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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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geheimen Dokumente, von denen man immer im Film spricht — man kann nie wissen. Oder die Familienkleinodien. Oder den Brief, in dem der rechtmäßige Erbe genannt wird.«
    »Lassen Sie die Scherze. Was glauben Sie nun wirklich?«
    Elk konnte keine Auskunft geben. »Wenn ich Ihnen das sagen könnte, dann wüßte ich eine Menge Dinge, die noch kein Mensch ahnt — vorläufig!«
    Er begann nun, das Büro systematisch abzusuchen. Es war früher eine Dreizimmerwohnung gewesen, von der jetzt zwei Zimmer von dem recht zahlreichen Büropersonal benutzt wurden.
    »Was mich an Ihnen wundert«, sagte Elk, als sie nach beendigter Untersuchung das Gebäude verließen, »ist Ihr Mangel an Neugier. Sie haben mich noch gar nicht gefragt, wie Frensham sich eigentlich erschossen hat.«
    »Ich stelle niemals überflüssige Fragen«, erwiderte Braid.

8
    Zwei düstere Tage voller polizeilicher Untersuchungen und die unvermeidliche Totenschau folgten. Das Totengericht gelangte zu dem Urteil: »Selbstmord im Zustand geistiger Umnachtung.«
    Glücklicherweise brauchte Ursula an diesem Verfahren nicht teilzunehmen. Am Tage der Totenschau fuhr sie aufs Land. Sie verabschiedete sich telefonisch von Braid und lehnte sein Anerbieten, sie in seinem Wagen nach Somerset hinauszufahren, liebenswürdig ab. Gern hätte sie auch auf den Besuch verzichtet, den Julian ihr wenige Minuten vor ihrer Abfahrt abstattete.
    Zwei lange Briefe hatte sie von ihm erhalten, aber noch nicht gelesen. Er hatte wiederholt Versuche gemacht, sie zu besuchen, doch sie hatte immer einen Grund gefunden, ihn nicht zu empfangen.
    Weshalb sie sich so ablehnend gegen ihn verhielt, wußte sie selbst nicht. Nur das war ihr klar, obwohl sie noch nicht wagte, es sich einzugestehen: die Nachricht vom Tod ihres Vaters hatte ihr, so tragisch sie ihn auch empfand, ein Gefühl der Befreiung gegeben. Sie suchte sich über dieses Gefühl Rechenschaft abzulegen. Vielleicht hing es mit Julian zusammen. Sie hätte ihn nie geheiratet; aber dieser Wunsch ihres Vaters, wenn er auch unausgesprochen geblieben war, hatte sie doch insgeheim bedrückt. Dieser Druck lastete jetzt nicht mehr auf ihr. Sie war Herrin ihres Geschickes, war frei und ungebunden.
    Sie hatte ihren Vater geliebt. Sein grauenvoller Tod war für sie ein vernichtender Schlag. Doch jetzt empfand sie erst, daß sie sich innerlich nie recht nahegestanden hatten, daß der Vater von seiner Jagd nach Reichtum so ausschließlich erfüllt war, daß für seine Tochter nur wenig Platz in seinen Gedanken und in seinem Herzen blieb.
    Als sie eben die Handschuhe anzog und einen letzten Blick über die Stätte ihrer Kindheit und Jugend gleiten ließ, meldete die Zofe Julian. Sie konnte ihn nicht abweisen, denn Reef trat bereits herein. Er trug Trauer. Sein schwarzer Schlips und der breite schwarze Flor um Hut und Ärmel erschienen ihr ein wenig vorsintflutlich und, aus gewissen Gründen, unangebracht.
    »Ich versuche fortwährend seit dieser gräßlichen Geschichte, dich zu erreichen«, begann er.
    »Ich habe jetzt fünf Minuten Zeit für dich«, sagte sie.
    Ihre Kälte ging ihm auf die Nerven. Sie war durchaus nicht das gefügige, willfährige Mädchen, das er erwartet hatte.
    »Nein ... deine Lage ... und all dies ...«, versuchte er zögernd. »Ich weiß nicht, was dein Vater dir hinterlassen hat, aber ich kann mir denken, daß seine Geschäfte ein einziges Chaos sind. Selbstverständlich darfst du keine Not leiden. Wahrscheinlich wird man das Haus hier verkaufen .«
    »Weshalb?« unterbrach sie. »Das Haus gehört mir. Weißt du das nicht?«
    Ihre Sicherheit machte ihn verstört.
    »Der Tod deines armen Vaters scheint dir nicht sehr nahezugehen — nicht so nahe, wie man eigentlich erwarten sollte«, warf er ihr vor. »Das geht mich natürlich nichts an. Aber du solltest dich doch an all die Wohltaten deines Vaters erinnern .«
    »Ich halte es durchaus für überflüssig, daß du mir gute Lehren erteilst. Im übrigen bin ich so erschüttert von meinem Unglück, daß alle Äußerlichkeiten unwichtig sind. Du mußt schon entschuldigen, wenn ich nicht Trauer trage und heule — Vater wäre sicherlich der letzte, der darauf Wert legte.«
    Dann folgte ein peinliches Schweigen, und alle seine wohldurchdachten Worte entfielen ihm.
    Er suchte nach einem anderen Weg.
    »Man erzählt sich in der City, daß Braid Testamentsvollstrecker ist. Das ist unerhört, wenn man bedenkt, wie dein Vater zu ihm stand. Ich bin fest davon überzeugt, wenn dein

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