068 - Das Schädelgrab
trotzdem.
Der Halbaffe wehrte sich.
Die Zwerge betraten den Käfig und stürzten sich auf ihn. Er stieß sie zurück, wollte an den Gitterstäben hochklettern, doch sie rissen ihn herunter und schlugen auf ihn ein.
Der Lemur stöhnte, schrie, heulte…
Und plötzlich war er still. Tuvvana wußte nicht, was die Teufelszwerge mit ihm gemacht hatten. Jedenfalls war der Halbaffe reglos, als sie ihn aus dem Käfig schleiften.
Sie hoben ihn hoch und trugen ihn hinaus, und Tuvvana wußte, daß sie den Lemuren nie wiedersehen würde.
Der Halbaffe war nicht schwach gewesen. Trotzdem waren die Zwerge mit ihm fertiggeworden. Wie leicht werden sie es erst mit mir haben, dachte Tuvvana verzweifelt.
***
Xercand wand sich. Sein Innerstes lehnte sich gegen den Tod im Wald der würgenden Lianen auf. Er war zäh. Zäher als seine Komplizen, denn Wakalla und Lobbon hatten bereits ihr Leben ausgehaucht. Aber er war noch nicht tot, und er wollte auch nicht sterben.
Der Zug an seinem Hals war mörderisch. Sein gesamtes Körpergewicht hing daran, und wenn er sich bewegte, schienen jedesmal etliche Kilogramm dazuzukommen.
Ziemlich hoch hatte ihn die Liane hinaufgezogen, und sie verkürzte sich noch mehr. Holte sie ihn zum Maul irgendeines Ungeheuers, das in den Bäumen lebte?
Schmerzen durchrasten ihn, und er wußte, daß er nur noch eine Chance hatte, wenn es ihm gelang, die Liane durchzuschneiden.
Er mußte an eines seiner Messer kommen.
Und er durfte sich dabei so wenig wie möglich bewegen.
Xercand ertastete einen Griff. Seine Finger schlossen sich rasch darum, während sein Herz gegen die Rippen trommelte. Lobbon und Wakalla hingen schlaff an den Lianen. Er sah sie nicht, hatte mit sich selbst zuviel zu tun, denn lange würde er ohne Luft nicht mehr auskommen.
Er hob die Hand, setzte die scharfe Klinge an.
Ein rascher Schnitt, direkt am Hals. Ihm war, als würde er den Körper einer Schlange durchtrennen.
Die lebende Umklammerung sprang auf. In seiner Panik hatte Xercand zu kräftig geschnitten. Die Klinge durchtrennte nicht nur die Liane, sondern schnitt auch ins Fleisch an seinem Hals, aber er fügte sich keine tödliche Verletzung zu.
Im Moment merkte er überhaupt nicht, daß er sich geschnitten hatte.
Die Liane hielt ihn nicht mehr fest.
Er fiel, bekam es kaum mit, konnte sich deshalb auch nicht auf den Aufprall vorbereiten. Er stürzte ins Unterholz. Die Wucht riß ihn nach vorn, er schlug mit dem Gesicht gegen einen Baumstamm. Ein Knacksen ging durch sein benebeltes Bewußtsein. Vielleicht hatte er sich das Nasenbein gebrochen. Blut rann aus seiner Nase. Er kroch auf allen vieren weiter. Immer wieder versuchten ihn Lianen zu erwischen. Sie tasteten über seinen Körper, glitten zu seinem Hals hin. Er schrie, schnitt jede Liane ab, die ihm gefährlich zu werden drohte, glaubte, die Orientierung verloren zu haben.
Wo ging es raus aus diesem Teufelswald?
Mit glasigen Augen blickte der Coor-Bandit hoch. Was ihm vorhin nicht aufgefallen war, bemerkte er jetzt. Überall hingen Skelette von allen erdenklichen Lebewesen.
Dieser Wald ernährte sich von Fleisch…
Xercand spürte, daß er nicht mehr weit kommen würde. Es ging ihm so schlecht, daß er immer wieder röchelnd zusammensackte. Aber da waren sofort wieder gierige Lianen, die ihn zu Tode erschreckten und weiterscheuchten.
Eine einzige Berührung genügte, und er verlor vor Angst fast den Verstand.
Jetzt erwischte eine Liane sein Bein.
Blitzschnell umschlang sie es und riß ihn sofort hoch. Er brüllte auf, krümmte sich und schnitt den gefährlichen Pflanzenarm ab. Da wickelte sich eine Liane um seine Kehle.
Schon wieder! schrie es in Xercand.
Es waren so viele Lianen. Zu viele. Wie sollte er jemals lebend diesen Schreckenswald verlassen?
Atax und den beiden Mädchen war es gelungen, aber die waren nicht mit gewöhnlichen Maßstäben zu messen.
Die Liane packte zu, zurrte sich fest, aber Xercand rückte ihr mit dem Messer zuleibe und befreite sich, ehe sie ihn hochziehen konnte.
Von der nächsten Liane wälzte er sich fort, und dann mobilisierte er alles, was an Kräften noch in ihm steckte. Er sprang todesmutig auf, weil er auf allen vieren nicht schnell genug vorwärtskam, und weil er vor allem nicht sah, wohin er laufen mußte.
Jetzt erkannte er, daß er dem Waldrand sehr nahe war, und er lief, so schnell ihn seine Beine trugen.
Zwei Lianen peitschten hinter ihm her, wollten ihn nicht entkommen lassen, doch sie trafen nur seinen Rücken.
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