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0688 - Das Hohe Volk

0688 - Das Hohe Volk

Titel: 0688 - Das Hohe Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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einen Trottel. Fu Long war ein Vampir und beherrschte Telepathie. Während er sich mit Kooranovian auf einen sinnlosen Streit eingelassen hatte, tat der Vampir genau das Richtige und verhörte ihren Gefangenen.
    Der Dämonenjäger ignorierte die Frage des Tigers und wandte sich direkt an Fu Long. »Kannst du mehr über dieses Volk herausfinden? Wo sind wir und was hat man mit uns vor?«
    Der Vampir betrachtete den wimmernden Mann einige Minuten. »Es ist nicht ganz einfach«, gestand er dann. »Anscheinend betet er zu dem hohen Volk, fürchtet sich aber gleichzeitig vor ihm.« Er lächelte knapp. »So wie es bei vielen Gottheiten der Fall ist. Wir befinden uns in einem Turm, der hoch über dem Land schwebt und die Heimat des Volkes ist. Möglicherweise kennt unser Gefangener einen Weg aus dem Turm. Das ist alles.«
    »Und er weiß nicht, weshalb man uns hierher geholt hat?«, hakte der Tiger nach, der mittlerweile wohl auch begriffen hatte, dass Telepathie im Spiel war.
    »Nein.«
    Er lügt, dachte Zamorra spontan. Er weiß genau, weshalb wir hier sind. Warum sagt er uns nicht die Wahrheit?
    Fu Long hob den vor Angst zitternden Neandertaler mühelos vom Boden hoch und stellte ihn auf die Füße. Der Blick des Mannes irrte von einem zum anderen. Er musste gespürt haben, dass jemand in seinen Geist eindrang, und war kurz davor, in Panik zu geraten.
    »Wir sollten ihn mitnehmen«, forderte Kooranovian. »Er wird uns den Weg nach draußen zeigen.«
    Fu Long nickte zustimmend und sah zu Zamorra. Der hätte dem Neandertaler, der nicht mehr als ein Sklave war, gern diese Qual erspart, aber er wusste keinen anderen Ausweg. Der Sklave kannte sich in dem Turm aus und konnte ihnen mit seinen Informationen vielleicht das Leben retten. Allein würden sie wesentlich schneller in eine Falle laufen.
    Also nickte Zamorra auch.
    Fu Long schob den Neandertaler zur Tür hinaus. Der Gang, der dahinter lag, würde in regelmäßigen Abständen von Fackeln erleuchtet. Durch ein großes Fenster sah Zamorra helles Sternenlicht.
    Er bemerkte, dass Kooranovian neben ihn getreten war.
    »Wir sollten damit aufhören, uns bei jeder Gelegenheit an die Kehle zu gehen«, sagte Zamorra ernst. »Wenn wir hier herauskommen wollen, müssen wir Zusammenarbeiten.«
    Der Tiger hob die Schultern. »Was schlägst du vor?«
    »Eine Art Friedensvertrag. Du tust mir nichts, ich tue dir nichts.« Er streckte die Hand aus. »Einverstanden?«
    Kooranovian schwieg einen Moment. Dann ergriff er Zamorras Hand. »Nennen wir es Waffenstillstand. Er endet, wenn -«
    »Vorsicht!«, rief Fu Long plötzlich.
    Zamorra fuhr herum. Eine Gestalt rannte an ihm vorbei, auf das glaslose Fenster zu.
    Der Neandertaler, dachte er. Instinktiv wollte er ihn fest halten, aber seine Finger glitten nur noch über seinen Rücken.
    Dann hatte der Mann auch schon das Fenster erreicht.
    Und stürzte sich hinaus.
    Sein Todesschrei hallte durch den Gang.
    Schockiert sah der Parapsychologe Fu Long an, der seinen Blick erwiderte.
    »Er hat sich losgerissen«, sagte er ruhig. »Ich konnte nichts tun.«
    Zamorra wusste nicht, ob das stimmte…
    ***
    Ein lang gezogener Schrei ließ Nicole zusammenzucken. Das Geräusch wurde immer lauter und brach mit einem dumpfen Aufschlag ab.
    Die Dämonenjägerin öffnete die Augen, die sie in Erwartung des Axthiebs geschlossen hatte. Keine zwei Meter neben dem Opferblock lag eine zerschmetterte Leiche, die offensichtlich aus großer Höhe gestürzt war.
    Es war nicht mehr zu erkennen, wie die blutige Masse aus Fleisch und Knochen einmal ausgesehen hatte, aber die menschlichen Umrisse waren unverkennbar.
    Die Dorfbevölkerung wich zurück.
    Einige schrien, andere stammelten verwirrt. Die meisten standen jedoch einfach da und starrten schweigend die Leiche an. Die junge Frau, die Nicole in der Hütte gesehen hatte, sagte etwas, das von ein paar Neandertalern aufgegriffen wurde. Sie wiederholten es, aber der alte Mann fiel ihnen ins Wort. Er ließ die Axt zu Boden fallen und begann auf die junge Frau einzureden.
    Nicole hob den Kopf. Die Dorfbevölkerung hatte einen Kreis um den Alten gebildet. Alle redeten durcheinander. Niemand achtete mehr auf das Menschenopfer, das sie eigentlich darbringen wollten.
    Die Lähmung, die Nicole überwältigt hatte, fiel endlich von ihr ab. Sie schob sich langsam an dem Holzblock vorbei und sah sich um. Die Dorfbevölkerung blockierte den Weg zu den Reittieren, sodass Nicole nur die Flucht in die Ebene blieb - oder die Flucht nach

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