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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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von diesem Grauen befreie, werde ich wahnsinnig ... Ich achte Vater und die Erinnerung an ihn und bin mit ihm durch tausend Bande verbunden. Aber wahrscheinlich bin ich sehr gefühllos, wenn ich Gott danke, daß Vater sich immer, auch mir gegenüber, so reserviert verhielt, daß sein Tod mir nicht den wertvollsten Teil meines Lebens entrissen hat ... Hoffentlich gehen Sie zum Rennen und grämen sich nicht um mich ... Der Butler hier möchte zu gern wissen, ob Barley Tor auch bestimmt siegen wird. Was soll ich ihm sagen? Ich habe Sie noch nie um einen Tip gebeten. Sie müssen mir also dieses Mal den Gefallen tun.‹
    Braid war in Ascot und hatte alle Hände voll zu tun. Er lehnte die Aufforderung des Anwalts, Frenshams Papiere mit ihm durchzusehen, rundweg ab und antwortete, er würde seine Pflichten als Testamentsvollstrecker erst ernsthaft aufnehmen, wenn er etwas Abstand von den düsteren Erinnerungen gefunden hätte.
    Tony war durchaus nicht nur ein liebenswürdiger Rennstallbesitzer. Seine Pferdekenntnis war nicht schlechter als seine Menschenkenntnis. Wenn er ein Pferd galoppieren sah, wußte er untrüglich, was das Tier wert war.
    Eines Morgens fuhr er früh nach Newbury, um die letzte Arbeit seiner Pferde zu überwachen. Nach dem Frühstück ritt er mit seinem Trainer zur Rennbahn.
    »Dort drüben ist das Haus, von dem ich neulich sprach — das Haus des Holländers«, erklärte Sanford und zeigte mit der Reitgerte auf ein weitläufiges altes, rotes Gebäude, das abseits der Straße stand. Es war arg vernachlässigt, der Garten ein Urwald von Unkraut; zwei schmierige Fensterscheiben im Obergeschoß waren zerbrochen.
    »Vorigen Sonntag war er wie gewöhnlich hier, ganz fraglos ist er ein Kiebitz. Mein oberster Stalljunge erzählt mir, er lungere im Dorfwirtshaus umher und versuche Auskünfte über Barley Tor zu erschleichen.« Er lachte leise.
    »Ist er jetzt hier?« fragte Tony.
    »Das wollte ich Ihnen gerade erzählen. Sonst kommt er immer erst Freitag abend oder Sonnabend früh, aber dieses Mal tauchte er schon gestern auf. Sicherlich werden wir ihn auf der Rennbahn treffen. Eine ziemlich peinliche Sache, da Sie ja die Pferde heute morgen ernstlich ausprobieren wollten.«
    »Macht nichts. Gar nicht peinlich«, erwiderte Braid, »ich kann mir gar nichts Besseres wünschen.«
    Sanford starrte ihn verwundert an, doch Tony fuhr vergnügt fort: »Wenn Mr. Rex Guelder so erpicht auf die Aussichten meines Pferdes im Steward-Rennen ist, so wollen wir vor ihm keinerlei Geheimnisse haben.«
    »Da ist er«, unterbrach plötzlich Sanford.

9
    Sie ritten die weiße Chaussee hinab, die quer durch die Wiesen führte. Das Gelände steigt hier von der Straße hügelig an. Auf der Kuppe der Anhöhe stand die merkwürdige Gestalt des Mr. Rex Guelder, merkwürdig wegen seines Strohhutes, seines langen schwarzen Rocks und seiner hellen braunen Stiefel. Unter den Arm geklemmt hielt er einen Schirm. Seine Hände waren in hellgelbe Handschuhe gezwängt. In seinem großen, häßlichen Mund hing eine jener dünnen Zigaretten, wie sie Damen rauchen.
    Als Tony an dem Hügel vorbeiritt, wandte Guelder sich um und schwenkte den Hut.
    »Guelder!« bellte er und stellte sich unbeholfen mit einer steifen, kleinen Verbeugung vor. »Habe ich das große Vergnügen mit Mr. Braid —? Wenn ich mich nicht täusche, haben wir uns schon geschäftlich in der City getroffen.«
    Braids Augen funkelten.
    »Ich wußte nicht, daß Sie sich auch für den Rennsport interessieren«, sagte er.
    »Nur wenig«, wehrte Guelder hastig ab, »nur ganz wenig. Ich komme lediglich heraus, um mir die herrlichen Pferde anzusehen und die Sorgen der Börse zu vergessen. Hier stehe ich, lasse mir Gottes Wind um die Nase wehen und freue mich meines Lebens.«
    Braid blickte hinauf zu diesem feisten, brutalen Gesicht, um das der Wind des lieben Gottes sehr unverdient spielte, und betrachtete zum erstenmal eingehend diesen Mann, der seine Neugier erweckt hatte. Elk hatte ihm manche sonderbare Geschichte über Rex Guelder erzählt. Selbst die schlimmsten konnte man bei diesen abstoßenden Zügen glauben.
    »Wenn Sie Interesse an Pferden haben, sehen Sie sich doch vielleicht unsere Morgenarbeit an?« lud er ihn ein.
    Der Mann strahlte.
    »Es wäre mir eine große Ehre«, gestand er. »Für welches Rennen trainieren Sie?«
    »Den Steward-Pokal«, erklärte Tony zur Erstarrung seines Trainers. »Ich lasse zwei Pferde laufen. Ich will sie jetzt mit drei oder vier anderen in vollem

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