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0679 - Der Blutbrunnen

0679 - Der Blutbrunnen

Titel: 0679 - Der Blutbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Können Sie eine Beschreibung geben?«
    Er beugte sich vor und verdrehte die Augen, damit er in die Höhe schauen konnte. »Er strich wie ein Dieb an der Kirchenwand entlang«, flüsterte er. »Und der war gewaltig. Groß wie ein Ungeheuer. Er glitt über die Scheiben der Fenster hinweg und nahm uns das Licht. Er hat uns gezeigt, wer Herr in dieser Stadt ist. Selbst vor der Kirche hatte er keinen Respekt. Er hat sie eingenommen, er hat sie geschändet, obwohl er außen vor geblieben ist. Aber er hat sich in die Seelen der Menschen hineingestohlen und sie unter Kontrolle bekommen.« Der Pfarrer rang nach Luft. »Wissen Sie, wer diese Leute sind, Monsieur?«
    »Sagen Sie es!«
    »Es sind seine potentiellen Opfer, die er für den verfluchten Blutbrunnen braucht.«
    »Ja, ich stimme Ihnen zu.«
    Er wischte über sein schweißnasses Gesicht, starrte für einen Moment ins Leere, bevor er sich erhob, um mir direkt ins Gesicht zu blicken. Der Mann machte auf mich den Eindruck, als würde er mich zum erstenmal richtig wahrnehmen. So ähnlich sprach er auch, als er sagte: »Ich habe Sie nie hier in Coray gesehen, Monsieur. Wer sind Sie? Wo kommen Sie her?«
    »Ich will den Teufelsboten stoppen!«
    Der Mann vor mir erschrak. Für einen Moment leuchteten seine Augen auf, dann schüttelte er den Kopf. »Ihn kann niemand stoppen. Er ist von Satan geschickt, und er ist mächtig. Schon einmal hat es jemand versucht, aber es gelang ihm nicht.«
    »Ich wette dagegen!«
    Der Geistliche winkte ab, ging zur Seite und setzte sich auf einen zweiten Stuhl. »Wie, mein Freund, können Sie so etwas behaupten.«
    »Weil Monsieur Sinclair auf so etwas spezialisiert ist!« erklärte Veronique mit lauter Stimme. »Sie müssen ihm glauben, er ist der Mann, der es schaffen kann.«
    »Ist er denn ein Exorzist?«
    »Nein«, sagte ich lachend. »Das bin ich nicht. Aber ich habe einen Beruf, der es mir erlaubt, Geister, Dämonen und sonstige Schwarzblütler zu jagen. Und ich bin gekommen, um ihn zu stoppen.«
    Der Geistliche überlegte. »Aber spät, Monsieur, sehr spät. Es hat bereits Tote gegeben.«
    »Das wissen wir.«
    »Und wie wollen Sie ihn fangen?«
    »Unter anderem damit!« Ich zeigte ihm mein Kreuz. Er bat darum, es an sich nehmen zu dürfen. Ich erlaubte es ihm, und er trat damit ans Licht, um es besser betrachten zu können. Dabei schüttelte er den Kopf, flüsterte etwas und drehte sich erst wieder um, als ich ihn angesprochen und nach dem Grund seiner Reaktion gefragt hatte.
    »Es ist wirklich seltsam, Monsieur. Ich habe das Kreuz nie gesehen, aber ich weiß, daß es existiert.«
    »Möglich«, erwiderte ich lächelnd.
    »Gelesen«, murmelte er und strich über seinen grauen, dichten Haarpelz. »Ja, ich habe in alten Chroniken gelesen, daß es ein Mann mit einem Kreuz versucht hat.«
    »Hector de Valois.«
    »Himmel, Sie kennen auch ihn oder wissen von ihm?«
    Eine weitere Erklärung gab ich nicht. Sie wäre möglicherweise für den Mann zu phantastisch gewesen. Statt dessen nahm ich mein Kreuz wieder an mich, zu dem mich der Mann noch einmal beglückwünschte. Er hielt meine Hand und sagte: »Ich habe ein gutes Gefühl. Ich glaube, daß Sie es schaffen werden, Monsieur.«
    »Das hoffe ich auch.«
    »Dabei kenne ich nicht einmal Ihren Namen.«
    »Sinclair«, sagte ich, »John Sinclair!«
    »Nicht aus Frankreich?«
    »Nein, aus London.«
    »Kommen Sie, John, bitte!« Veronique drängte mich, und ich ließ die Hand des Mannes los. Er schaute uns noch nach. In der Fensterscheibe erkannte ich seine Gestalt und bekam mit, wie er ein Kreuzzeichen schlug.
    Die Frau lief vor. Ihre Schritte polterten abermals über die Treppe.
    »Ist etwas geschehen?« rief ich ihr nach.
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Was heißt das?«
    Sie blieb vor der untersten Stufe stehen und drehte sich um. »Ich habe nur das Gefühl, daß es… daß … sich etwas verändert hat. Ich hörte Geräusche.«
    »Wo?«
    »Aus der Kirche.«
    Diesmal schluckte ich den Fluch herunter, denn ich dachte sofort an Suko. Plötzlich hatte ich es sehr eilig…
    ***
    Suko war allein zurückgeblieben.
    Das heißt, allein war er nicht. Er schaute gegen die Gesichter und die Gestalten der Menschen, die in den Bankreihen standen und ihm entgegenblickten.
    Auf keinem Gesicht entdeckte er eine Veränderung. Sie sahen auch jetzt gleichgültig und starr aus und hielten ihre Lippen fest zusammengepreßt. Obwohl Suko nichts sah, hatte er den Eindruck, als würde etwas zwischen ihnen lauern, das

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