0689 - Draculas Blutuhr
neben dem Schreibtisch in seinem Büro und telefonierte. Als Suko eintrat, schaute er hoch und deutete auf einen Stuhl.
»Bitte machen Sie schnell, Mr. Water.«
»Wie…?«
»Mit dem Telefonieren.«
Es musste wohl ein bestimmter Ausdruck in Sukos Gesicht gewesen sein, der den Mann dazu veranlasste, das Gespräch so rasch wie möglich zu beenden. Bevor er noch eine Frage stellen konnte, hielt Suko den Hörer schon in der Hand und tippte die Nummer seines Büros.
Glenda Perkins meldete sich.
»Suko hier. Wo ist John?«
»Noch nicht zurück.«
»Hm - das ist schlecht.«
»Gibt es Ärger?«
»Nein, nicht mehr, aber es hat sich etwas Neues ergeben. Ich muss mit John reden.«
»Er wollte zu dieser Bühne…«
»Hast du eine Telefonnummer?«
»Nein. Die kann ich dir aber raussuchen.«
Suko schaute auf die Uhr. »Lass es, ich fahre selbst hin.« Dann lachte er leise und sagte: »Wenn mich nicht alles täuscht, ist der Fall so gut wie gelöst.«
»Wie das?«
»Erzähle ich dir alles später.«
»Nein, ich…«
Suko hatte schon aufgelegt und schaute Water an, der vor Neugierde fast platzte. »Hören Sie, Inspektor«, sagte er und legte den Kopf schief. »Habe ich richtig verstanden? Sie haben den Fall gelöst?«
»Beinahe.«
»Wieso?«
»Tun Sie mir einen Gefallen?«
»Sicher.«
»Sorgen Sie dafür, dass eine Leiche aus dem Kanal gefischt wird. Und sagen Sie meinen Kollegen, denen ich gleich noch Bescheid geben werde, dass es sich bei dieser Leiche um das Schienen-Phantom handelt, nach dem gefahndet wird.«
Der Dienststellenleiter zeigte sich enttäuscht. »Ich dachte, Sie hätten einen Vampir gejagt.«
Der Inspektor lächelte. »Sagen Sie selbst, Mr. Water, schließt das eine das andere denn aus?«
»Das verstehe ich nicht.«
Suko hielt den Hörer schon wieder in der Hand. »Spielt auch keine Rolle, Mr. Water. Es ist ja nicht Ihr Job.«
»Ja.« Der dicke Mann nickte. »Ja, da haben Sie Recht. Und ich bin auch froh, dass es nicht mein Job ist.«
Suko hörte nicht hin, denn er war dabei, eine Meldung abzusetzen. Danach wollte er sich intensiver um eine gewisse Amelia Astor kümmern…
***
Engel und Teufel?
Vielleicht auch beides?
Ich wusste es nicht. Ich war mir über diese Person nicht im Klaren. Je länger und intensiver ich über sie nachdachte, umso mehr Zweifel stiegen in mir hoch.
Es gibt Tage, da hat man Hunger, und es gibt solche, wo man kaum etwas essen kann.
Ich verspürte an diesem Tag einen enormen Hunger.
Da ich einen Parkplatz fand, konnte ich mich in eine der zahlreichen kleinen Fressgassen drücken, die es in Soho noch immer gibt. Auf einen Hamburger hatte ich wenig Appetit, auf Fish & Chips ebenfalls nicht, aber beim Fisch wollte ich schon bleiben. Es gab da einen Laden, wo nur Fisch verkauft wurde.
Gebraten oder gekocht wollte ich ihn nicht. Deshalb entschied ich mich für einen leckeren und nicht umweltverseuchten Bismarckring, der zusammen mit einigen Zwiebelringen zwischen den Hälften eines Baguettes klemmte.
Dieses Fischbrötchen schmeckte mir derartig gut, dass ich mir noch ein Zweites gönnte.
Danach fühlte ich mich besser.
Ich tigerte zu meinem Rover zurück, rief bei unserer Fahndung an, weil ich etwas über Amelia Astor erfahren wollte. »Schaut mal nach, ob ihr sie im Computer habt.«
»Wollen Sie warten?«
»Ja.«
Ich hatte Pech. Über eine Amelia Astor lag nichts vor. Allerdings glaubte ich nicht daran, dass dies der richtige Name war. Der hörte sich sehr stark nach einem Pseudonym an.
»Können wir sonst noch etwas für Sie tun?«, erkundigte sich der Kollege scheinheilig.
»Ja, mein Lieber.« Ich musste grinsen, weil ich mir sein enttäuschtes Gesicht vorstellte. Er verfluchte sich bestimmt selbst, dass er überhaupt gefragt hatte.
»Was denn?«
»Die Adresse dieser Dame.«
»Wir werden es versuchen.« Tatsächlich lebte sie als Amelia Astor in der Nähe des Theaters, also mitten in Soho.
»Noch etwas, Mr. Sinclair?«
»Nein. Und vielen Dank.«
»Für Sie machen wir doch fast alles.«
In den nächsten Minuten schaukelte ich durch Soho. Ein Stadtteil, der längst nicht mehr das war, was er einmal gewesen war. Er lebte nur noch von seinem gruseligen Ruf.
Soho war restauriert worden. Es waren zahlreiche neue Lokale und Geschäftshäuser entstanden.
Firmen hatten hier ihren Sitz. Auch die Glitzerfassade der Schickimickis gab es inzwischen.
Allerdings nicht dort, wo Amelia lebte, die Häuser noch alt und die Mieten bezahlbar wären. Dafür
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