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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Seefahrt verschlagen hatte. Zamorra war nicht entgangen, dass Watling zahlreiche Gegenstände mit großem Erstaunen betrachtete, aber anscheinend nicht wagte, danach zu fragen, So begann er seine Erzählung mit einem großen Sturm auf hoher See, bei dem er eine adlige Passagierin vor dem sicheren Tod rettete und so weiter. Er hatte noch keine zwanzig Worte gesprochen, da wusste Zamorra bereits zwei Dinge über Thomas Watling: Er log, und er kam aus der Vergangenheit.
    »Nach diesem schrecklichen Sturm«, sagte Watling gerade, »wurde die See zum Glück für uns und unsere Passagiere ruhiger. An manchen Tagen lag sie glatt wie ein Spiegel vor uns und an einem dieser Tage sah ich einen riesigen Kraken, dessen Arme aus dem Wasser aufragten und…«
    »Wann genau war das?«, unterbrach ihn Nicole.
    Watling sah sie etwas irritiert an. Er war so in seine Geschichte vertieft, dass ihre Zwischenfrage ihn für einen Moment aus dem Konzept brachte. »Nun, hmmm, das war vor drei Tagen.«
    Zamorra konnte am Blick seiner Gefährtin erkennen, dass sie Watling telepathisch sondierte. Sie hoffte wohl, dass die Frage nach dem wann des Geschehens eine Jahreszahl an die Oberfläche seiner Gedanken steigen lassen würde. Sie gab ihm ein knappes Zeichen und Zamorra senkte seine mentale Abschirmung.
    Dezember 1794, teilte sie ihm telepathisch mit. Außerdem lügt er, aber ich weiß nicht, wieso. Er beschäftigt sich geistig zu stark mit der Erfindung seiner Geschichte. Ich kann nichts anderes erkennen.
    Zamorra nickte langsam. Nicoles Telepathie beschränkte sich auf Sichtkontakt und die Gedanken, die an der »Bewusstseins-Oberfläche« der sondierten Person standen. Mehr war bei ihren Fähigkeiten nicht drin.
    Watling hatte seine Erzählung wieder aufgegriffen, stockte aber, als er die mangelnde Aufmerksamkeit seiner Zuhörer bemerkte.
    »Wenn ich Euch langweile, dann bitte ich um Entschuldigung«, sagte er vorsichtig. »Das ist nicht meine Absicht.«
    »Genau wie es nicht deine Absicht ist, uns die Wahrheit zu erzählen«, entgegnete Zamorra. »Deine Geschichte ist nicht mehr als eine Erfindung.«
    Watling hob abwehrend die Hände. »Nein, Sir, ich lüge nicht. Meine Erzählung mag vielleicht fantastisch klingen, aber sie ist wahr. Sir, Mylady, Ihr müsst mir glauben. Ich bin durch einen Strudel im Ozean hierher gekommen. So und nicht anders ist es passiert.«
    Nicole schüttelte den Kopf. »Nein, du bist durch mannshohe Blumen an diesen Ort gelangt. Habe ich recht?«
    Zamorra lehnte sich vor. Jetzt wurde es interessant. Nicole war wohl doch noch in Watlings Gedanken fündig geworden. Wenn es ihr gelang, den Mann dazu zu bringen, an die Dinge zu denken, die er vor ihnen verheimlichen wollte, hatten sie gewonnen.
    Watling schwieg einige Sekunden. »Ja«, gestand er dann leise. »Verzeiht mir bitte meine Lüge. Ich bin durch die Blumen an diesen Ort gekommen.«
    »Und wo standen diese Blumen?«, hakte Nicole direkt nach.
    »In England, nicht weit von dem Dorf, in dem ich lebe. In Wahrheit bin ich in meinem ganzen Leben nicht weiter als bis Newcastle gereist. Ich wollte meine Geschichte für euch nur interessanter machen. Lasst mich die Wahrheit berichten…«
    Ein Blick auf Nicoles Gesichtsausdruck verriet Zamorra, dass Watling auch dieses Mal log.
    »Warum tust du das?«, unterbrach er den Engländer. »Warum belügst du uns?«
    Watling schwieg und senkte den Kopf.
    »Ich lüge«, sagte er dann leise, »weil ich befürchte, dass Ihr mich zurückschickt, wenn ich die Wahrheit sage.«
    »Und wie sieht diese Wahrheit aus?« fragte der Parapsychologe.
    Watling hob den Blick und sah Zamorra in die Augen. »Sir, ich bin ein Sträfling, dem es auf wundersame Weise gelungen zu sein scheint, die verfluchte Kolonie Botany Bay zu verlassen.«
    Nicole runzelte die Stirn. »Botany Bay?«, wiederholte sie fragend.
    »Ja, Mylady, Botany Bay an der Küste des großen Landes im Süden, das man Australien nennt.«
    Er sah das Unverständnis in den Gesichtern seiner Gastgeber.
    Etwas hilflos fuhr er fort. »Ist Euch denn das Land Australien nicht bekannt?«
    Zamorra hob die Schultern.
    »Nie gehört«, sagten er und Nicole fast gleichzeitig.
    ***
    In seiner unsichtbaren Burg hoch über einem verschlafenen wälischen Dorf zuckte Merlin zusammen. Etwas hatte sich verändert…
    Der Zauberer löste sich aus seiner Meditation und kam mit einer Geschmeidigkeit, die man seinem uralten Körper nicht zugetraut hätte, auf die Beine. Er versuchte, das Gefühl, das

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