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0687 - Der Spinnenreiter

0687 - Der Spinnenreiter

Titel: 0687 - Der Spinnenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Martin Barkawitz
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unendlich vielen Parallelwelten der Erde oder was auch immer. Wenn es sich um einen Planeten handelte, müsste sie jedenfalls bald in seiner Mitte angelangt sein. So fühlte sie sich.
    Es war grässlich, in absoluter Dunkelheit ins Nichts zu stürzen.
    Plötzlich landete Nicole im Wasser!
    Wenn man aus so großer Höhe auf ein Gewässer stürzt, ist die Oberfläche so hart wie Beton. Und man wird schwer verletzt.
    Normalerweise.
    Aber auf Kalua schien dieses Naturgesetz nicht zu gelten. Im Gegenteil.
    Das Wasser war angenehm warm, umschmeichelte die schmerzenden Glieder der Sekretärin. Das nasse Element schien sie in eine wohlige Tiefe zu ziehen. Die Versuchung war da. Einfach versinken… nichts tun… träumen im warmen Wasser… und dann nie mehr aufwachen…
    Nicole presste die Lippen aufeinander. Trotz aller Schmerzen und Gefahren liebte sie das Leben. Und vor allem liebte sie Zamorra, den sie zuletzt in einem verzweifelten Kampf mit dieser Schieferbestie gesehen hatte. Sie musste alles tun, um ihren Chef und Lebensgefährten zu retten!
    Also konzentrierte sich Nicole Duval auf die verbliebene Luft in ihren Lungen. Mit einigen kräftigen Schwimmstößen gelangte sie an die Wasseroberfläche. Allerdings wurde sie immer langsamer, je mehr sie nach oben vordrang.
    Das Gewässer schien ein Eigenleben zu führen. Warm und sanft umschmeichelte es ihren Körper, wunderbar leicht, besser als das herrlichste Schaumbad im Château Montagne.
    Stimmen formten sich in Nicoles Bewusstsein.
    Entspann’ dich doch!, flüsterten sie, und: Du hast genug gelittenl Lass dich einfach fallen… Lass dich einfach sinken… Überlass uns den Rest… du wirst es nicht bereuen… Herrliche Ruhe… für immer…
    »Nein!!!«, hielt Nicoles innere Stimme wütend dagegen. »Ihr kriegt mich nicht, wer immer ihr seid!«
    Wir sind all jene; die schon ihren Frieden gefunden haben in diesem wunderbaren Traumsee, erwiderten die Stimmen. Die Welt von Kalua ist hässlich und gefährlich. Das hier ist der einzige schöne Platz. Der einzige sichere Platz. Bleib bei uns…
    Nicole Duval kämpfte einen übermenschlichen Kampf gegen ihre eigene Erschöpfung und die lockenden, schmeichelnden Geistwesen.
    Gierig sog sie die feuchtkalte Luft in ihre Lungen, als ihr Kopf endlich an der Wasseroberfläche angelangt war. Die Seelen der Ertrunkenen quälten sie weiter. Die feinstofflichen Wesen verstärkten ihre Anstrengungen noch, als sie Nicoles Widerstand bemerkten.
    »Ihr hinterhältigen Biester!«, wütete Nicole, während sie Wasser schluckte. Die Oberfläche des unterirdischen Sees wühlte immer mehr auf. Ein Sturm bahnte sich an, obwohl kein Windhauch wehte. Aber Nicole war schon längst klar, dass es sich um ein magisches Gewässer handelte.
    Die Geisterstimmen wollten um jeden Preis verhindern, dass Nicole ans Ufer schwamm.
    Immerhin, hoffte die Sekretärin, muss es ja irgendwo ein Ufer geben. Und ich werde schwimmen, bis ich es gefunden habe…
    Trotz der schweren Sandalen und des Opfergewandes an ihrem Körper glitt Nicole wie ein Delfin durch das Wasser. Allerdings machte ihr der aufkommende Sturm zunehmend Probleme.
    Und die Stimmen in ihrem Bewusstsein.
    Je größer ihre Erschöpfung wurde, desto verlockender klangen sie.
    Lass doch die Schinderei, liebe Nicole… Ruh dich aus, du hast es verdient… Lass dich mal verwöhnen.:.
    Nicole konzentrierte sich auf ein Bild in ihrem Bewusstsein: Sie war Olympia-Schwimmerin. Alle Hoffnungen der Nation ruhten auf ihr. Sie ging an den Start. Sie, Nicole Duval, war die einzige französische Schwimmerin, die eine Goldmedaille erringen konnte. Aber zuvor musste sie kämpfen… und kämpfen… und kämpfen…
    Immer wieder musste sie Wasser schlucken. Ihre Lungen brannten, sie hatte Seitenstiche und ihre Augen tränten. Doch sie hielt das Fantasiebild in ihrem Bewusstsein.
    Und dann fühlte sie plötzlich Boden unter den Füßen.
    Es war kaum zu glauben. Vorsichtig tastete sich die Französin vor. Sie hatte das rettende Ufer erreicht!
    Zwar war es auch hier stockdunkel. Aber irgendwo, weit vor ihr in der Nachtschwärze, konnte sie einen winzigen Lichtschimmer entdecken.
    Bevor sie in diese Richtung ging, musste sie am Ufer verschnaufen. Sie konnte die Enttäuschung des magischen Gewässers förmlich spüren. Doch sie war seinem Bannkreis entkommen. Es hatte keine Macht mehr über sie.
    Nach einer Weile raffte sich sie sich auf und ging über die feuchten Steine vorsichtig auf den Flecken Helligkeit zu. Obwohl

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