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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verwüstet.
    Sie konnte kaum etwas dagegen tun. Sicher hätte sie die magische Barriere verändern können, mit welcher sie den Silbermond-Druiden fernhielt, der sie mit ihr unverständlichem Haß verfolgte. Sie hätte dafür sorgen können, daß auch die Menschen nicht mehr nahe genug herankamen, daß die Steine zurückflogen…
    Aber sie verzichtete darauf. Sie wollte doch mit ihnen leben, nicht gegen sie kämpfen. Und wenn sie ihre Magie benutzte, wurde alles nur viel schlimmer, dann lieferte sie praktisch den Beweis für das, was der Druide den Menschen einflüsterte. Manchmal fragte sie sich, ob er wirklich vom Silbermond stammte, und wenn, was seinen Geist vergiftet haben mußte. Sein Einfluß auf die Dorfbewohner war enorm. Sie aber konnte nicht mehr mit ihnen reden, um ihre Ängste zu zerstreuen, ihnen den Haß zu nehmen. Denn sie hörten ihr gar nicht zu, sie wandten sich ab, wenn sie kam, und verriegelten ihre Türen. Sie hätte Magie einsetzen müssen, um etwas zu bewirken.
    Aber das hielt sie für falsch. Sie wollte sich nicht auf das Niveau des Druiden hinab begeben.
    So mußte sie mit dem Terror leben.
    Damit, daß das im Stall gehaltene Einhorn, für die Dorfbewohner nur ein Pferd, geschlagen wurde, obgleich das wunderbare Fabeltier doch überhaupt nichts mit dem zu tun hatte, was man der Hexe vorwarf.
    Damit, daß in einer anderen Nacht ihre Ziegen geschlachtet wurden.
    Damit, daß tagsüber aufgehetzte Kinder Yaga mit Kot bewarfen, sobald sie sich im Freien zeigte.
    Eines Morgens stellte sie fest, daß man ihren Hühnern die Hälse umgedreht hatte. Die Kadaver lagen überall ums Haus herum verteilt. Der Stall war zerstört.
    Ahnungsvoll sah sie sich weiter um, und ihre Sorge bestätigte sich. Zu ihrem Entsetzen fand sie den Pferdestall verlassen vor.
    Die verdammte Bauernbrut hatte ihr Pferd entführt!
    Ihr Einhorn!
    Voller Angst sucht sie es.
    Sie brauchte nicht weit zu laufen. Sie fand es an dem Platz, auf welchem die Dörfler die Ritterrüstung aufgestellt hatten. Es war mißhandelt worden und dem Tode nahe. Die Menschenbrut hatte es übel zugerichtet.
    Erschüttert blieb Yaga vor dem Fabelwesen stehen. Es hatte Mühe, sie zu erkennen und gab leise Klagelaute von sich. Furchtbare Wunden zeichneten den geschundenen Körper.
    Yaga kniete neben dem Einhorn nieder. Wie mußte es sich gewehrt haben! Wesen seiner Art ließen sich nicht so einfach besiegen! Schon gar nicht von Menschen. Aber es war ihnen gelungen, diesen Bestien!
    Ungeheuer, die sich an Unschuldigen vergriffen!
    Zuerst die Blumen. Dann die Ziegen, nun die Hühner und als Gipfel der Brutalität das Einhorn.
    Selbst wenn sie es nur für ein Pferd halten konnten - es minderte das Unrecht nicht! Das ›Pferd‹ hatte ihnen doch gar nichts getan!
    Es hatte nur den tödlichen Fehler begangen, zu der Hexe zu gehören.
    Natürlich - sie hätte das Dorf schon längst verlassen können. Dann wäre all das hier nicht geschehen. Aber sie hatte ausgehalten, hatte gehofft, daß die Menschen irgendwann wieder zur Vernunft kamen. Aber das war nicht geschehen. Sie hatten sich wider alle Vernunft weiter von dem Druiden aufhetzen lassen. Sie waren so schlecht wie auch er selbst.
    Sie schaute auf, sah sich um.
    Sie hatte Publikum bekommen. Ein paar Neugierige hatten sich versammelt. Sie hielten Abstand, aber sie weideten sich an Yagas Trauer um ihr ›Pferd‹.
    »Warum tut ihr das?« schrie sie. »Warum versucht ihr nicht, mich zu töten, wenn ihr mich so haßt? Ihr verfluchtes, feiges Gesindel! Ist das die Dankbarkeit für alles, was ich euch gab?«
    Sie hörte Yol leise reden: »Hört ihr es? Schon wieder verflucht sie uns! Bruder Sergej hat recht, sie ist eine böse Hexe!«
    »Das habe ich nie gesagt«, wandte Sergej ein, den Yaga jetzt erst zwischen den anderen erkannte. »Sie ist eine Hexe? Das wußte ich nicht.«
    »Oh, du Lügner!« flüsterte Yaga, und Magie sandte ihre Stimme zu ihm, so daß nur er sie hören konnte. »Du hast mir den Kampf angesagt, und du wirst die Stunde bitter bereuen, in der du es tatest!«
    Sie sprach wieder laut.
    »Rache!« schrie sie. »Was ihr tatet, wird nicht ungesühnt bleiben! Das schwöre ich beim Blut des Einhorns!«
    Verwundert sahen die Menschen sich an. »Einhorn? Was faselt sie da?« fragte Wanja.
    Yaga schluchzte tränenlos. Sie beugte sich über den Hals des Fabelwesens, streichelte es, küßte die Stirn knapp über dem Horn.
    »Verzeih mir«, flüsterte sie. »Meine Schuld ist es, nicht rechtzeitig mit dir

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