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0688 - Das Hohe Volk

0688 - Das Hohe Volk

Titel: 0688 - Das Hohe Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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fuhren zusammen, als habe man sie geschlagen.
    »Das Hohe Volk ist nicht zufrieden mit eurer Arbeit.«
    Die Plattform glitt über die Männer hinweg und kam bei einer großen Maschine zum Stehen.
    »Diese Maschine funktioniert nicht richtig. Ihr habt eure Aufgabe nicht erfüllt. Geht jetzt gleich zu ihr und putzt sie, bis sich mein Gesicht darin spiegelt.«
    Cylas betrachtete die Maschine. Es war die, die ihm direkt am Anfang aufgefallen war.
    »Das wird nichts nützen«, sagte er und erschrak darüber, wie laut seine Stimme klang.
    Der Hagere fuhr auf seiner Plattform herum.
    »Wer wagt es mich zu unterbrechen?!«
    Die anderen Arbeiter wichen von Cylas zurück, der mit zitternden Knien zu dem Mann aufsah.
    »Ich war es,« gestand er, weil ihm nichts anderes übrig blieb.
    Der Hagere schien ihn mit seinen Blicken zu durchbohren.
    »Und welche Weisheit hast du mir mitzuteilen, Diener?«, fragte er ironisch.
    Cylas schluckte. »Keine Weisheit, nur wird das Putzen nichts nützen, denn ich glaube, dass der Fehler an anderer Stelle liegt.«
    »Glaubst du das? Du bist nichts weiter als ein ignoranter Moxpu-Hirte, Diener, und dumm bist du außerdem, sonst würdest du es nicht wagen, dein Maul so weit aufzureißen.«
    Er zog an einigen Hebeln, die an der Plattform befestigt waren. Cylas konnte sehen, dass er wütend war. In Gedanken stellte er sich bereits auf den nächsten Schmerz ein.
    Stattdessen wurde er an seiner Kette herumgerissen. Mühsam hielt er sich auf den Beinen, als sie ihn auf eine Tür zuzerrte.
    »Er glaubt also, dass er mehr weiß als ich«, schrie der Hagere hinter ihm. »Das Hohe Volk wird ihn schon Disziplin lehren!«
    Cylas drehte den Kopf zu den anderen Arbeitern. Sie hatten die Blicke gesenkt. Einer bückte sich nach der Schaufel, die Cylas aus der Hand gefallen war, und stellte sie in eine Ecke.
    Als würden sie glauben, mich niemals wiederzusehen, dachte der Krieger entsetzt.
    Vor ihm öffnete sich die Tür. Die Kette zog ihn in einen dunklen Gang.
    ***
    Die drei Gefangenen gingen die dunklen Gänge entlang.
    Kooranovian hatte sich entschieden, die Führung zu übernehmen. Er war der einzige ausgebildete Kämpfer in der kleinen Gruppe und hätte es sich nie nehmen lassen, die wichtigste Position für sich zu beanspruchen.
    Hinter ihm hörte er Zamorra und Fu Long miteinander reden. Er verstand weder den Menschen, noch den Vampir. Wenn er ihre Unterhaltung richtig begriffen hatte, waren die beiden Feinde. Zamorra hatte es sich anscheinend zur Aufgabe gemacht, Schwarzblütige zu jagen, während Fu Long ein Menschenjäger war.
    Und doch gingen die beiden einträglich nebeneinander her und diskutierten über Philosophie und Unsterblichkeit.
    Kooranovian ertappte sich zum wiederholten Mal bei dem Gedanken, wie es wohl sein würde, dem Menschen die Zähne in die Kehle zu schlagen. Er sah die Bilder in großer Detailtreue vor sich und spürte, wie seine Krallen zu zucken begannen. Nur eine kurze Drehung und ein Schlag…
    Er drängte den Gedanken zurück. Er hatte einen Waffenstillstand mit Zamorra geschlossen. Zumindest bis sie den Turm verlassen hatten, durfte er seinen Wünschen nicht freien Lauf lassen. Danach sah alles anders aus.
    Kooranovian dachte an seine Heimatwelt und die anderen Offiziere, mit denen er seit Jahren gegen die Menschen kämpfte. Wenn sie wüssten, dass er einem Menschen die Hand gegeben hatte, würden sie ihn anspucken. Aber sie wussten es nicht, und wenn Kooranovian es einrichten konnte, würden sie es auch nie erfahren.
    Es verstieß gegen all seine Instinkte und seine Ausbildung, Zamorra nicht zu töten. Der menschliche Geruch, der ständig in der Luft hing, verstärkte seine Aggression und machte es ihm fast unmöglich, die Kontrolle zu behalten.
    Kooranovian dachte an all die Massaker, die er seit frühester Kindheit gesehen hatte. Raubkatzen gegen Menschen; Menschen gegen Raubkatzen. Nur eine Seite konnte in diesem Krieg gewinnen. Es gab kein unentschieden, keine Möglichkeit mehr, in Frieden zusammenzuleben. Sein Ausbilder hatte es an der Akademie oft genug gesagt: Es ist widernatürlich, mit den Menschen in Frieden leben zu wollen. Wir sind Raubtiere und Raubtiere fressen Menschen.
    Es hätte Kooranovian nicht gewundert, wenn Zamorra die Gelegenheit, die der Tiger ihm bot, genutzt hätte, um ihm ein Messer in den Rücken zu stoßen.
    Tatsächlich hatte er sogar gehofft, dass das passieren würde, um eine Entschuldigung zu haben, den erst seit kurzer Zeit bestehenden

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