Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0679 - Der Blutbrunnen

0679 - Der Blutbrunnen

Titel: 0679 - Der Blutbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Zügen standen die Furcht und ebenso das Nichtbegreifen dieser Situation.
    Sie sah aus, als wollte sie etwas sagen, ohne sich allerdings zu trauen, den einen oder anderen anzusprechen.
    Ich schaute ihr entgegen, sah, daß sie okay war und ging zu Suko.
    Er stand neben dem »Messerhelden«, der am Boden lag und sich nicht mehr rührte. Suko hatte ihn »schlafen gelegt«.
    »Und was machen wir jetzt?« fragte er.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Vielleicht weiß Veronique mehr.«
    Sie hatte inzwischen die drei breiten Stufen überwunden, stand vor dem Altar und schaute in das blasse Gesicht der dort liegenden Frau. Behutsam strich sie über deren Wangen, blickte hoch, sah uns an, schüttelte den Kopf.
    »Sie haben auch keine Erklärung?« fragte ich leise.
    »Nein.«
    »Und eine Ahnung?«
    »Die schon!« flüsterte sie. »Leroque ist zurückgekehrt, daran gibt es nichts zu rütteln. Er ist wieder hier in Coray.« Ihre Augen waren groß geworden. »Ich sehe ihn nicht, ich spüre ihn. Aber wenn ihr euch die Menschen hier anschaut, dann… dann könnt ihr ihn fast sehen. Er hält sie alle unter seinem Bann. Sie sind nicht mehr so wie sonst. Sie gehorchen jetzt ihm. Selbst die Kirche haben sie entweiht.«
    Ich blickte mich um und drehte mich dabei auf der Stelle. Die Fenster waren lang, hoch und schmal. Das Licht wurde von den bunten Scheiben gefiltert. Innerhalb des Kirchenschiffes verlor es sich wie ein feiner, heller Schleier.
    Veronique sagte etwas Entscheidendes. »Ich… ich sehe den Pfarrer nicht, John!«
    Man soll in der Kirche nicht fluchen, aber mir erging es wie Don Camillo, und es rutschte mir ein »Verdammt« über die Lippen. »Wo wohnt er? Wo…«
    »Kommen Sie mit.«
    »Ich bleibe hier«, sagte Suko.
    »Einverstanden.«
    Veronique Blanchard war bereits vorgelaufen. Hinter dem Altar und noch hinter einer Säule versteckt, befand sich eine schmale Tür, die zur Sakristei führte, einem schmucklosen Raum, in dem nur das große Kreuz an der Wand auffiel. Es hing schief.
    Eine zweite Tür führte in die Wohnung des Pfarrers, die im ersten Stock lag.
    Wir polterten über eine dunkel gestrichene Holztreppe hoch und schauten in einen breiten Flur, von dem einige Türen abzweigten, die nicht geschlossen waren.
    »Weiche, Satan!« hörten wie eine angsterfüllte Stimme. »Weiche von uns. Fahr in dein tiefes Reich zurück!«
    »Das ist der Pfarrer!« hauchte Veronique.
    Ich nickte und holte mein Kreuz hervor. Wenn er es sah, würde er mich bestimmt nicht für den Teufel halten. Mit dem rechten Fuß trat ich die Tür bis zum Anschlag auf, mein Blick war frei.
    Der Pfarrer hockte auf dem Bett, das unter einem quadratischen Fenster stand. Durch die Öffnung fiel ein Lichtstreifen, der nicht nur den Pfarrer traf, sondern auch das Kreuz umwehte und es deutlich hevortreten ließ.
    Es bestand aus Holz und nahm mir einen Teil der Sicht auf das Gesicht des Geistlichen.
    »Satan, du…«
    Ich unterbrach ihn mit lauter, aber ruhiger Stimme. »Ich bin nicht der Satan, Hochwürden!«
    Er wollte es nicht glauben. Ich trat zur Seite, sah Veronique in der Tür stehen, und bekam zudem mit, daß der Pfarrer den Kopf drehte und meinen Weg verfolgte.
    Sein altes, von Falten durchzogenes Gesicht war grau vor Furcht geworden. Jetzt sah er das Kreuz und schüttelte den Kopf. »Nein, du bist nicht der Teufel, du nicht. Du hast… du hast …«
    »Ich verlasse mich ebenfalls auf das Kreuz!«
    Nach diesem Satz sanken zuerst die Arme des Mannes nach unten, anschließend der Oberkörper, und dann fing er an zu schluchzen, denn endlich löste sich die Spannung.
    »Mein Gott, was ist hier nur geschehen?« flüsterte Veronique.
    »Was hat man nur mit uns Menschen gemacht?«
    Ich konnte ihr auch keine Antwort geben und drückte sie auf einen Stuhl nieder.
    Der Pfarrer hatte sich wieder gefangen. Er entschuldigte sich, was ich mit einem unwilligen Kopfschütteln quittierte. »Bitte, Sie haben genau das Richtige getan.«
    »Aber ich konnte nicht helfen.«
    »Gegen wen?«
    »Er ist wieder da, Monsieur. Ich habe es nicht glauben wollen, aber er ist wieder da.«
    »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Nein, nur seinen Schatten.«
    »Schatten?« wiederholte ich.
    Der Geistliche schluckte und rang nach Worten. Auf meine Frage ging er nicht ein. »All der furchtbare Schrecken und die Greuel der Vergangenheit werden wieder zurückkehren, glauben Sie mir. Der Schatten ist da, der Teufelsbote ebenfalls. Ich habe sein Lachen gehört…«
    »Wann sahen Sie den Schatten.

Weitere Kostenlose Bücher