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0679 - Der Schrecken von Botany Bay

0679 - Der Schrecken von Botany Bay

Titel: 0679 - Der Schrecken von Botany Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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paar der Wilden sind ganz freundlich zu mir, und ich glaube, sie würden eine kleine Gruppe passieren lassen.«
    Er sah auf. Jedem in der Hütte war klar, was mit der Bemerkung gemeint war.
    »Wet ist dabei?«, fragte er. »Wer von euch will raus aus diesem Drecksloch?«
    Die Männer senkten die Köpfe. Nur das Summen der Mücken, die wie eine Wolke über den zwei brennenden Kerzen schwebten, unterbrach die Stille.
    Schließlich räusperte sich David Buchanan. »Eddie«, sagte er langsam, »jeder, der hier gefangen gehalten wird, will zurück nach Hause. Wir sind ans andere Ende der Welt verbannt worden, weil wir ein wenig Silber oder eine Kuh gestohlen haben, aber dieses dämliche Gerücht über eine Landbrücke nach China wird keinem von uns die Freiheit bringen, höchstens den Tod. Im Busch werden uns die Hitze und der Hunger erledigen.«
    »Und die Wilden«, warf MacDonaghan ein.
    »Und die. Ich habe euch alle aus einem bestimmten Grund heute Abend hierher gebeten. Eigentlich wollte ich warten, bis Thomas hier ist, der mir den Vorschlag gemacht hat, aber Eddies Idee zwingt mich dazu, ohne ihn zu beginnen.«
    Die drei anderen Männer sahen sich an. Buchanan äußerte sich gern ein wenig ausschweifend, doch in den meisten Fällen hatte er gute Einfälle.
    »Worum geht es?«, nuschelte Murphy.
    Buchanan hob die Schultern. »Je weniger ihr wisst, desto besser. Im Moment kann ich euch nur sagen, dass bei diesem Fluchtplan jeder von euch eine wichtige Aufgabe hat. Wenn ihr erst einmal erfahren habt, worum es geht, gibt es kein Zurück mehr. Sollte also jemand in diesem Raum glauben, eine Flucht sei ihm zu riskant, so soll er jetzt gehen. Niemand wird ihm deswegen einen Vorwurf machen.«
    Er sah seine Freunde ruhig an, obwohl seine Hände vor Nervosität schweißnass waren. Wenn auch nur einer von ihnen kniff, war der Plan zum Scheitern verurteilt. Er brauchte sie alle: MacDonaghan, den Fischer, Cooper, den Schreiner, Murphy, den Seemann und sich selbst, den Schmied. Auch wenn es noch andere Sträflinge mit diesen Berufen in der kleinen Kolonie Botany Bay gab, so waren die drei doch die einzigen, denen er vertraute.
    Die Zeit verstrich. Von See her war eine leichte Brise aufgekommen und bewegte die Stofffetzen, die Buchanan notdürftig als Insekten- und Wetterschutz vor die Fensteröffnungen gehängt hatte. Die frische Luft vertrieb die Hitze ein wenig aus dem Raum.
    Niemand sagte etwas.
    »Also gut«, sagte Buchanan erleichtert. »Dann ist es beschlossen. Sobald Thomas eintrifft, reden wir über unsere Flucht aus dieser Hölle.«
    »Wenn Thomas eintrifft«, unkte Murphy. »Vergesst nicht, dass Vollmond ist.«
    Die anderen Männer sahen sich mit einem unguten Gefühl an. Sie alle wussten, was der volle Mond bedeutete, aber sie drängten den Gedanken zurück und klammerten sich an die Hoffnung, die Buchanan in ihnen geweckt hatte.
    Sie warteten.
    Aber Thomas kam nicht. Und der Plan geriet ins Wanken…
    ***
    Frankreich, 2000:
    »Computer aus«, sagte Professor Zamorra. Er lehnte sich zurück und sah zu, wie der Monitor die Abschlussmeldungen ausgab und dann dunkel wurde; das Surren der Turbolüfter in den parallelgeschalteten Computern verstummte.
    Zamorra reckte sich, verließ seinen Platz am hufeisenförmig geschwungenen Arbeitstisch und trat zum. Panoramafenster seines Büros. Es nahm fast die gesamte Außenwand des Zimmers ein, von der Decke bis zum Fußboden, und erweckte den Eindruck, man stehe direkt vor einer riesigen Öffnung.
    Von außen war an der Fassade nur ein normales Fenster zu bemerken; die Verglasung war durch Einwegbeschichtung so geschickt bemalt, dass kein Denkmalschützer auf die Idee gekommen wäre, Einspruch zu erheben.
    Von hier aus konnte er über das momentan sonnenbeschienene Loire-Tal blicken. Auf das silbern glitzernde Band des hier noch schmalen und naturbelassenen Flusses. Auf das kleine Dorf. Er sah als winzigen Fleck in der Landschaft das verfallene Haus am Ortsrand, das ein gewisser Luc Avenge gekauft hatte. Ein Reeder aus Calais, der von der Mafia erschossen wurde und dessen Leiche spurlos verschwand. Aber ausgerechnet hier tauchte Avenge wieder auf!
    Sein Auftauchen war wie eine Kampfansage an Professor Zamorra, nur konnte der mit dem Namen Luc Avenge nichts anfangen. Er hatte diesen Mann noch nie im Leben gesehen. Chefinspektor Robin in Lyon hatte versucht, etwas über Avenge herauszufinden - und war vom Geheimdienst gestoppt worden. [1]
    Seit Wochen ließ Avenge nichts mehr von sich

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