
    Vielleicht war ihr Spiel auch noch gar nicht beendet, fuhr es ihm durch den Kopf. Vielleicht handelte sie wie eine Katze, die der Maus auch einen Hoffnungsschimmer gibt. Sie losläßt, sic ein paar Meter laufen läßt, um dann, wenn die Maus schon sicher ist, entkommen zu sein, ihr nach einem schnellen gewaltigen Sprung abermals die scharfen Krallen in den Leib zu schlagen!
    Er versuchte, sich zu erheben, und konnte es nicht.
    Ringsum stand kein Stein mehr auf dem anderen.
    Die Häuser brannten nicht mehr -sie existierten überhaupt nicht mehr! Sie waren in den tobenden Gewalten des magischen Zweikampfs einfach zerpulvert worden, ganz nebenbei und unbeabsichtigt.
    Doch der Himmel war düster von den Rauchwolken der Vernichtung. Dennoch sah Sergej, wie Yaga auf dem bizarren Ofen zu ihrem Haus ritt. Dort angekommen, zeigte sie, daß ihre Kraft noch längst nicht erschöpft war. Denn auf einen unhörbaren Befehl hin bewegten sich die Schädel der Toten, die Yaga ausnahmslos und ohne Ansehen der Person gemordet hatte. Die Köpfe rollten ihrem Haus entgegen. Yaga nahm sie, wie sie nacheinander eintrafen, und steckte sie auf die zugespitzten Pfähle des Zaunes, der ihr kleines Haus umgab.
    Mit einem weiteren Zauber ließ sie die Kadaver der von den Menschen getöteten Hühner verdorren und verfaulen, so daß nur die Knochen übrigblieben. Verstreut in dem kleinen Garten.
    Und noch etwas geschah, das fast über Sergejs Verstand ging. Das Haus selbst erhob sich ebenfalls auf Hühnerbeine. So wie der Ofen, das abstruse neue Reittier der Hexe.
    Das Haus mit Hexe, Ofen, Knochen und Umzäunung bewegte sich. Es verließ den Ort des Sterbens und verschwand in der Ferne.
    An diesem verhängnisvollen Tag wurde ein Mythos geboren. Die Geschichte von der Hexe Yaga mit ihrem Haus auf Hühnerbeinen, ihrem Ofen und dem Fangeisen. Yaga, die

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