068 - Haus des Schreckens
einem Taxi fortgefahren ist?"
„Ich war nicht dabei", brummte Madame. „Fragen Sie meinen Chauffeur! Mr. Jones kann Ihnen sicherlich mehr sagen."
Sergeant Lewis stand auf, bedankte sich und verließ das Zimmer.
Madame Lelouch krampfte nervös die Hände zusammen. Irgendwann würde der Polizei auffallen, daß zwei ihrer Schülerinnen spurlos verschwunden waren. Sie würden allerlei Kombinationen anstellen, und wenn sie sich erst einmal mit Felix unterhielten, dann... Sie preßte die Lippen zusammen. Felix würde die Wahrheit sagen, und niemand würde ihm glauben.
Sie war nicht besonders überrascht, als eine halbe Stunde später das Telefon läutete. Bernie Jones war am Apparat.
„Die Polizei interessiert sich für Marshas Verschwinden", sagte Bernie.
„Damit haben wir gerechnet", sagte Madame abweisend. „Sie haben doch hoffentlich nichts anderes gesagt, als wir vereinbart hatten?"
Sie war nur bei den Zusammenkünften in Lynn Thomas' Haus mit Bernie Jones und John Duncan per du gewesen.
„Ich habe dem Polizisten erklärt, daß ich Marsha zu einem Taxi gebracht habe, und auch John als Zeugen angegeben. Die Taxinummer habe ich mir natürlich nicht gemerkt."
„Dann ist ja alles in Ordnung", sagte Madame.
„Das würde ich nicht sagen", meinte er. „John und ich wollen uns mit Ihnen ein wenig unterhalten. Kommen Sie auf mein Zimmer!"
Bernie hatte einfach aufgelegt.
Madame Lelouch ahnte, was das zu bedeuten hatte. Ihr Entschluß stand fest. Sie griff nach ihrer Handtasche und verließ ihr Zimmer.
„Ich bin in wenigen Minuten zurück, Miß Seymour", sagte sie beherrscht.
Als sie Bernie Jones' Zimmer betrat, funkelten ihre Augen. Bernie und John grinsten ihr entgegen. Sie schloß langsam die Tür und trat einen Schritt zur Seite.
„Was wollt ihr von mir?"
„Das können Sie sich doch denken, Madame."
„Nein", sagte sie.
„Hm", brummte John. „Bernie und ich haben uns ein wenig unterhalten. Wir finden, daß Sie uns recht wenig zahlten.“
„Eine kleine Erpressung, nicht wahr?"
„So würde ich das nicht nennen", sagte Bernie rasch.
„Wieviel wollt ihr?"
„Wir dachten an tausend Pfund - für jeden."
„Tausend Pfund", sagte Madame und öffnete ihre Handtasche.
Rote Schleier schienen vor ihren Augen zu wogen. Sie riß eine Pistole hervor, auf die ein Schalldämpfer geschraubt war, lud durch und zielte auf Bernie, der aufsprang. Die Kugel traf ihn in die Stirn. Madame wirbelte herum.
„Nicht!" keuchte John.
Sie drückte wieder ab. John Duncan griff sich an die Brust. Sie kam einen Schritt näher und schoß ein drittes Mal. Duncan fiel tot zu Boden.
„Ich tat es nur für dich, Felix", flüsterte Madame und schob die Pistole zurück in ihre Handtasche. Mit hängenden Schultern stieg sie die Stufen zu ihrem Arbeitszimmer hoch.
Als Felix Hekate kennenlernte, nannte sie sich Nora Norton. Ihre Begegnung war völlig zufällig gewesen. Wäre er an diesem verregneten Augustnachmittag statt in die Galerie in der Cavendish Street in das danebenliegende Pub gegangen, ihm wäre viel erspart geblieben.
Doch das hatte Felix nicht ahnen können.
Er betrat die Galerie und studierte eifrig die Bilder. In einem der Räume wurde eine Sonderausstellung von Bildern Bruce Keatings gezeigt, den Felix sehr mochte. Keatings Bilder waren ungemein ausdrucksvoll, von einer Grausamkeit, die gleichzeitig abstieß und anzog.
Felix studierte die Bilder ganz genau. Immer wieder trat er einen Schritt zu rück oder zur Seite, um die Wirkung der Bilder richtig auskosten zu können.
Eines der Bilder stach völlig von den anderen ab. Es zeigte unheimliche Symbole und Totenköpfe. Er war so fasziniert, daß er auf die anderen Besucher nicht achtete. Als er einen Schritt zur Seite trat, stieß er gegen eine Frau.
„Entschuldigung!" sagte Felix und warf der Frau einen flüchtigen Blick zu.
Sie wandte den Kopf und blickte ihn an. Unwillkürlich hielt Felix den Atem an.
Nie zuvor hatte er eine schönere Frau gesehen. Ihr Alter konnte er nicht schätzen. Sie war mittelgroß. Ihr Haar schien aus hochlodernden Flammen zu bestehen; bei jeder ihrer Bewegungen änderte sich ihre Frisur. Das Gesicht war oval. Ihre schneeweiße Haut betonte das strahlende Grün ihrer großen Augen. Sie trug ein enganliegendes Kleid, unter dem sich eine aufregende Figur abzeichnete.
Das rothaarige Mädchen lächelte ihm zu, und er spürte, wie sein Mund trocken wurde. Plötzlich waren die Bilder uninteressant geworden. Er hatte nur noch
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