0683 - Die Verdammten der Nacht
aufgezogen, und ich war es, der Suko fragte: »Kennst du eigentlich Beamten-Mikado?«
»Nein. Was ist das?«
»Wer sich bewegt, hat verloren!«
Daraufhin saß Suko still und tat gar nichts. Auch ich hätte die Akten am liebsten in den Papierkorb befördert, aber es waren zu viele Dinge dabei, die wir einfach lesen mußten. Sie tangierten unser Gebiet nur, doch Informationen brauchten auch wir.
»Und jetzt werde ich mir bei Glenda Perkins eine frische Tasse Kaffee holen.«
Suko schaute hoch. »Weshalb?«
»Weil ich Durst habe.«
»Hast du dir den Kaffee denn auch verdient?«
»Aber immer doch.«
Soweit kam es nicht, denn die Tür flog auf, und dann stand sie im Zimmer.
Wir hatten uns beide erschreckt, dann lächelten wir, sprangen auf und boten ihr den Besucherstuhl an. An der Tür sahen wir Glendas grinsendes Gesicht.
»Danke«, sagte Sarah Goldwyn.
»Möchtest du einen Kaffee?«
»Tee wäre mir lieber, John.«
»Und was verschafft uns die Ehre deines Besuches? Die seltene Ehre wohlgemerkt.«
»Später, erst den Tee.«
Glenda war schon unterwegs, um ihn im Vorzimmer zu kochen.
Die Horror-Oma war für Überraschungen immer gut. Wahrscheinlich hatte sie sich mit Glenda abgesprochen, und ich wußte natürlich auch, weshalb sie erschienen war.
»Geht es um diese Frau von gestern?« fragte ich.
Lady Sarah öffnete ihren Staubmantel und richtete die Ketten. Sie trug ein Kleid mit frischen Sommerblumen. Das Haar hatte sie wie immer hochgesteckt. Wenn mich nicht alles täuschte, lag sogar ein Schimmer von Rouge auf ihren Wangen.
»Ich warte noch auf eine Antwort.«
»Sei nicht so ungeduldig, John. Es geht nur indirekt um diese Frau von gestern.«
»Und worum direkt?«
»Um Jane Collins!«
»Tatsächlich?« Ich warf Suko einen Blick zu, auch mein Freund zeigte sich überrascht.
»Ja, um Jane.«
»Und was ist mit ihr?«
Lady Sarah senkte den Blick. »Ich mache mir Sorgen um sie, und zwar große Sorgen. Sie hat mich heute morgen verlassen, um dieser Brenda Evans einen Besuch abzustatten. Bisher jedoch ist Jane noch nicht zurückgekehrt.«
Ich hob die Schultern. »Das ist bei Frauen so üblich. Die werden sich verplaudert haben.«
»Stimmt nicht.«
»Was dann?«
»Sie sind überhaupt nicht in der Wohnung. Ich habe einige Male angerufen, ohne eine Verbindung zu bekommen. Es hob niemand ab, und das finde ich nicht gut.«
Glenda kam mit dem Tee. Für mich hatte sie Kaffee mitgebracht, auch Suko bekam eine Tasse Tee. Dann zog sich Glenda mit einem Lächeln auf den Lippen zurück.
Wir tranken, dachten nach, dann erkundigte sich Suko, wie lange Jane denn schon weg war.
Die Antwort erfolgte prompt. »Seit ungefähr vier Stunden.«
Ich mußte lachen. »Da machst du dir Sorgen?«
»Ja, Mr. Sinclair, große sogar.«
»Meine Güte, Jane ist erwachsen. Auch wenn sich niemand bei Brenda Evans gemeldet hat, muß das nicht unbedingt bedeuten, daß etwas mit den beiden passiert ist.«
»Hast du Brendas Probleme vergessen?«
Ich winkte ab. »Das mit dem toten Sohn steht längst nicht fest, Sarah. Es ist vielleicht eine Übertreibung. Sie kann einen Doppelgänger gesehen haben und…«
»Nein, daran glaube ich nicht. Ich bin der festen Überzeugung, daß hinter dieser Sache mehr steckt.«
»Schön. Was sollen wir deiner Meinung nach tun?«
In ihren Augen blitzte es. Das war die richtige Frage für sie gewesen. Plötzlich befand sich die Horror-Oma in ihrem Element. »Die Sache ist ganz einfach. Man kann sie teilen. Einer von euch fährt zu Brenda Evans, der andere kümmert sich um deren Vergangenheit.«
»Toll.«
»Ja, nicht?«
Auch Suko lächelte, bevor er fragte: »Wie hast du dir das denn so vorgestellt?«
»Das überlasse ich euch. Ihr seid die Bälle, ich habe euch nur den Antritt gegeben.«
»Hoffentlich rollen wir nicht in die verkehrte Richtung.«
»Das ist euer Problem, John. Ich kann euch nur Denkanstöße geben, und ich habe auch weitergedacht.«
»Willst du davon berichten?«
»Deshalb bin ich hier. Es geht um folgendes. Wenn alles so ist, wie ich es mir denke, diese Brenda Evans also ihren angeblich toten Sohn gesehen hat, dann ist da etwas nicht in Ordnung. Da muß es einen Hintergrund geben. Man kann den Fall nicht einfach nehmen und sagen, so das ist es. Ich finde, daß wir hier erst am Beginn einer gewaltigen Sache stehen, hinter der viel steckt. Das läuft auf gewisse Dinge hinaus, die sehr schlimm sind.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nimm es mir nicht übel, Sarah, aber das ist
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