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0677 - Yaga, die Hexe

0677 - Yaga, die Hexe

Titel: 0677 - Yaga, die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Steppe. Die Hexe näherte sich der Rüstung. Bei jedem Schritt fuhr ein Blitz in ihren Astralkörper. Voller Schmerzen schrie Yaga auf und ihre Schreie verloren sich in der weiten, öden Zone des Nichtlebens. Doch sie gab nicht auf, wich nicht zurück. Und je näher sie kam, desto mehr Blitze fuhren in ihren Geist und desto mehr schrie sie. Es schien, als ob der einzige Laut im Reich der Toten nur noch aus einem einzigen Schmerzensschrei der Hexe bestehen würde. Sie berührte die Rüstung. Ihr Geist fuhr wieder zurück in ihren Körper, der sich nach wie vor in der Schmiede befand.
    Inzwischen hatte dort das Feuer die Rüstung fast schon zum Schmelzen gebracht. Rotglühendes Eisen wand sich im Feuer. Ein Gewirbel von roten, grünen und blauen Funken tanzte auf der Spitze der Flammen und sprangt von einer zur anderen. Mal hatte die Rüstung des Fürsten Wladimir seine feste Form wieder, mal war sie rotglühend und flüssig. Es schien, als wäre die Rüstung lebendig und wehrte sich.
    Während die Hexe zu Zange und Hammer griff, begann sie zu singen. Monoton hallte ihre Stimme von den Wänden der Schmiede wider.
    Als sie mit dem Hammer auf die Rüstung einschlug, die sie mit der Zange festhielt, begann das Eisen sich endgültig zu verformen. Nun konnte es sich nicht mehr wehren, nicht mehr entfliehen. Es hatte sich seinem Schicksal ergeben. Stück für Stück, Schlag für Schlag schmiedete die Hexe sich ihren Ofen. Den Ofen der Baba Yaga. Ihr zukünftiges Reittier! Geformt aus der Rüstung eines gottesfürchtigen Ritterfürsten und der Herzenskraft des Einhorns, die Yaga in sich aufgenommen hatte. Und die Hitze des Feuers trocknete den Schweiß ihres Körpers. Und die Hammerschläge hallten wie Glockenklang in der Schmiede wider.
    Schließlich war der Ofen fertig. Mit der bloßen Hand griff die Hexe in das ersterbende Feuer, ohne sich dabei zu verbrennen, holte eine Handvoll Kohle heraus, öffnete die Klappe des Ofens und legt die Kohle hinein.
    Da ward der Ofen lebendig und das Reittier geboren.
    Zuletzt holte sie das Hufeisen hervor und warf es ins Feuer. Die Enden des u-förmigen Eisens schlossen und öffneten sich, als wären sie eine Schere.
    Das Fangeisen der Baba Yaga! Für die Menschen im Dorf!
    Es war vollbracht…
    ***
    Auf ihrem Ofen ritt sie aus der Schmiede hinaus. Eine von dem Gedanken an Rache beseelte, nackte Furie. Menschliches war ihr fremd geworden in diesen schier endlosen Stunden. Sie ritt zu ihrem Haus. Aber nicht auf dem direkten, kürzesten Weg. Sie durchritt das ganze Dorf. Den Menschen, denen sie unterwegs begegnete, warf sie ihr Fangeisen über, daß es den Hals unentrinnbar umschloß, und schleifte sie zu Tode. Sie ignorierte die Schreie der Verzweifelten. Wer hatte denn die Verzweiflung des Einhorns ignoriert, das doch auch nicht hatte sterben wollen!
    Etwas in ihr war verhärtet.
    Sie hatte das Gute gewollt und das Böse erfahren. Jetzt gab sie das Böse zurück, und so wie die Menschen keinen Unterschied zwischen Schuld und Unschuld machten, machte Yaga, die Hexe, ihn auch nicht.
    Als sie auf der Dorfstraße niemanden mehr fand, holte sie auch die anderen Menschen aus ihren Hütten und tötete sie.
    In die Häuser warf sie glühende Kohle aus dem Ofen; der Nachschub schien endlos zu sein. Die Kohle setzte die Häuser in Brand; schon bald schlugen die Flammen zum Himmel empor, den die Rauchwolken verdunkelten, als wäre es fast schon wieder Nacht.
    Als auch der letzte Mensch erschlagen war und das letzte Haus brannte, ritt die Hexe auf ihrem Ofen zur Kirche.
    ***
    Sergej trat ihr entgegen. Ihn hatte sie als einzigen verschont.
    Dabei hatte er auf sie gewartet.
    Nichts hatte er gegen sie tun können. In ihrer Raserei war sie unendlich stark. Er konnte seine Druiden-Kräfte nicht gegen sie einsetzen. Was er versuchte, prallte von ihr ab und auf ihn zurück. Nie zuvor hatte er eine Magie erlebt, die so unwahrscheinlich gewaltig war, mächtiger als alles, was er bisher in seinem langen Leben und auf seiner Wanderschaft über diesen Planeten erlebt hatte. Selbst die Götter südlich der Himmelsberge schätzte er nicht so unglaublich mächtig ein. Diese Hexe schlug alles und jeden.
    Jetzt wußte er, wie mächtig sie war. Jetzt zeigte sie ihm, was er einst hatte wissen wollen, aber jetzt wollte er es nicht mehr.
    Er hatte versucht, die Menschen vor ihrer Raserei zu schützen. Er konnte es nicht. Er hatte gehofft, sie würde die anderen verschonen und endlich zu ihm kommen, um ihm das Fangeisen

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